Ansichten eines Informatikers

Bald Digitalpleite Berlin?

Hadmut
6.12.2025 22:29

Ach, schön. Das wird sicher lustig.

Der Tagesspiegel: Notkredite über 40 Millionen Euro: Berlins IT-Dienstleister steht vor der Pleite

Das für die Digitalisierung der Berliner Verwaltung zuständige IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) steht vor der Pleite. Tagesspiegel-Informationen zufolge konnte die Behörde im Februar und im November die Zahlungsunfähigkeit nur durch Notkredite des Landes in Höhe von zusammen 40 Millionen Euro abwenden.

Da der zweite von der Finanzverwaltung gewährte Kredit bis Mitte Dezember zurückgezahlt werden muss, droht Insidern zufolge Ende Januar die nächste Kreditaufnahme. Anderenfalls könnten Gehälter und Lieferanten nicht mehr bezahlt werden.

Jo, geil. Möglichst viel digitalisieren und dann den Dienstleister pleite gehen lassen, der weiß, wie man den ganzen Krempel bedient.

Wie aber ist so etwas möglich? Normalerweise geht es IT-Dienstleistern doch gar nicht so schlecht.

Ursachen für die finanzielle Schieflage des ITDZ gibt es viele. In einem Schreiben der Leiterin Maria Borelli, das dem Tagesspiegel vorliegt, bemängelt diese, das ITDZ erbringe regelmäßig „in erheblichem finanziellen Umfang Leistungen ohne Verträge“.

Hinzu komme, dass das ITDZ mit vielen Auftragnehmern Verträge habe, deren Konditionen lange überholt seien. Die vor Jahren vereinbarten Preise bildeten die aktuellen Kosten jedoch nicht ab, seien nicht mehr benchmarkfähig und führten zwangsläufig zu einer finanziellen Unterdeckung, schreibt Borelli.

Ah. Management-Pfusch.

Die erbringen „in erheblichem finanziellen Umfang Leistungen ohne Verträge“. Was glaubt Ihr, was das Finanzamt mit Euch anstellt, wenn Ihr so etwas in einer Frittenbude macht. Das gilt dann als Privatentnahme und muss umsatz-, gewerbe- und einkommensversteuert werden.

Wie kommt so etwas? Schauen wir mal in die Historie:

2024

Am 1. Juli 2024 trat Dr. Maria Borelli ihr Amt als Vorständin des ITDZ Berlin an. Die promovierte Physikerin machte deutlich, dass sie in ihrer neuen Aufgabe einen besonderen Fokus auf die Erbringung kundenorientierter und innovativer IT-Services legen wird.
Frau Dr. Borelli war vorher in verschiedenen führenden Positionen, u.a. bei der init Aktiengesellschaft für digitale Kommunikation, der Computacenter AG & Co. oHG und der DB Systel GmbH, tätig. Zuletzt verantwortete sie bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Leitung Gemeinsames Rechenzentrum.

2020

Ab dem 1. Januar 2020 übernimmt Marc Böttcher die Rolle des Vorstands des ITDZ Berlin. Von Juli 2016 bis Dezember 2019 verantwortete der studierte Dipl. Staatswissenschaftler bereits alle kaufmännischen Bereiche, das Personalmanagement, die Ausbildung als auch das Facility-Management des Unternehmens.

2017

Verstärkt Frauenpower für die IT der Berliner Verwaltung: Staatssekretärin Sabine Smentek wird vom Berliner Senat als Mitglied des Verwaltungsrates des ITDZ Berlin bestellt. Gemeinsame Sache: Zum ersten Mal veranstalten die Senatsverwaltung für Inneres und Sport und das ITDZ Berlin gemeinsam den Berliner Verwaltungskongress: Über 300 Gäste informierten sich am Wissenschaftsstandort Berlin Adlershof über die Zukunft der Informations- und Kommunikationstechnik der Verwaltung.

2016

Erstmalig steht eine Frau an der Spitze des IT-Dienstleistungszentrums Berlin (ITDZ Berlin). Ines Fiedler übernimmt zum 1. Mai 2016 die alleinige Vorstandsposition. Die 52-jährige Diplom-Wissenschaftsorganisatorin hat in verschiedenen Führungspositionen in der freien Wirtschaft gearbeitet und bringt über 20-jährige Erfahrung aus unterschiedlichen Bereichen der IT mit.

Was haben die denn für Vorstände?

Promovierte Physikerin. Staatswissenschaftler. Staatssekretärin und – immerhin – Kauffrau. Diplom-Wissenschaftsorganisatorin.

Hört sich alles nach Versorgungsposten an.

Wikipedia:

Sabine Smentek (* 1961 in Berlin) ist eine deutsche Unternehmensberaterin und politische Beamtin (SPD). Von Dezember 2016 bis Dezember 2021 war sie Staatssekretärin mit der Zuständigkeit für Informations- und Kommunikationstechnik in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport.

Smentek absolvierte das Abitur am Marie-Curie-Gymnasium in Berlin und machte von 1979 bis 1981 zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Berliner Sparkasse. Anschließend studierte sie von 1981 bis 1986 Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin und schloss das Studium 1986 als Diplom-Kauffrau mit den Schwerpunkten Organisation, Personal und Konfliktmanagement ab.

[…]

Nach dem Studium war sie von 1986 bis 1989 als Projektleiterin der Deutschen Angestellten-Akademie mit dem Aufbau eines neuen arbeitsmarktpolitischen Projektes zur Weiterbildungsberatung beschäftigt. Im Jahr 1989 übernahm sie eine Stabsfunktion in der Senatsverwaltung für Arbeit, Verkehr und Betriebe und 1990 die Büroleitung der Senatorin für Bundes- und Europaangelegenheiten. Anschließend war sie von 1991 bis 1992 als Referentin in der Zentrale der Treuhandanstalt (THA) für die Koordination der Interessen des Landes Berlin mit der THA zuständig.

