Ansichten eines Informatikers

Politisch korrekte Mädchenmathematik

Hadmut
12.8.2016 21:15

Und wieder einer zum Niedergang der Zivilisation:

Die FAZ klagt:

Um in Berlin einen mittleren Bildungsabschluss zu bekommen, muss man immerhin ein Quadrat zeichnen und einen Taschenrechner bedienen können. Viel mehr aber auch nicht.

Und

n diesem Jahr hat die Mathematikprüfung für den mittleren Schulabschluss in Berlin und Brandenburg einen neuen Tiefstand erreicht. Die Schulmathematik ist auf Betreiben des von Psychologen geleiteten Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) zur reinen Vortäuschung des Rechnens geworden. Die zuständige Behörde sieht es anders: Das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg will keine „signifikante Häufung einfacher Aufgaben“ beobachtet haben.

Was gilt als einfach? Eine Teilaufgabe in der Berliner Abiturprüfung lautete: „Im Filmpark Babelsberg wird in jedem Jahr die Anzahl der Besucher gezählt. Geben Sie ein Jahr an, in dem die Besucherzahl niedriger als 300 000 war.“ Gezeigt wird keine Tabelle, sondern ein Säulendiagramm für die Jahre 2007 bis 2015. Eine solche Aufgabe ist gar keine Mathematik. Der Prüfling musste nur die kürzeste Säule aussuchen und die darunter stehende Ziffernfolge abmalen. Hätte er dabei nur ein wenig fehlgegriffen, wäre er auch mit einem Punkt belohnt worden.

Hehehe. Von einer Reihe Zahlen die niedrigste finden. Toll.

Außerdem hat der Lehrer vor der Prüfung mit seinen Schülern gewiss ein halbes Jahr lang Ablesen und Zeichnen anhand der Aufgaben aus dem Aufgabenpool Vera 8 des IQB für Achtklässler geübt. Hier findet sich eine solche Aufgabe unter „Darstellung in Diagrammen“. Sie fordert vom Schüler Säuleninterpretationskompetenz, ein Teilgebiet der „Allgemeinen Kompetenz K3“ (Mathematisch Modellieren). Doch tatsächlich hat die Aufgabe mit Mathematik und Modellieren nichts zu tun, sondern nur mit Lesefähigkeit und Alltagsverstand.

„Säuleninterpretationskompetenz”

Naja, so zieht man sich halt auch solche Gender-Pay-Gap-Idioten heran. Die mit Säuleninterpretationskompetenz. Wehe dem, der in der Schule Säulen gelernt hat und dann mit Tortengraphiken konfrontiert wird.

Heißt vor allem: Man züchtet Idioten, die alles glauben, was man ihnen vorlegt, weil sie (nur) gelernt haben, schön abzulesen, was man ihnen vorlegt. Säulengraphikableser mit Säuleninterpretationskompetenz.

Mir geht dieses „Kompetenz”-Geschwätz so unglaublich auf die Nerven. Überall machen sie jetzt in Kompetenz, dabei steckt dahinter nur noch die blanke Verblödung. Erinnert mich so an „GenderKompetenzZentrum”. Die schwätzen auch bloß im Blindflug. Als ich die Berliner Genderisten mal fragte, welche Methoden sie lehren und anwenden, bekam ich zur Antwort, ich hätte das falsch verstanden. Man lehre heute nicht mehr Methoden, sondern Methodenkompetenz. Heißt: Man hat an der Uni mal jemanden gesehen, der die Methoden noch kannte.

Verkümmerter Alltagsverstand

Vera stellt Achtklässlern Aufgaben wie „Zeichne ein Quadrat mit der Seitenlänge fünf Zentimeter“. Die Aufgabe ist der Leitidee L3, der Allgemeinen Kompetenz K5, dem Anforderungsbereich I und der Kompetenzstufe 1A im „Didaktischen Kommentar“ zugeordnet. Wer sich statt dessen auf die didaktische Kombination L1-K4-I-1A einlassen will, darf ein analoges Fieberthermometer ablesen. Mit Aufgaben dieser Art werden schon Drittklässler in den jährlichen bundesdeutschen Zwangstests Vera 3 traktiert. Gern beruft man sich darauf, dass für den Alltag die Grundrechenarten ausreichen. Ein derart verkümmerter Alltagsverstand kann aber nicht einmal mehr die einfachsten logischen Folgerungen vollziehen. Der Alltagsverstand ist nicht fix, sondern schärft sich durch die Schule.

