Ansichten eines Informatikers

Sie dachten bis zuletzt, sie würden fotografiert …

Hadmut
30.10.2025 12:22

Kennt Ihr den blöden rassistischen Witz, der auf „ … dachte bis zuletzt, er wird fotografiert.“ endet?

Den beim Großwildjäger mit den Trophäen aus Afrika?

Ein Thema in meinen Sicherheitsschulungen war immer, dass wir in zu guten Zeiten aufgewachsen sind und Gefahr nur noch aus dem Fernsehen kennen, deshalb keine Fluchtreflex entwickelt haben. Genauer gesagt, die Mustererkennung nicht auf Muster trainiert haben, die uns wirklich gefährlich werden können und deshalb nicht mehr Angst bekommen und davonlaufen, sondern das Handy ziehen und ein Video aufnehmen. In vielen asiatischen Hochhäusern hängen längst Schilder, die darüber belehren, dass man im Brandfalle erst rausrennen und dann erst von außen, in Sicherheit, über den Brand twittern solle. Kein Witz, das ist ernst.

Wir haben nicht nur das Problem, dass es uns zu gut geht und wir in Wohlstand und Sicherheit aufgewachsen sind, jemand wie ich nie Hunger, Krieg, große Naturkatastrophen erlitten hat, erst neuerdings das „Stadtbild“. Wir sind auch noch durch Dauerfeuer von Filmen, Videos, Hollywood darauf abgerichtet, jede Gefahr für einen Witz zu halten wie Bruce Wills in Die Hard oder Rambo in Afghanistan. Und jeder muss „cool“ sein. Videospiele kommen noch obendrauf. Wer Angst zeit, gilt als Versager und wird ausgelacht.

Wir haben nicht nur keine Gefahr erlebt, sondern sind systematisch darauf konditioniert, alle visuellen und akustischen Gefahr-Informationen für harmlos zu halten und im Kinosessel dazu Popcorn zu futtern. Das ist übrigens ein beachtlicher Unterschied zwischen Flüchtlingskindern aus Kriegs- oder Erdbebengebieten und deutschen Kindern: Wenn irgendwo etwas knallt, lachen die deutschen Kinder, während die Flüchtlinge längst unter dem Tisch Deckung gesucht haben. Kinder in Neuseeland und Japan reagieren sofort, wenn das Gebäude wackelt. Gerade im Vergleich zwischen einheimischen und Flüchtlingskindern merkt man sehr deutlich, wie unterschiedlich diese Gefahrenkonditionierungen wirken.

Die Elterngeneration über mir hatte den Krieg noch miterlebt und verhielt sich deshalb in vielerlei Hinsicht ganz anders. (Oft im Blog angesprochen.)

Ich hatte vor vielen Jahren – einer der erfolgreichsten Artikel dieses Blogs – den Tod der „schönen Tugce“ kommentiert, bei der alle behaupteten, ein toxischer Mann hätte die ach so herzensgute Tugce erschlagen. 7 Millionen Menschen hatten das Video der Überwachungskamera vor mir gesehen. Ich hatte dann geschrieben, dass das Video etwas völlig anderes zeigt. Zwei Männer hatten sich geprügelt, und mit Tugce überhaupt nichts zu tun. Die feministisch-dumme Nuss meinte, sich überall einmischen und alle erziehen zu müssen und ging auf die beiden Männer zu, hat sich in die Prügelei eingemischt, aber keine Kampferfahrung, keinen Stand, verlor das Gleichgewicht, fiel nach hinten um wie ein nasser Sack und schlug mit dem Kopf auf einen Bordstein, woran sie dann starb. Streitsucht. Anstatt sich in Sicherheit, auf Distanz zu halten, ist sie mitten in die Gefahr reingelaufen und hat sich eingemischt, weil sie das feministisch so gelernt hatte, dass sie sich überall einzumischen, alle zu beschuldigen und zu belehren hatte, und kraft Frau am Ende immer gewinnt. Der Bordstein wusste das nur noch nicht und hat sich herkömmlich verhalten.

