Ansichten eines Informatikers

Die Verstehensverstopfungen des Hape Kerkeling

Hadmut
22.12.2025 19:45

Ein Leser bittet mich um Hilfe.

Hape Kerkeling möchte etwas erklärt bekommen

Hallo Herr Danisch,

Abteilung „Leser fragen“:

Hape Kerkeling beklagt das Auseinanderdriften der Gesellschaft und sagt: „Ich verstehe nicht, wie wir da hingekommen sind, wo wir hingekommen sind.“ – Könnten Sie es ihm vielleicht erklären?

Er beklagt „das Gefühl, wir rutschen mit einem Schulterzucken in den Autoritarismus“ und fordert ausgerechnet deswegen Redeverbot für freche Abweichler: „Dieser Blödsinn, den die Leute im Netz wirklich glauben und – mit Hass, Häme und Spott versehen – weitertransportieren, in einer Art und Weise, dass es tatsächlich verboten gehört.“ Da fehlen mir ehrlich gesagt die Worte.

Ich weiß, Sie hatten ihn schon dran im Blog: der Mann ist einfach ein Musterbeispiel für das, was schiefläuft im Land. Stichwort kognitive Dissonanz. Was soll man da noch machen? Ich meine, er sagt ja selber, er versteht es nicht! Da ist guter Rat teuer.

https://www.welt.de/vermischtes/article69490074f6fc544dba9b073e/sorgen-um-deutschland-dann-ist-in-zwei-jahren-ladenschluss-in-diesem-land-hape-kerkeling-beklagt-verrohung.html

Und was steht da?

SORGEN UM DEUTSCHLAND „Dann ist in zwei Jahren Ladenschluss in diesem Land“ – Hape Kerkeling beklagt Verrohung

In einem Interview sorgt sich Komiker Kerkeling um die Zukunft Deutschlands. Die Verrohung habe ein solches Niveau erreicht, dass in zwei Jahren der „Ladenschluss“ drohe. Er erklärt: „Ich verstehe nicht, wie wir da hingekommen sind, wo wir hingekommen sind.“

Was für ein Nachtwächter. Wobei der Begriff eigentlich genau falsch ist, denn Nachtwächter haben ja sogar bei Dunkelheit den vollen Durchblick, während es bei Kerkeling andersherum ist, der versteht das Offensichtliche nicht.

Dass unsere Gesellschaft an diesem Punkt angekommen ist, daran hat er selbst mitgewirkt. Der kommt mir vor wie die beiden Alten im Auto in dem alten Witz: „… kommt Ihnen ein Geisterfahrer entgegen … Was, einer? Hunderte, Hunderte!“ So ein typischer Linker, eben: Steht da, wundert sich, dass die Gesellschaft kaputt ist, und merkt gar nicht, dass er das auch selbst war. Schuld sind immer die anderen. Und bitter wird das, wenn man gerade keinen findet, dem man es anhängen kann.

Weil das aber immer schlecht ist, jemanden zu kommentieren über eine andere Zeitung, schauen wir mal direkt in das SPIEGEL-Interview:

SPIEGEL: Werfen Sie sich mit Ihrem Comeback auch politisch in die Bresche?

Kerkeling: Wir schauen mal. Wenn das so ist, dann ist es gut. Dann hätte es seinen Zweck erfüllt. Wenn nicht, dann habe ich es zumindest versucht. Und hätte ich es nicht versucht, dann müsste ich mir ewig vorwerfen, es nicht versucht zu haben. Sehen Sie, ich hänge an diesem Land. Ich liebe dieses Land, es hat mir alle Möglichkeiten gegeben, ich liebe diese Sprache – und ich liebe auch die Menschen. Und ich verstehe nicht, wie wir da hingekommen sind, wo wir hingekommen sind.

Gottogott. Ein Comeback. Haben wir noch nicht genug Probleme?

SPIEGEL: Wo sind wir denn?

Kerkeling: Zu weit entfernt voneinander. Dazu hätten wir es niemals kommen lassen dürfen. Und es hätte oft Möglichkeiten gegeben, das zu stoppen, die aber weder in der Politik noch im gesellschaftlichen Engagement ergriffen wurden.

Der macht die ganze Zeit auf Woke und links und schwul und so weiter, und wundert sich dann, dass wir „zu weit entfernt voneinander“ sind. Ist das noch Ignoranz, oder geht das schon in Richtung Demenz?

Weiter unten sagt er dann

Kerkeling: Ganz schwer. Das größte Problem ist eine Gesellschaft ohne Grundtenor, auf den man sich dann eben doch einigen kann. Wenn wir bei den wesentlichen Dingen nicht mehr eine Sprache sprechen, dann wird’s schwer.

SPIEGEL: Haben Sie dafür ein Beispiel?

Kerkeling: Na ja, ob der Herr Merz nun etwas Bräsiges sagt oder nicht – an sich leben wir in einer tollen Demokratie, auch wenn die Parteien manchmal Murks machen.

SPIEGEL: Auf diese Formulierung sollte man sich einigen können.

Kerkeling: Aber auf diese Formulierung kann man sich heute nicht mehr einigen!

SPIEGEL: Warum nicht?

Kerkeling: Weil das gesamte System infrage gestellt wird – mit den absurdesten Verschwörungstheorien. Wenn Sie im Internet gucken, was da passiert, haben Sie das Gefühl, wir sind kurz vor dem Sturm auf die Bastille. Diese Wut, dieser Hass! Das muss ja irgendwo hin. Das muss sich doch ein Ventil suchen. Und da kommen Sie mit Humor nicht mehr weiter.

