Ansichten eines Informatikers

Ich seh Dir in die Augen, Kleines.

Hadmut
23.12.2025 23:10

Hilft aber nichts, denn ich habe ein anderes Problem: Die Ohren.

Casablanca.

Filmklassiker.

Den habe ich vor langer, langer, langer Zeit, irgendwann in meiner Jugend, schon mal gesehen, konnte mich aber nicht mehr daran erinnern, worum genau es da eigentlich ging. Rick hat ein Cafe in Casablanca, Ingrid Bergman sieht gut aus, die Nazis kommen vorbei und es gibt jede Menge Filmzitate „Spiel’s noch einmal, Sam!“, was nicht mal stimmt, wie auch „Schau mir in die Augen, Kleines“, was auch nicht so richtig stimmt.

Ich war heute eine Weile unterwegs und hatte mir dafür, wie ich das gerne mache, einen Film aufs Tablet geladen, um unterwegs was zu schauen. Weil ich aber größte Mühe habe, im aktuellen Filmangebot noch etwas zu finden, was mich überhaupt noch interessiert, und ich nicht schon ein Dutzend Mal gesehen habe, kam ich auf die Idee, nochmal Casablanca anzuschauen, den großen Klassiker mit Humphrey Bogart. Weil von dem Film so oft die Rede ist, und sich so viele darauf beziehen, ohne jemals zu sagen, worum es darin eigentlich geht. Ich habe den Eindruck, dass die meisten Leute es auch nicht wissen, es aber immer wieder zitieren wie ein Buch, das sie auch nicht gelesen haben.

Also habe ich mir heute Casablanca angesehen, den Film, nicht die Stadt, und weiß jetzt auch, worum es geht. Weil der zwar gerade nicht kostenlos, aber wenigstens im Sonderangebot zu haben war, 3,99 Euro. Und konnte mich erinnern, den schon einmal gesehen zu haben, weil mir die Stelle, an der sie die deutsche Hymne so ganz schräg in Moll spielen, bekannt vorkam, das hatte ich schon mal gehört.

Die Story … ja, gut. Leckerchen ist Ingrid Bergman, vor allem, wenn sie den geilen Hut oder das weiße Kostüm an hat.

Ich habe aber ein ganz anderes Problem.

In dem Film gibt es doch diesen Captain Louis Renault, jenen korrupten Polizeikommandanten, der sich am Schluss in einen Guten wandelt (=französischen Patrioten).

Sobald der den Mund aufmacht, höre ich, ich kann nicht anders, Mister Spock vom Raumschiff Enterprise. Ich dachte, ganz klar, derselbe Synchronsprecher der deutschen Version.

An der Stelle könnte die Sache schon wieder beendet sein. Ist ja häufig so, dass man in den deutschen Synchronfassungen Stimmen wiedererkennt, weil es weniger Synchronsprecher als Schauspieler gibt.

Aber, ach.

Ich wollte das nochmal online verifizieren.

Es gibt (mindestens) drei deutsche Synchronfassungen, 1952, 1975, 1983.

Der Film war 1942 gedreht worden, was beachtlich ist, weil er die Nazis zum Thema hat, und das noch während des dritten Reiches. Eine erste Deutsche Version gab es 1952, die aber grotesk verunstaltet ist, weil man damals alle Nazi-Bezüge aus dem Film geschnitten, ihn um 25 Minuten gekürzt, und den Text verändert hat, so dass die ganze Story abkippt und eine ziemlich sinnlose Liebesschnulze erzeugt, und wo der berühmte Satz in der deutschen Version noch „Schau mir in die Augen, Kleines!“ übersetzt wurde.

Deshalb hatte die ARD den Film 1975 neu synchronisieren lassen, vollständig und ohne die Nazis und damit den Handlungsbezug rauszuschneiden, und das alles neu – und besser – übersetzt. Das ist wohl die Version, die dann auch in der DDR in Fernsehen und Kino gezeigt wurde. Und in dieser Version hatte man den Satz anders, mit „Ich seh Dir in die Augen, Kleines“. Das stimmt zwar wörtlich auch nicht, ist aber wohl die bestmögliche Übersetzung, wie in diesem Artikel ausgiebig beschrieben. Und da dieser Satz in der Version, die ich heute gesehen habe, auch so fiel, muss ich mit ziemlicher Sicherheit die Version von 1975 gesehen habe, die auch als die seither gängige und Version der Wahl gilt.

Nun war der Synchronsprecher von Leonard Nimoy Herbert Weicker. Nicht einmal überraschend, denn die sehen sich auch noch etwas ähnlich. Von dem kam dieser Mr. Spock-Sound.

Schaut man aber in die Synchronsprecher-Datei, dann hat er tatsächlich Casablanca synchronisiert, aber 1983 und den Klavierspieler und Sänger Sam.

Für die Figur Captain Louis Renault gibt Wikipedia für 1952 Ernst Fritz Fürbringer und für 1975 Claus Biederstaedt an.

Claus Biederstaedt hört sich aber nicht wie Mr. Spock an.

Ich habe gerade nochmal in die Version, die ich heute gesehen habe, reingehört – ich höre da eindeutig Mr. Spock. Aber das Schrifttum zu den Synchronbesetzungen gibt das nicht her. Sucht man in der Synchronkartei, wer diese Figur gesprochen hat, kommt man noch auf Norbert Gastell, der auch die deutsche Stimme von Homer Simpson war. Der klingt auch anders, und der hat den Louis Renault in der Version von 1983 gesprochen.

Warum also höre ich da Mr. Spock sprechen, obwohl die Version, die ich gehört habe, wohl die von 1975 war, in der Claus Biedersstaedt die Rolle gesprochen haben soll, der sich aber anders anhört, und die Spock-Stimme in der Version von 1983 den Klavierspieler Spam und nicht den Polizisten gesprochen haben soll?

Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen.