Vom subtilen Unterschied zwischen Politik und Physik
Wenn man wieder mal meint, man könne Strom aus dem Nichts melken wie Steuergelder.
Über den grünen (Selbst-)Betrug und warum es kein Perpetuum Mobile gibt.
Golem: Liegender Polizist erzeugt Strom bei Überfahrt
Ein „liegender Polizist“ ist eine Schwelle, so ein Straßenbuckel, der einen zwingen soll, die Geschwindigkeit zu reduzieren. Und die haben nun eines erfunden, das beim Überfahren Strom erzeugen soll:
Das österreichische Start-up Road Energy Production Systems hat auf dem Gelände des Hamburger Hafens eine Anlage zur Stromerzeugung(öffnet im neuen Fenster) in Betrieb genommen, die sich in der Straßendecke befindet. Sie besteht aus Magnetlagern, die bei Überfahrt von entsprechend schweren Fahrzeugen eingedrückt werden und so Strom erzeugen.
Der Strom, der mithilfe der sich bewegenden Magnetfelder
(öffnet im neuen Fenster) erzeugt wird, wird zwischengespeichert und anschließend ins Stromnetz eingespeist. 16 Lkw sollen dabei ausreichen, um ein Kilowattstunde (kWh) Energie zu erzeugen.
Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens besonders schwerer Lastkraftwagen rechnet das Start-up damit, dass das erste System allein knapp 40.000 kWh im Jahr erzeugen kann. Weil im Hamburger Hafen bereits über 200 geeignete Standorte identifiziert worden seien, könnte die Jahresstromproduktion bei 10 Gigawattstunden oder 10 Millionen kWh liegen, dem Strombedarf einer Kleinstadt.
So etwas liest man immer wieder, Großthema „energy harvesting“. Man schlug auch schon Fußböden in Shopping Malls vor, die aus den Bewegungen von Fußgängern Strom erzeugen.
Ein Perpetuum Mobile. Als könnte man Energie aus dem Nichts melken. Den glauben kennen wir schon von Solar- und Windenergie: Die „erneuerbaren Energien“ stünden einfach so zur Verfügung, aber auf die Idee, dass sie woanders fehlen, weil ein Energieerhaltungssatz besteht, kommt man nicht. Anscheinend hält man Physik für ein soziales Konstrukt weißer Männer, das man nur dekonstruieren müsse.
Auf die Idee, dass so ein Gerät, das beim Überfahren „Energie erzeugt“, diese in Wirklichkeit nur von den LKW abzieht, weil die damit beim Überfahren eines nachgebenden Untergrundes (ebenso wie Fußgänger in Shopping Malls) einen höheren Roll-Widerstand (bzw. Gehwiderstand) überwinden müssen, und sie damit den LKW-Betreibern letztlich nicht nur die Energie klauen, sondern einfach nur Strom aus Diesel erzeugen, und das tarnen, indem sie es nicht abrechnen und so bauen, dass Grüne es nicht kapieren, kommt man nicht.
Ständig heißt es, wir müssten von der Stromerzeugung aus „fossilen Brennstoffen“ weg, müssten die CO2-Emissionen reduzieren. Und dann bauen sie da solche „Stromerzeuger“ auf, die in Wirklichkeit nur die Energie aus den Dieselmotoren der LKW, die darüber fahren, abziehen und für Mehrverbrauch sorgen.
Selbst wenn man argumentierte, dass die LKW künftig elektrisch fahren: Es bleibt trotzdem dabei, dass man die Energie aus den LKW abzieht und sich an der Energie bedient, die der LKW vorher an der Ladesäule geladen hat – aber mit miserablem Wirkungsgrad. Es wäre günstiger, diesen Generator wegzulassen und den Hafen direkt an das Stromnetz anzuschließen.
Typisches Beispiel für den grünen Schwindel, dass man Energie gratis aus dem Nichts bekommen könnte.
Golem hat allerdings gemerkt, dass da was faul ist:
Im Grunde wird hier auf Umwegen die Bremsenergie in Strom umgewandelt. Ähnlich wie bei einem liegenden Polizisten, also einer Bremsschwelle auf der Fahrbahn, wird eine langsame Fahrt erzwungen, hier mit dem Nebeneffekt der Stromerzeugung.
Laut des Start-ups sollen bereits 40 Häfen weltweit ihr Interesse an den Anlagen bekundet haben. Nur dort dürfte die Dichte an Lkw tatsächlich hoch genug sein, denn auch im Hamburger Hafen muss für die angegebene Stromausbeute jede Minute ein Lkw darüberrollen, 24 Stunden am Tag.
Das stimmt so aber nicht. Denn der LKW wird ja nicht durch das Gerät selbst gebremst. Wäre es so, könnte man nämlich noch argumentieren, dass man nur Energie abgreift, die anderenfalls durch das Abbremsen des LKW vergeudet würde, nämlich in der Erhitzung der Bremsschreiben – und dann der Luft – verheizt würde. Wenn also dieses Gerät verwendet würde statt zu bremsen. Bei elektrischen LKW würde die Energie für die Rekuperation „gestohlen“.
So, wie sich das auf dem Bild darstellt (und soweit ich mich an meinen LKW-Führerschein erinnern kann), würde man da aber nicht mit hoher Geschwindigkeit drauf fahren, um sich davon auf Hafengeschwindigkeit runterbremsen zu lassen, sondern vorher abbremsen. Die Frage wäre nämlich auch, ob das System in der Lage wäre, die Bremswirkung erst dann einsetzen zu lassen, wenn alle Achsen auf dem Gerät sind, oder ob die Bremswirkung schon beim Befahren an der Vorderachse einsetzt. Und das könnte den LKW sogar beschädigen, weil die Hauptlast auf der hinteren Achse liegt, und deshalb auch hinten an dieser Achse nicht nur Doppelreifen oder Doppelachsen verbaut sind, sondern stärkere, größere Bremsen. Einen LKW an der vorderen, gelenkten Achse abzubremsen ist keine gute Idee.
Ich halte das für Schwindel. Und technisch fragwürdig.
Ach ja: Der Ur-Artikel stammt vom ORF. Und laut denen wurde das System von einem „jungen Physiker“ entwickelt.
Das Straßenkraftwerk besteht aus Stahlplatten, die im Asphalt eingebaut wurden. Diese sind zwölf Meter lang und fast drei Meter breit. Wenn Fahrzeuge, wie Lastwagen, darüberfahren, drücken sie die Platten nach unten. Dieser Druck wird über ein Hydrauliksystem weitergeleitet und treibt eine Magnetbox an, die Strom erzeugt. So wird aus der Bewegung der Fahrzeuge Energie gewonnen.
Das könnte nur dann funktionieren wie versprochen, wenn die LKW im Leerlauf, also ohne Gaspedal, darüber rollen, und sich von dem System runterbremsen lassen. Und ich glaube nicht, dass LKW-Fahrer das tun werden. Und selbst dann wäre fraglich, ob das den LKW nicht beschädigt, wenn er an der Vorderachse zuerst gebremst wird.
Dann, wenn LKW-Fahrer – und ich glaube, dass sie das tun werden – vorher abbremsen und dann etwas Gas geben, um über das Ding zu fahren, ist das ganze Ding Schwindel und Betrug, weil dann nämlich die Diesel-Motoren der LKW den Strom erzeugen, und das mit lausigem Wirkungsgrad und auf Kosten der Speditionen.
Und dafür, dass das System Schwindel ist, spricht meines Erachtens, dass das System, so wie ich das verstehe und wie das da beschrieben wird, auch dann Strom „liefert“, wenn der LKW bereits langsam darüber fährt. Dann nämlich muss er Gas geben, um nicht stehen zu bleiben, weil ihm ja Energie entzogen wird und er erhöhten Rollwiderstand hat.
Ein System, das funktionieren würde, wie versprochen, müsste eines sein, das dem LKW nur dann Energie entzieht, wenn er zu schnell ist und vom System heruntergebremst werden muss. Und das kann das beschriebene System nicht.
Und dass man damit dann mehr Dieselverbrennerabgase und damit CO2 in die Luft bläst, stört seltsamerweise keinen.
Es wäre einfacher und umweltfreundlicher, das System wegzulassen und stattdessen einen gewöhnlichen Dieselgenerator zu verwenden. Aber der gilt ja als klimaschädlich.