Achtklässler, die ein Quadrat zeichnen können. Da hatten wir damals viel, viel mehr drauf.

Kommt davon, wenn man die Lehrpläne von Geisteswissenschaftlern machen lässt. Die glauben nämlich, dass sowas reicht. (Naja, für Geisteswissenschaften reicht’s ja auch…).

Vor anspruchsvollen Aufgaben „warnen” sie:

Vor anspruchsvolleren Aufgaben wurde in Berlin mit einem Sternchen gewarnt. Die höhere Schwierigkeitsstufe, die ein Drittel der Gesamtpunktzahl ausmacht, wird aber allen „inkludierten“ Schülern erlassen, die nur die „erweiterte Berufsbildungsreife“ erlangen sollen. Anspruchsvoll soll beispielsweise folgende Teilaufgabe sein: „In der Jugendherberge gibt es Drei-Bett-Zimmer und Fünf-Bett-Zimmer. Es stehen sechzehn Zimmer mit insgesamt 66 Betten zur Verfügung. Ermitteln Sie die Anzahl der Drei-Bett-Zimmer und der Fünf-Bett-Zimmer.“

Nicht ausrechnen. Ermitteln. Heißt wohl auch, man könnte einen fragen, der sich mit sowas auskennt.

Kopfrechnen? Gilt nicht mehr.

Die Rechnung wurde nämlich ohne den „Operator“ gemacht. Operatoren sind die normierten Befehlsformen, die von der Mathematikdidaktik unter der Ägide der Kultusministerkonferenz (KMK) ersonnen wurden. Wichtig ist beispielsweise das „Ermitteln“. Unter „ermitteln“ versteht die KMK: „Zusammenhänge oder Lösungswege aufzeigen und unter Angabe von Zwischenschritten die Ergebnisse formulieren.“ Ermitteln gilt per se als anspruchsvoll. Wer nur die Reife zum Beruf anstrebt, muss in Berlin nichts ermitteln.

Wenn der Schüler die Lösung sofort sieht und begründen kann, lässt ihn die Aufforderung „Ermitteln Sie!“ trotzdem im Ungewissen. Soll er nun zwei Gleichungen in x und y hinschreiben (zwei Punkte) und lösen (zwei Punkte) oder nicht? Überraschenderweise wird laut Korrekturunterlagen gnädig beschieden: „Auch eine Lösung durch Probieren – mit Nachweis – wird akzeptiert.“

Lösung durch Probieren.

Bei uns gab’s damals ganz andere Anforderungen.

Blicken wir zurück. Wie sah eine Realabschlussprüfung Mathematik in Baden-Württemberg vor vierzig Jahren aus? Ebenso wie die heutige Berliner Prüfung hatte sie acht Aufgaben, die aber mehrere Teilfragen hatten und ausführliche Rechnungen ohne Taschenrechner erforderten. Keine Sachaufgaben waren darunter. Es gab zwei Aufgaben zu arithmetischen und geometrischen Folgen, zwei zu Rotationskörpern, eine zu Dreiecken, eine zu Trapezen, eine zu Quadern und eine zu Pyramidenstümpfen. Bei den Teilfragen kam fast das ganze Arsenal des geometrischen Curriculums zum Einsatz, fast alles Themen, die im heutigen Gymnasium nicht einmal mehr zugelassen sind. Kein heutiger Realschüler und kaum ein Abiturient würde diese Prüfung bestehen.

Eine Realabschlussprüfung Mathematik in Baden-Württemberg vor vierzig Jahren. Kein heutiger Realschüler und kaum ein Abiturient würde diese Prüfung bestehen.

Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Realschulen galten bei uns damals als mitteldoof.

Und was waren das nun für Aufgaben?

