Ansichten eines Informatikers

Eine Realität namens Inflation

Hadmut
8.5.2022 21:28

Seit 36 Jahren führe ich diese Diskussion.

Ich hatte das schon mal erzählt: Im Grundwehrdienst hatte ich da einen in der Kompanie in der gleichen Gruppe, auch Abiturient, eigentlich nett und intelligent, aber katastrophal links, so SPD. Mit dem habe ich mich tagelang unterhalten, dass die linken Schnapsideen nicht funktionieren könnten.

Konkret ging es damals um die Einführung der 35-Stunden-Woche. Er meinte, wenn alle statt 40 nur noch 35 Stunden arbeiten, hätten sie nicht nur mehr Freizeit, sondern die Arbeitslosigkeit sei weg, weil man ja zum Ausgleich mehr Leute einstellen müsse. Wenn also vorher 7 Leute 40 Stunden arbeiteten, mithin 280 Stunden, müssten jetzt 8 Leute 35 Stunden arbeiten, um auf 280 zu kommen.

Nöh, sagte ich, weil wenn man statt 40 nur noch 35 Stunden arbeitet, also nur noch 87,5%, hat man ja auch nur noch 87,5% der Kaufkraft. Das könnten nicht alle verkraften, und wenn man die Arbeit auf mehr Leute verteilt, gibt es zusätzliche Verteil- und Reibungsverluste.

Nein, sagte er, denn dafür gibt es ja den vollen Lohnausgleich. Damit die sich alle soviel kaufen können wie vorher.

Nein, sagte ich, das geht nicht. Denn es sind ja immer noch nur 280 Stunden gearbeitet und deshalb (höchstens) genau so viel produziert wie vorher. Statt sieben Leuten wollen jetzt aber acht einkaufen, und zwar soviel wie vorher. Man kann aber nicht acht Leuten jeweils einen Kühlschrank geben, wenn man, nach wie vor, mit der Arbeitszeit nur sieben Kühlschränke hergestellt hat. Oder Fernseher. Das einzige Ergebnis sei Inflation, weil immer noch genauso viele Kühlschränke und Fernseher produziert werden, aber nunmehr mehr Geld im Umlauf ist. Wenn die Fabrik also sieben Kühlschränke baut und damit im Laden sieben Kühlschränke stehen, aber acht Leute einen kaufen wollen, dann gehen die Preise hoch, Angebot und Nachfrage, und im Ergebnis zahlen die sieben, die einen bekommen, mehr für den Kühlschrank, und der achte geht leer aus. Wollte der mir nicht glauben. (Haben wir aber gerade bei Mehl und Eigentumswohnungen.)

Tagelang hat der versucht, mir das irgendwie schönzurechnen oder schönzureden, warum sich das irgendwie ausgleiche. Ich habe immer wieder insistiert, dass nicht mehr Arbeit geleistet wird als vorher, aber nun mehr Leute Geld haben und Waren kaufen wollen. Geht nicht. Und er meinte dann, das müsse dann halt die gestiegende Arbeitseffizienz, die Maschinen bringen. Also das Marx-Argument, dass uns die Dampfmaschinen die Arbeit abnehmen.

Seither führe ich die im Prinzip selbe Diskussion immer wieder, meist mit Lesern des Blogs.

Natürlich geht es nicht mehr um die 35-Stunden-Woche, sondern meist um die Frage, ob der Staat beliebig viele Schulden aufnehmen und beliebig viel Geld in den Markt spritzen kann.

Immer und immer wieder kamen mir Leute in den letzten 10, 15 Jahren mit demselben Argument: Die Schulden gäbe es doch gar nicht, das sei doch nur wertloses Buchgeld. Einfach nur Zahlen, die man irgendwo auf Papier schreibt, und die keine Bedeutung hätten. Die wundersame Geldvermehrung. Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose.

Wir müssen den Leuten nur genug Zahlen aufs Papier schreiben, damit alle einkaufen können, und alles ist gut. Das alte Problem, dass Sozialisten immer nur darüber nachdenken, wie Waren aus den Regalen raus und an die Bürger kommen, aber nicht, wie sie auch in die Regale reinkommen. Bei uns kommen die Waren aus der Steckdose.

Also hat man endlos Zahlen auf Papier geschrieben, weil man der marxistischen Phantasie folgte, dass Buchgeld nichts wert ist und man das beliebig vermehren kann, damit immer mehr Leute kaufen können ohne (oder zumindest ohne proportioal dazu) zu arbeiten.

Im Prinzip ein Schneeballsystem. Der ganze Marxismus ist ein Schneeballsystem, ein wirtschaftliches Perpetuum Mobile. Alle können konsumieren, und man muss dafür nur wenig oder gar nicht arbeiten. Faktisch über Jahre durch den Schwindel aufrecht erhalten, dass wir Waren in China und Bangaldesch produzieren ließen. Und für den Süden der EU hat man auch ganz viele Zahlen auf Papier geschrieben.

Und dieses Schneeballsystem fällt gerade in sich zusammen. Pandemie und Ukrainekrieg waren der Auslöser, aber nicht der eigentliche Grund. Der Grund ist, dass Schneeballsysteme nicht funktionieren und Marx ein Idiot war.

Man hat noch versucht, die Story von der Dampfmaschine durch die Story vom Roboter und die Story von der KI zu ersetzen, das Prinzip bleibt aber dasselbe.

Und nun fällt der ganze Scheiß in sich zusammen.

In den USA wird man die Zinsen erhöhen, um dort die Inflation zu bremsen, das wird man dann auch hier müssen. Und dann sind wir pleite. Weil uns ohne Zinsen keiner mehr Geld gibt, weil wir die Zinsen nicht mehr bezahlen können, und einfach Geld zu drucken eben auch nicht geht, weil man damit Zahlen auf Papier schreibt, aber keine Waren schafft. Im Gegenteil ist die Produktivität abgestürzt, weil man Mitarbeiter durch Quotenfrauen ersetzt hat und es den meisten, die wirklich leisten können, inzwischen auch zu blöd geworden ist. Nun schreien sie alle „Fachkräftemangel“. Die Wahrheit ist „Fachkräfteverdruss“ und Gesellschaftsverblödung durch Dekadenz.

So, Leute, das war’s.

Dieser Erfolgszyklus ist durch und den nächsten werden wir zu unserer Lebenszeit nicht mehr erleben.