Ansichten eines Informatikers

Festival of Lights und das Urheberrecht

Hadmut
9.10.2025 2:35

Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht.

Ein Leser fragt an:

Eingriff in die Pressefreiheit oder wieder nur dummes Gelaber?

Hallo Hadmut,

im ARD-Videotext gibt es eine Meldung:

dju kritisiert "Festival of Lights"    
                                       
Die Deutsche Journalistinnen und Jour- 
nalisten Union (dju) hat die vom Veran-
stalter des Berliner "Festival of      
Lights" versuchte Unterbindung von Fo- 
toaufnahmen durch Pressefotografen kri-
tisiert.                               
                                       
Medienvertreterinnen und -vertreter    
hätten nach Wunsch des Veranstalters   
keine eigenen Bilder der Kunstprojekti-
onen anfertigen und verkaufen dürfen,  
teilte die dju mit. Das sei "ein klarer
Eingriff in die Pressefreiheit", kriti-
sierte die dju-Bundesgeschäftsführerin 
Danica Bensmail in Berlin.

Hat die wirklich Recht? Ich glaube nicht.
Ich darf ja auch nicht ins Schloss Neuschwanstein, einfach Fotos machen und die dann verkaufen (für private Nutzung ist es erlaubt).

Mein Gott, wer liest denn noch Videotext?

Schwieriges Thema.

Weiß ich nicht.

Erinnert an den Eiffelturm, den man nur bei Tag fotografieren darf. Weil der nachts beleuchtet wird, und das als temperäre und deshalb geschützte Kunst gilt und geschützt. Aber das ist französisches Recht.

In Australien haben sie so etwas auch mal eingeführt, da durfte man das Opernhaus nicht mehr kommerziell ohne teure Lizenz fotografieren, und noch irgendeinen anderen Platz, ich weiß aber nicht mehr, ob nur nachts. Aber das ist australisches Recht.

Erinnert auch an die Reichstagsverhüllung, da war das auch so, dass man Bilder privat machen, aber nur mit dem Einverständnis der Künstler kommerziell verwerten durfte. Ich weiß aber nicht mehr, ob die Presse ohne weiteres berichten durfte.

Hier in diesem Fall kollidieren wohl schon zwei Rechte, nämlich das Grundrecht der Presse auf Berichterstattung, udas nicht so dolle geschützte Recht des Künstlers, obwohl die Verfassungsrechtsprechung schon sagt, dass die Kunstfreiheit auch die Verwertung umfasst, weil der Künstler ja auch von etwas leben muss. deshalb auch der kommerzielle Aspekt abgedeckt ist.

Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)
§ 59 Werke an öffentlichen Plätzen

(1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.

(2) Die Vervielfältigungen dürfen nicht an einem Bauwerk vorgenommen werden.

Während es bleibende Werke, dann dürfte man sie im Rahmen der Propagandafreiheit fotografieren. Sind es aber nicht. Also hilft uns der § 59 nicht.

Warum ich es nicht beantworten kann

Es gibt da ein Detail, was die Sache undurchsichtig macht. Nämlich dass es laut Videotext der Veranstalter ist, der auf die Journalisten losgeht.

Die Urheberrechte – die unveräußerlichen Urheberpersönlichkeitsrechte und die Verwertungsrechte – hat nach § 15 der Urheber. Also der Künstler, und nicht der Veranstalter.

Die Verwertungsrechte, und dazu gehören Vervielfältigung (§ 16) und Verbreitung (§ 17) liegen zunächst auch beim Urheber, also beim Künstler.

Der Veranstalter hat demgegenüber – etwa in einem Museum – nur das Hausrecht. Das hat er hier aber nicht, weil das Festival of Lights an öffentlichen Plätzen stattfindet.

Und damit müsste der Veranstalter zuerst einmal darlegen, dass er die ausschließlichen Verwertungsrechte hat.

Selbst wenn er Verwertungsrechte hätte, könnte er damit jemandem erlauben, aber nicht verbieten, das Werk zu fotografieren und zu zeigen, denn der Künstler selbst könnte es ja immer noch erlauben.

Das heißt für mich: Ich kann das nicht beurteilen, solange ich nicht den Vertrag zwischen Künstler und Veranstalter gesehen habe.

Da es aber so ist, dass zunächst mal die natürlichen Rechte beim Urheber, also Künstler liegen, müsste der Veranstalter behaupten, darlegen und nach BGB für die einseitige Willenserklärung entsprechend auch zeigen, dass er

  • auch Künstler ist oder
  • die Verwertungsrechte so umfangreich hat, dass er auch das Veröffentlichen verbieten kann.

Das ist aber auch wieder problematisch, denn wenn er das nicht korrekt macht, kann er das zwar nicht wirksam verbieten, aber eine wirksame Erlaubnis hat man damit auch noch nicht.

Nun kommt aber noch dazu, dass man die Aufführung an öffentlichen Plätzen der Stadt – und es gibt ja weder Hinweisschilder, noch Eintrittskarten oder ähnliches – als konkludentes Handeln für eine Freigabe auffassen könnte, denn bisher wäre mir nicht aufgefallen, dass die Darbietungen überhaupt irgendwie verwertet. Ich dachte immer, dass die da Sponsoren haben. Und rechtlich muss man sich das auch immer vorhalten lassen, wie das beim Empfängerhorizont ankommt. Und die Veranstaltung belegt ja enorm öffentlichen Raum.

Man müsste mal herausfinden, wer die Künstler sind, wie die dazu kommen, wie die Verträge genau aussehen.

Und: Wie die Verträge mit den Gebäudeeigentümern aussehen. Ob die das überhaupt gestatten, ihre Gebäude kommerziell zu verwerten. Man könnte nämlich argumentieren, dass die Gebäude selbst Urheberrechten unterliegen, und dass das Anleuchten von Gebäuden kein eigenes Kunstwerk ist, sondern nur eine Bearbeitung oder Umgestaltung des Kunstwerks Gebäude (§ 23), die die Zustimmung des (oft verstorbenen) Urhebers des Gebäudes verlangen würden.

Ich denke, dass man das nicht einmal für alle gleich beantworten kann, sondern das auch noch vom einzelnen Kunstwerk und Gebäude abhängt.

Ich glaube aber nicht, dass die, selbst wenn sie die Rechte haben, schon das Fotografieren verbieten können. Weil ein Foto keine stoffgleiche Vervielfältigung eines beleuchteten Gebäudes, sondern nur ein Foto davon ist (anders, wenn man Fotos abfotografiert). Journalisten könnten das ja als Notizen verwenden, um später einen Text darüber zu schreiben.

Manchmal frage ich mich aber: Was wollen die eigentlich?