Ansichten eines Informatikers

Faxgeräte

Hadmut
8.10.2025 13:54

Theoretisch müssten sie ja längst perdü und erledigt sein.

Im Gegensatz zur Auffassung vieler Zeitgenossen sind Faxgeräte keine analogen Geräte (mehr), sondern digital.

Genauer gesagt, sie waren in ihren Anfangszeit und als man sie erfunden hatte, noch analoge Übertragungsgeräte, auch bei der Standardisierung der Gruppe 1 und 2, aber Fax Gruppe 3, was der weltweite Standard war, ist ein Digitalfax, auch wenn es nach unten hin ein einfaches Modem verwendet, um über analoge Telefonnetze zu kommunizieren. Fax Gruppe 4 hatte höhere Auflösung, bessere Kompressionsverfahren und beruhte auf ISDN, verwendete also auch kein analoges Medium mehr, hat sich aber nie durchgesetzt.

Wenn wir von „Fax“ reden, reden wird deshalb normalerweise von „Fax Gruppe 3“, weil das der weltweite Standard war, 1980 definiert, der sich verbreitet hat, und der mit dem bekannten Modemgedudel am Anfang beginnt. Damit ist das Fax (Gruppe 3) kein analoges, sondern ein digitales Gerät, wenn auch aus der frühen Digitalsteinzeit und fest auf die Nutzung eines analogen Mediums aufgebaut. Fax-Geräte kommunizieren zwar digital miteinander, brauchen aber zwingend die analoge Verbindung, weil nur diese definiert und implementiert ist. Erst Fax G4 konnte un-analog (über ISDN) kommunizieren, war aber eine Totgeburt, weil ISDN technisch schon wieder überholt war.

Wer übrigens wissen will, was das komische Gedudel bedeutet, das man hört, wenn sich Modems Guten Tag sagen und die Verbindungsparameter ausmessen und -handeln kann sich das mal anschauen:

AOL hat in den USA die letzten Einwahlpunkte abgeschaltet, weil das herkömmliche Einwahlmodem einfach erledigt ist.

Selbst DSL-Modems – die im Prinzip auch nichts anderes sind, weil sie ebenfalls analoge Telefonkabel als Medium benutzen, aber mit dem Unterschied, dass sie nicht durch das ganze Land funktionieren und nicht über Vermittlungsstellen gehen, sondern nur die „last mile“, nur das physische Kabel von der Wohnung zum nächsten Schaltschrank verwenden, und deshalb mehr Frequenzen nutzen können und mehr Daten durchbekommen, sind im Grunde genommen nichts anderes – und eigentlich ebenso veraltet, weil das Telefonkabel als solches veraltet ist.

Das Telefonkabel war nun einmal seit 150 Jahren die Standard-Kommunikationstechnik, die zudem den Vorteil hatte, dass sich zwar die Technik weiterentwickelt hatte, das Kabel aber (in den USA) nahezu unverändert blieb: Zwei verdrillte Drähte, Twisted Pair. In Deutschland war das etwas anders, weil wegen der geringeren Entfernungen die Kabel lange Zeit nicht verdrillt sondern glatt waren, und das klassische Telefonkabel aus vier Drähten (=zwei Telefonleitungen) bestand. Wer die alten Kabel noch kannte: In einer grauen Umhüllung vier rote isolierte Drähte, die durch Markierungen (unbedruckt, ein Ring alle paar Zentimeter, Doppelring mit großem Abstand, Doppelring mit kurzem Abstand) unterscheidbar und später dann vierfarbig waren. Das war das deutsche Problem, dass man für Telefon auf die in Deutschland üblichen Distanzen keine verdrillten Drähte brauchte, für DSL aber schon – DSL war in den USA zur Nutzung der dort liegenden Telefonkabel erfunden worden.

Selbst das bekannte Ethernet beruht auf der Nutzung von alten Telefonkabeln. Ursprünglich beruhte Ethernet (10Base5 und 10Base2) auf Koaxialkabeln und Bus-Strukturen mit Terminatoren, aber die konnte man schlecht verlegen. Deshalb brauchte man mit dem Aufkommen der Computer eine Kommunikationsstruktur, die die bestehende Hausverkabelung nutzen konnte, also

das man in seiner ersten Form 10BaseT nannte und nur 10 MBit übertragen konnte, aber eben die bereits in den Gebäuden liegenden oder billig verfügbaren Telefonkabel verwenden konnte, deshalb auch die an US-Telefonsteckverbinder angelehnten RJ45-Stecker. Im Prinzip waren die frühen Ethernetkabel nichts anderes als doppelt breite Telefonkabel. Auch ISDN war darauf ausgelegt, diese Kabel zu verwenden.