Ab 1993 war sie als Unternehmensberaterin bei Price Waterhouse (heute PriceWaterhouseCoopers – pwc) im Bereich „Public Sector“ tätig. Danach war sie von 1995 bis 2013 als selbstständige Unternehmensberaterin tätig und wirkte im Projektmanagement von Reformprojekten der Öffentlichen Verwaltung und der Gründungsberatung und Beratung von kleinen Unternehmen in Krisensituationen.[1]

[…]

Am 9. Dezember 2016 wurde sie bei Bildung des neuen Senats von Berlin (Senat Müller II) zur Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport ernannt.

Querwechsler-Netzwerk:

Ines Fiedler ist Expertin auf dem Gebiet der Informationstechnologien und verfügt über mehr als 20 Jahre Managementerfahrung in den unterschiedlichsten Branchen. Heute ist sie als Direktorin der BDBOS für die Netze des Bundes verantwortlich.

Bis 2010 leitete Ines Fiedler als Prokuristin die Bereiche IT-Operations Germany und European IT-Relationship Management bei der KPMG IT Service GmbH. Danach wechselte Sie in die Verwaltung und übernahm als Vorständin des ITDZ Berlin die Führung des kommunalen IT-Unternehmens. Der erfolgreichen Umsetzung des Berliner E-Government-Gesetzes galt ab 2016 ihr vollstes Engagement. Mit dem Einsatz der Informationstechnologie ist für Ines Fiedler eine Modernisierung der Verwaltung möglich und unumgänglich.

Ah, Unternehmensberatung. „Expertin auf dem Gebiet der Informationstechnologien“ – irgendwas mit Computern. Riecht sehr nach Quotenfrau.

Tagesspiegel 2023: Das Digital-Drama: Warum ITDZ-Chef Marc Böttcher geht

Für Berlins Chief Digital Officer Ralf Kleindiek (SPD) begann die Woche mit einem Tiefschlag. Am Montag informierte Marc Böttcher, Chef des IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) Kleindiek darüber, seinen Posten Ende September an den Nagel zu hängen. Von einer Entscheidung, die „den Laden unfassbar destabilisiert“, war am Donnerstag in Fachkreisen die Rede. Böttcher verlässt das ITDZ in einer Phase, in der sich die Digitalisierungsaufgaben nur so auftürmen.

Nicht überraschen dürften Kleindiek die Gründe für den Abgang Böttchers. Auf vier Seiten hatte Letzterer wenige Tage nach der Wiederholungswahl seinem Ärger in einem als „Rekapitulation“ benannten Schreiben Luft gemacht. Der entscheidende Satz im dem Tagesspiegel vorliegenden Dokument: „Die derzeitigen Rahmenbedingungen lassen eine erfolgreiche Wahrnehmung der politisch gewollten Aufgaben durch das ITDZ nicht zu.“

Die Begründung lieferte Böttcher, der Ende 2019 zur Übernahme des Vorstandspostens mehr oder minder überredet werden musste, gleich mit. Es fehle ein Finanzierungsmodell für das ITDZ ebenso wie ein Gehaltsmodell mit Vergütungsstruktur jenseits des Tarifvertrags der Länder, um qualifiziertes Personal binden zu können. Betriebswirtschaftliche Grundsätze fänden zu oft keine Anwendung, gesetzliche Grundlagen entsprächen nicht den dem ITDZ zugeschrieben Rollen und Aufgaben.

Hinzu kommt eine Art Generalabrechnung Böttchers mit der Innenverwaltung, die für die Steuerung der Verwaltungsdigitalisierung zuständig ist. Diese nutze das ITZD „rollenfremd in Ersatzvornahme für eigene Zuständigkeiten“, Verantwortlichkeiten würden dem ITDZ „oktroyiert“. Bei wesentlichen Entscheidungen werde das ITDZ nicht einbezogen, verhindere eine „Entscheidungsaversion“ kurzfristig erforderliche Maßnahmen.

Während Kleindiek das Schreiben Böttchers mit Verweis auf Zugeständnisse der jüngeren Vergangenheit konterte und die Kritik an der eigenen Verwaltung zurückwies, heißt es aus Fachkreisen, die Trennung von Böttcher sei durchaus zu verkraften. Bereits unter Rot-Grün-Rot sei eine Trennung erwogen, wegen der drohenden Zusatzkosten aber verworfen worden.

Inhaltlich hat Böttcher einen Punkt. Auch Amtsvorgängerin Ines Fiedler hatte die unzureichende Finanzausstattung des Ende 2019 kurz vor der Insolvenz stehenden ITDZ kritisiert. Passiert ist Expert:innen zufolge viel zu wenig, wie auch das Schreiben Böttchers zeigt. Ein tragfähiges Geschäftsmodell für das ITDZ gebe es bis heute nicht.

*Grusel*

So ein richtig kaputtpolitisierter Laden. Da stinkt es aus jeder Pore nach Politikbetrieb, Vetternwirtschaft, dauernder Lückenflickerei, Buchhaltungstricks, Murks und Versorgungsposten.

Eben so typisch deutsch.

Ich will gar nicht wissen, wie das bei denen intern so aussieht, wenn man so etwas liest. Ordentlich strukturiert können die da ja wohl nicht sein. Das liest sich ja alles nach Dauerkrise.

Und die stehen jetzt angeblich hart an der Pleite.

Und sind für den Digitalkram von Berlin zuständig.

Das wird sicher lustig.

Aber Indien steht bereit.