Die letzte Teilaufgabe der baden-württembergischen Prüfung setzte räumliches Vorstellungsvermögen voraus, wie es ein angehender Student beim technischen Zeichnen oder im Ingenieurwesen benötigt: „Einem quadratischen Pyramidenstumpf mit den Maßen a = 6,3 Zentimeter (Länge der Grundkante), b = 4,2 Zentimeter (Länge der Deckkante) und s = 5,5 Zentimeter (Länge der Seitenkante) wird eine Kugel umbeschrieben. Wie groß sind der Radius und das Volumen dieser Umkugel?“ Zum Vergleich die Berliner Kugelstoß-Teilaufgabe 3c: „Der Durchmesser einer Kugel für Männer beträgt zwölf Zentimeter. Berechnen Sie das Volumen der Kugel für Männer.“ Ein Blick auf das Formeldoppelblatt, Eintippen in den Taschenrechner, fertig!

„Der Durchmesser einer Kugel für Männer beträgt zwölf Zentimeter. Berechnen Sie das Volumen der Kugel für Männer.“ Tolle Aufgabe.

Wie berechnet man die Kugel um einen Pyramidenstumpf? So klassisch mit Zirkel und Lineal? Und den Hilfsmitteln des technischen Zeichnens:

  1. Zuerst muss einen die Erkenntnis ergreifen, dass ein Pyramidenstumpf die Kugel an seinen Ecken berührt und der Stumpf symmetrisch ist, man das also im diagonalen Schnitt durch den Stumpf betrachten kann und die Aufgabe zwei-, nicht dreidimensional ist.
  2. Dazu konstruiert man sich die Längen der unteren und oberen Diagonale des Stumpfes über die Konstruktion der zwei Quadrate, die man damit in den Zirkel nehmen kann (oder berechnet sie je nach Anforderungen und erlaubten Hilfsmitteln durch Multiplikation mit Wurzel aus zwei).
  3. Damit weiß man, dass der Pyramidenstump in diagonalen Schnitt ein Trapez bildet und kennt dessen Seitenlängen, und kann das dann mit Zirkel und Lineal konstruieren. Wer nicht weiß, wie man ein Trapez gegebener Längen mit Lineal und Zirkel baut: Schneidet zunächst das Parallelogramm über die kurze Seite aus der langen Seite weg und baut das verbleibende Dreieck. Dann mit dem Zirkel und den bekannten Längen die fehlende Ecke dazukonstruieren. Damit steht das Parallelogramm.
  4. Jetzt kommt etwas ungewöhnliches Wissen, das damals aber garantiert im Unterricht dran war, wenn die solche Aufgaben stellen: Beim Trapez im Umkreis kreuzen sich die Senkrechten der Seitenkanten durch die unteren Ecken genau im Mittelpunkt des Kreises. Also einfach die Senkrechten konstruieren und einzeichnen, und damit hat man Mittelpunkt und Radius des Kreises (bzw. Kugelschnittes).

Würde mich tatsächlich interessieren, wieviele der heuten Abiturienten das noch lernen.

Wer ist eigentlich dieses „von Psychologen geleitete Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB)”, das hier Rechnen auf Vortäuschen reduziert und das für „Qualitätsentwicklung” hält?

Überraschung: Die gehören zur Humboldt-Universität. Der Feminismus-Zentrale. Die dümmste und ideologischste aller Universitäten lässt man die Bildungspläne machen. Und die schreiben:

Die Frage danach, wie mit Heterogenität der Schülerschaft umgegangen wird und werden sollte, ist zentral für viele Forschungsarbeiten am IQB. Damit greifen wir ein Thema auf, das auch für die KMK von zentraler bildungspolitischer Bedeutung ist. Im Mittelpunkt dieser Forschung stehen Schülergruppen mit besonderen Lernbedürfnissen: (1) Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder Teilleistungsschwächen, (2) besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler, sowie (3) Heranwachsende mit Zuwanderungshintergrund oder aus sozial benachteiligten Familien.

Das Herunterziehen der ganzen Klasse auf das unterste Niveau?