Das alles erledigt sich gerade.

Das analoge Telefonnetz mit seinen Telefonkabeln ist Geschichte, auch DSL wird bald abgeschaltet, und gerade alles durch Glasfaser ersetzt. Zwar ist Glasfaser letztlich auch ein analoges Medium, auf dem Frequenzen übertragen werden, auf die Daten aufmoduliert werden, aber der analoge Teil ist so niedrigschichtig und die Umsetzung so eng mit dem Medium verbunden, dass man mit dem analogen Teil eigentlich nicht mehr in Verbindung kommt, und auch keine besondere Protokolle wie PPP zur Abhandlung von Analogverbindungen mehr braucht, sondern das direkt wie ein digitales Medium, wie Ethernet verwenden kann. Telefonieren ist nur noch eine von vielen Anwendungen eines Universaldatennetzes. Es gibt kein dediziertes kabelgebundenes Telefonnetz mehr.

Als die mir auf Zypern den Glasfaseranschluss gelegt haben, passierte etwas, was nicht nur so schnell ging, dass ich kaum zuschauen konnte, sondern technisch gesehen den Wandel symbolisiert: Denn die haben die Glasfaser nicht zusätzlich verlegt, sondern einfach die Glasfaser an einem Ende an das Telefonkabel geknotet, um in einem Durchgang das alte Telefonkabel aus dem Kabelkanal heraus- und das Glasfaserkabel einzuziehen, das das Telefonkabel direkt ersetzt hat. Das Telefonkabel kam gleich in den Müll. Wenn man noch analog telefonieren will, kann man gegen Aufpreis buchen, dass die beiden Analogports am Glasfasermodem mit Telefonnummern belegt werden (siehe dazu unten).

Und damit haben sich Faxgeräte eigentlich endgültig erledigt, weil sie nicht nur technisch hoffnungslos veraltet sind (45 Jahre alte Technik), sondern auch, weil es das Kommunikationsnetz für das sie gebaut sind, nämlich das analoge Telefonnetz, nicht mehr gibt, und auch nicht dessen digitale funktionsnahe Emulation, das ISDN-Netz.

Das Fax-Gerät ist eigentlich tot, weil es das Netz dafür nicht mehr gibt. Eigentlich kann man Fax-Geräte nicht mehr einsetzen, weil es die Infrastruktur dafür nicht mehr gibt.

Oh, ja, natürlich, es gibt Adapter. Es gibt noch Router mit analogen Telefonsteckern, wie sie etwa fast jede FritzBox hat. Und separate Geräte, sogenannte VoIP-a/b-Adapter. An die kann man noch Fax-Geräte anschließen.

Aber es ist Schwachsinn. Man scannt Papier mit einem längst veralteten und viel zu niedrig aufgelöstem Verfahren in lausiger Qualität ein, um das dann auf ein Analog-Signal zu modulieren, das man sofort wieder digitalsiert und mit einer Sprachkompression komprimiert, um die dann digital zu übertragen, und beim Empfänger denselben Schwachsinn zurückzuübersetzen. Analoges Papier -> Digitalisierung mit Bilddatenkompression-> analog per Modem -> Digitalisierung -> Sprachkompression -> Digitatle Übertragung -> Sprachdekompressoin -> Analog -> Digitalisierung mit Bilddekompression -> analoger Ausdruck.

Wahnsinn, ständiger Wechsel zwischen Analog und Digital. Niemand bei technischem Verstand würde das machen. Eigentlich gibt es nur noch einen Ort, an dem das Fax nicht fehl am Platz ist: Im Museum.

Baden-Württemberg, das „Ländle“:

Die Zeiten, in denen sie „alles außer Hochdeutsch“ konnten, sind lange vorbei.

Ständig redet man von Klima und Umweltschutz, aber überlegt mal, was diese 1.400 Faxgeräte an Strom und anderen Kosten ziehen, manche vielleicht noch mit Thermopapier. Selbst wenn man unbedingt noch Faxen wollte, würde man da einen zentralen Faxdienstleister verwenden, der das dann an den jeweiligen PC sendet.

Aber 1.400 Faxgeräte heißt ja auch, dass das Fax vorher am PC geschrieben, auf Papier ausgedruckt, und dann ins Faxgerät gesteckt wird, also noch eine Digital->Analog->Digitalisierungsstufe mehr.

Und das sind die, die uns – Energieversorgung, E-Auto, Datenschutz und so weiter – ständig technische Vorschriften machen wollen und glauben, alles besser zu wissen und zu können.