Ich hatte damals erstaunlich viele Rückmeldungen dazu bekommen, alle nach dem Schema „Jetzt, wo Du das so sagst…“. Die kurioseste Rückmeldung war ein Anruf aus dem Hamburger Rotlichtmilieu. Ein Ex-Zuhälter und Ex-Knastbruder, sehr gewalt- und brutalitätserfahren, inzwischen geläutert, Türsteher und in Kooperation mit der Polizei in der Gewaltprävention für Jugendliche tätig, sagte mir, dass das, was ich da geschrieben hatte, genau dem entspräche, was er in seinen Schulungen für Jugendliche sagt: Von Gefahr, von Auseinandersetzungen, von Schlägereien geht man immer erst einmal weg statt hin. Raus aus der Gefahrenzone, und dann erst einmal überlegen, was es mit der Situation auf sich hat, welche Handlungsoptionen man hat, in der Regel Flucht. Und sich nicht in jede Gefahr stürzen, weil man sich für unverwundbar und den Stärksten hält. Das war ein überaus interessantes Gespräch, ich habe mich lange mit dem unterhalten und fand es erstaunlich, dass zwei so völlig unterschiedliche Leute – ich: IT-Sicherheit, er: Türsteher im Rotlichtmilieu – unerwartet viel in Bezug auf Sicherheit gleich sehen. Und auch der sah das so, dass viele Jugendliche überhaupt kein Gefahrgefühl entwickelt haben, sondern geradezu versessen und wild darauf seien, an jeder Gefahr teilzunehmen, mitzumachen, und sich deshalb in Dinge einmischen, die sie eigentlich auch gar nichts angehen.

Wobei es allerdings auch andere Seiten dieser Entwicklung gibt. Ich habe in den letzten Tagen irgendwo einen Radiobeitrag über Mäuse in irgendeinem U-Bahn-Tunnel gehört, und die Leute es alle mochten, denen zuzusehen und sie süß und putzig zu finden, und irgendwer hatte sich darüber gewundert, dass man überhaupt noch nie irgendwen mit Angst vor Mäusen erlebt hätte, niemand schreit, obwohl doch in Fernseh- und Kinofilmen immer gezeigt wird, dass sich Leute kreischend auf Stühle retten, wenn eine Maus zu sehen ist. Filme zeigen uns umgekehrt auch Gefahren, die gar keine sind.

Gerade nun das:

Anstatt sich in Sicherheit zu bringen und Schutz hinter Felsen, in der Flucht oder ähnliches zu suchen, stehen sie da und halten die Handys hoch zum Filmen. Als wäre es eine Vorführung auf einer Bühne.

Ich habe neulich ein ähnliches Video einer anderen Stelle gesehen, in dem den Leuten ebenfalls eine Lawine vom gegenüberliegenden Berg lange vorhersehbar um die Ohren fliegt, aber da haben sich einige hinter Felskanten, Felsbrocken in Deckung geworfen – und das hat schon gereicht.

„Stadtbild“

Denselben Effekt bemerke ich bei unseren Linken.

Wenn sich so wohlbehütete Töchter reicher Eltern wie Luisa Neubauer oder Carolin Emcke vortanzen, wie schlimm „Stadtbild“ doch wäre und für offene Gesellschaften eintreten, und die noch nie etwas anderes als wohlbehütete Tochter waren, deren größte Gefahr, der sie je begegnet sind, war, dass die Batterien der Fernbedienung leer sein könnten, wenn sie dringend auf das andere Fernsehprogramm umschalten wollen. Oder solche Dunja Hayalis. Und die dann meinen, sie müssten alle belehren, dass Migration und Stadtbild als völlig ungefährlich anzusehen seien.

Letztlich verhalten wir uns als Gesellschaft gegenüber der Migration nicht anders als die Leute da in diesem Lawinenvideo: Wir stehen da, grinsen blöd und halten die Kameras hoch, bemerken aber die Gefahr nicht, weil wir durch Medien und Ideologie auf jene Sorte von Ignoranz abgerichtet wurde, die sie „Toleranz“ nennen (Doppelbegriff!).

Das ganze Gezeter um die „Stadtbild“-Aussage – von auffällig vielen Frauen ohne Berufsausbildung und/oder ohne reguläre Erwerbstätigkeit – ist ein deutliches Zeichen von Gefahrenblindheit.