Ansichten eines Informatikers

Der Informatiker zwischen hehrem Anspruch und schnöder Realität

Hadmut
2.3.2016 20:15

Constanze Kurz vom CCC hat in der FAZ einen Artikel über Informatik geschrieben.

Mir ist nicht so ganz klar, was sie damit sagen will. Hört sich für mich an wie ein trotziges „Ich hab was, was Du nicht hast” des beleidigten Geisteswissenschaftlers.

Die Zeiten, in denen Informatik-Studenten der Vorlesung lauschten, mitschrieben und vor der Prüfung ihre Köpfe in das angebotene Skript steckten, sind lange vorbei. Hält man heute eine Vorlesung in der Informatik, wird kein zukünftiges Mitglied der „Eliten der Automation“ (Klaus Bednarik) mehr handschriftliche Notizen machen. Profundes Missfallen erntet man, wenn man die gezeigten Folien nicht zum sofortigen Download anbietet. Darin unterscheiden sich die Informatik-Studenten kaum von den Kommilitonen anderer Fächer.

Wen kann das noch wundern in einer Zeit, in der die Schulausbildung darauf beruht, dass die Lösung mit den Aufgaben mitgeliefert wird und nur noch aus dem Text herausgelesen werden muss? Die Leute sind drauf gedrillt, dass sie das, was sie als Leistung liefern sollen, gleich fertig vorgekaut vorgesetzt bekommen.

Tja. Selbstdenken kommt aus der Mode. Informatik wird längst zum Hype-Surfen.

Der Zyniker fragt: Warum auch nicht? Das ist ja, wofür man bezahlt wird. Sachkunde wird nicht mehr bezahlt. Zumal es ja ohnehin feministisches Ziel war, das alles abzuschaffen.

Auch stofflich blieb wenig beim Alten. In der kurzen Zeit, die es die Informatik an den Universitäten gibt, haben sich die Lehrpläne mehrfach gewandelt. Aufgrund der Drittmittellastigkeit ist ein Hang zu industrienaher Forschung typisch geworden. Geblieben ist die hohe Präsenz mathematischer Inhalte im Grundstudium – schließlich dreht es sich bei der Informatik im Kern um die Zahlen und das Rechnen. Auch Konstruktion, Programmieren und Datenverarbeitung bleiben zentral. Hinzu kam der verstärkte Blick auf Kommunikation und Vernetzung, seit Computer auch Medien-, Unterhaltungs- und eben Kommunikationswerkzeuge geworden sind.

Wer Drittmittelhuren züchtet, muss sich über das Bordell nicht wundern.

Ähnliche Verschiebungen fallen mir aber auch in der Elektronik auf. Als ich noch im Schulalter war, hieß Elektronik noch, die Bauteile zu berechnen und zu verstehen. Transistorschaltungen entwerfen. Schaue ich mir heute an, wie das mit Arduino & Co. läuft, muss man da eigentlich nicht mehr viel verstehen, sondern nur noch fertige Modul-Platinchen zusammenverkabeln, höchstens noch ein Pull-Up-Widerstand oder ne LED dran, und die mitgelieferten Beispielprogramme copy-pasten.

Vollkommen verändert hat sich aber die Wahrnehmung der universitären Informatik, der heute eine geradezu gesellschaftsverändernde Qualität nachgesagt wird. Die Auffassung ist verständlich angesichts einer durch und durch von speicherprogrammierten Digitalrechnern abhängigen Gesellschaft. Aber löst sie das auch ein? Seit den achtziger Jahren ist eine ganze Industrie entstanden, deren Erfolg die Hardware und deren Problem die Software ist. Entsprechend groß sind die Bemühungen, die Studentenzahlen zu erhöhen und die Studienabbruchquote zu senken, da die Unternehmen routinemäßig über zu wenig qualifizierte Absolventen klagen. Wer soll denn in Zukunft die hochkomplexe Software erstellen, die uns täglich umgibt?

Wirkung mit Ursache verwechselt.

Man hätte halt frühzeitig der Korruption und Willkür an den Unis, und dem Bildungsverfall an den Schulen Einhalt gebieten müssen.

Hardware und Software. Was ist der Unterschied? Hardware kommt aus Fernost und Software kommt nicht von uns.

Man ist dem Irrtum unterlegen, dass wir in Software mehr hinbekommen, wenn wir die Zugangsvorraussetzungen senken. Hat dabei aber nicht bedacht, dass wir nicht von Handwerkern, sondern von Software reden, die sich beliebig vervielfältigen lässt, wenn sie ordentlich gebaut ist, und in der Informatik Qualität daher wichtiger und effektiver als Quantität ist. Nu stehen sie da und heulen.

Politisch wird seit Jahren viel versprochen zur frühen Förderung der sogenannten MINT-Fächer: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik.

Versprochen wird viel. Das Gegenteil ist der Fall, die Gender- und Integrationsdiktatur hat die Standards immer weiter gesenkt, immer mehr Verblödung produziert.

Irgendwann fällt’s dann halt doch auf, dass im Ergebnis nichts mehr dabei herauskommt.

Nach einer wirtschaftsnahen Untersuchung soll der Bedarf an MINT-Akademikern zwischen 2016 und 2020 auf jährlich rund 120 000 Menschen ansteigen.

Na, dann würden die Gehälter ja steigen müssen…

Doch Informatik als Schulfach ist in den meisten Bundesländern zwar vorgeschrieben, aber von welchem Jahr an oder in welchem Umfang, bleibt Sache des Engagements und der Ausstattung der Schule. Wenn man ehrlich auf die bundesdeutsche MINT-Realität an Schulen blickt, wird sowohl Informatik als auch Technik de facto kaum unterrichtet, erst recht zu wenig mit spannenden Projekten, die das Zeug hätten, mehr Studenten in die technischen Fächer der Universitäten zu locken. Vielerorts wird allen Ernstes in den Schulen nur der Umgang mit gängiger Office-Software gelehrt, nicht aber grundlegendes Informatik-Verständnis.

Ja, weil’s doch heute alles Mädchen-kompatibel sein muss. Das ist das Ergebnis.

Wichtig ist heute im Schulunterricht, sich in 97 Geschlechtern zurechtzufinden und die gängigsten Sexspielzeuge und Masturbationstechniken zu beherrschen, außerdem Rhetorik gegen Hate-Speech und so weiter.