Frisch gehausdurchsucht
Sogar Professoren sind jetzt dran.
Die Berliner Zeitung: Hausdurchsuchung bei Autor Norbert Bolz wegen X-Beitrag: „Sie sollten vorsichtiger sein, was Sie posten“
Beim Publizisten und Medienwissenschaftler Norbert Bolz klingelte an diesem Morgen die Berliner Polizei. Wie Bolz der Berliner Zeitung sagte, legten ihm die Beamten einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss vor und dursuchten anschließend sein Haus. Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches.
Auslöser ist ein Beitrag, den der 72-Jährige am 20. Januar 2024 auf der Plattform veröffentlicht hatte. Darin schrieb Bolz: „Gute Übersetzung von ‚woke‘: Deutschland erwache!“ – ein Satz, den er nach eigenen Angaben aus einem Beitrag der taz übernommen hatte. Die linke Tageszeitung hatte in einem Artikel die Parole „Deutschland erwache“ im Zusammenhang mit der Debatte um den Begriff woke erwähnt.
Trotz dieses klar erkennbaren Zitatzusammenhangs ermittelt die Staatsanwaltschaft nun gegen Bolz wegen des möglichen Gebrauchs einer nationalsozialistischen Losung. Die Worte „Deutschland erwache“ stammen ursprünglich aus dem sogenannten Sturmlied der NSDAP und wurden in der NS-Zeit als Propagandaparole verwendet. Bis heute gilt die Wendung als Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Juristisch Blödsinn, aber offenkundig Einschüchterung.
Wie Bolz berichtet, verlief die Durchsuchung ohne Zwischenfälle. Die eingesetzten Beamten seien „sehr nett“ gewesen. Einer der Polizisten habe ihm mit auf den Weg gegeben: „Sie sollten in Zukunft vorsichtiger sein, was Sie posten.“
Was mir an der ganzen Sache gewaltig fehlt:
Eine Hausdurchsuchung findet ja nicht einfach so statt. Die muss ja einen angegebenen Zweck haben, Beweise finden, Tatwaffe finden usw.
Was haben die da eigentlich gesucht?
Man muss sich das mal klarmachen:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 13(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
[…]
Eigentlich kann es hier auch nur um die Beschlagnahme von Rechnern gehen – was wiederum die Frage aufwirft, welchem Zweck dies dienen soll. Der Tweet war ja bereits öffentlich. Was will man damit beweisen oder aufklären?
Das Bundesverfassungsgericht kennt neben der Unverletzlichkeit der Wohnung auch ein „IT-System-Grundrecht“, das selbst genutzte Rechner besonders schützt. Ich bin jetzt nicht zuverlässig im Bilde, wo sie da die Grenze bei Schutz sehen, weil man das auch mal geändert hat, nur zur Aufklärung von schweren Straftaten und zum Schutz gewichtiger Schutzgüter wie Leib und Leben. die Frage ist aber:
Welches Schutzgut will man überhaupt schützen? Welche Gefahr soll davon ausgehen?
Dieser Staat wird immer übergriffiger.