Und da sind wir eigentlich schon mittendrin im Problem.

Der Mann erwartet, dass sich alle auf seine Ansichten, seine Formulierungen einigen. Es ist nicht so, dass der anderen irgendetwas zugesteht, sondern der Mann ist übergeschnappt, und ich sehe dafür zwei Gründe: Der hat sich über Jahre daran gewöhnt, dass

  • er oben auf der Bühne steht und das Publikum nur dazu da ist, zu lachen und zu applaudieren, er in seiner Medienblase lebt,
  • dass er in seiner Schwulenblase lebt, wo er politisch und gesellschaftlich vergöttert und gepampert wurde, während andere nur „alte weiße Männer“ und „cis-hetero“ oder so etwas und damit gesellschaftlich der letzte Dreck sind.

Und jetzt ist halt beides vorbei und der kommt damit nicht klar. Der ist beleidigt, weil er nicht mehr Hannilein ist und nur „Hurz!“ rufen muss, und alle lachen und klatschen. Jetzt sitzt er da, alt, aufgedunsen, verbraucht, und das das geistig noch weit mehr als körperlich, und stellt fest, dass es nicht mehr funktioniert, wie er sich das eingerichtet hat.

Deshalb ist der auch von Berlin nach Köln geflohen. Der dachte, das sei ein Berliner Problem. Ist es aber nicht. Er hätte in die 90er fliehen müssen, denn diese Zeit ist vorbei.

SPIEGEL: Sie und Ihr Mann haben 2017 Berlin verlassen, weil die Stadt »deutlich homophober« geworden sei.

Kerkeling: Ja. Da lese ich dann auf einschlägigen Seiten, es sei ja wohl klar, was damit gemeint sei, und ich hätte Angst, darüber zu sprechen, dass es natürlich der Islam … Herrlich, wie die Leute so eine Aussage instrumentalisieren und die AfD sich präsentiert, als hätte sie die Homo-Ehe erfunden. Das ist so widerlich, dass mir die Worte fehlen. So, ich höre jetzt auf (wendet sich an den Nebentisch, an dem sein Mann Dirk Kerkeling und seine Managerin Elke Krüger sitzen). Ich merke schon, ich rede mich hier um Kopf und Kragen. Elke, schreibst du schon mit?

Was an der AfD-Sicht falsch ist, sagt er nicht. Es stört ihn eher, dass die Realität nicht seinem Weltbild entspricht: Ja, er will als Schwuler verfolgt werden, aber doch bitteschön von ordentlichen, pressetauglichen Nazis, über die man sich politisch korrekt echauffieren kann. So ein Standesdenken: Als Edelschwuler hat er es verdient, von echten, lupenreinen Nazis verfolgt zu werden, über die man sich richtig aufregen und die man beschimpfen kann, und nicht von solchen, die man nicht nennen darf, um nicht selbst als Nazi dazustehen.

Ander gesagt: Der Mann vermisst die Nazis. Die aus seinen Träumen, aus seinem Weltbild. Da war die Welt für ihn noch in Ordnung, als noch die Nazis hinter Schwulen her waren. Die, bei denen es noch politisch korrekt war, ihnen entgegenzustehen.

Nun wird er auch verfolgt, aber mit Muslimen kann man sich nicht anlegen. Man kann kein Bühnenprogramm daraus machen, sich über die zu beklagen.

Und nun sitzt er da, und heult. Wo er doch wirklich echte Nazis verdient hätte, die ihn verfolgen, die er sich so gewünscht hat, um wieder in eine Zeitung und nicht nur in den SPIEGEL zu kommen, und dann verfolgen ihn Muslime, die man medial nicht ausschlachten kann.

Und er regt sich über die Spaltung der Gesellschaft auf.

Aber er wird nie begreifen, dass er daran selbst mitgewirkt hat. Mit seinen linken Positionen.

Und er wird es deshalb nicht begreifen, weil er eine andere Spaltung fest voraussetzt: Er steht auf der Bühne und redet. Und die anderen hören zu und klatschen.

Na, dann sind wir mal auf das Comeback gespannt. Ob das funktioniert. Was hat er eigentlich vor?

Ab 15. Januar ist der 61-Jährige aus Recklinghausen mit der Komödie »Extrawurst« wieder auf der Kinoleinwand zu sehen. In Marcus H. Rosenmüllers Verfilmung des populären Theaterstücks wird ein westdeutscher Provinztennisklub in die Fallstricke von Alltagsrassismus und Ressentiments gegenüber dem einzigen muslimischen Mitglied verwickelt, einem Deutschtürken. Kerkeling spielt den Vereinsvorsitzenden. Im März kehrt auch sein wohl kontroversester Charakter ins Kino zurück: »Horst Schlämmer sucht das Glück« schickt Kerkelings schmierigen Lokaljournalisten in die Niederungen einer deprimierten, politisch gespaltenen Republik. Schon früher hatte sich Kerkeling empört über den Aufstieg der AfD und das Erstarken rechter Narrative in Deutschland geäußert. Dient sein Comeback einem höheren Zweck?

Ah.

Political Correctness und Gesellschaftserziehung.

Das kommt bestimmt gut an, das will gerade jeder sehen. Rassismus gegenüber Deutschtürken. Das Thema ist neu, das gab es noch nicht. Wie originell.