Ansichten eines Informatikers

Der Cyberbunker: Die deutschen Kryptoverbote und die totale Überwachung

Hadmut
20.9.2025 18:18

Ein Blick hinter die Fassade der Geheimdienste.

Einige Leser haben mich auf ein Interview im Youtube-Channel „{ungeskriptet} by Ben: Die totale Überwachung ist längst Realität (Xennt)“ hingewiesen, das erstaunliche – und meine Aussagen und Geschichte bestätigende – Einblicke in die totale Überwachung und Kryptosabotage in Deutschland liefere.

Ich wollte es mir zunächst mal anhören, bevor ich es empfehle und bin heute erstmals dazu gekommen, zumindest mal die erste Hälfte zu hören. Was leider ziemlich mühsam ist, weil es

  • drei Stunden dauert
  • und auf Youtube (zumindest, wenn ich es von Zypern live auf Youtube schaue) das Video alle paar Minuten, so oft durch Youtube-Werbung unterbrochen wird, dass man da kaum einen flüssigen Gedankenlaufen hören kann und ständig „Überspringen“ drücken muss. Freilich kann man das leicht umgehen, indem man das Video herunterlädt – was aber kollegial unvertretbar ist, weil der ja – wie ich – von Werbeeinnahmen lebt. Aber die hohe Dichte an Werbeunterbrechungen nervt gewaltig.

Es gibt auch eigentlich nichts zu sehen, weshalb das eigentlich besser als Podcast zum Anhören geeignet wäre.

Inhaltlich ist das sehr interessant.

Ich habe zwar vorher noch nie von diesem (Herman Johan) Xennt und seinem Cyberbunker gehört. Von verschiedenen Cyberbunkern habe ich schon gehört, aber nicht in Zusammenhang mit diesem Namen.

Und, um ehrlich zu sein, ich glaube ihm nicht nur nicht uneingeschränkt alles, was er erzählt, sondern auch fachlich erzählt er Dinge, die ich für sehr zweifelhaft halte, etwa wenn er behauptet, AES-512 erfunden zu haben, und zu behaupten, dass er eine selbst erfundene 512-Bit-Verschlüsselung verwende, die nur er habe, und die Sicherheit seiner Apps damit begründet, dass 512 Bit nicht zu knacken seien. Ich weiß nicht, was er kann. Aber es sind solche Aussagen, die so typische Amateur- und Möchtegern-Fehler sind. Und erwähnt auch keine Ausbildung oder wissenschaftliche Beschäftigung mit Kryptographie, sondern erzählt das alles so als jugendliches Abenteuer dahin. Sorry, das sieht nicht nach professionell sachkundig aus. Da sind Aussagen drin (z. B. „Spaghetti Code“), für die man in der professionellen IT-Sicherheits- und Kryptologenszene ausgelacht wird.

Das ist in diesem Zusammenhang aber auch egal, also geschenkt. Es reicht ja, dass die Geheimdienste und die Justiz ihn für so gut hielten, dass sie das, was er da gebaut hat, nicht knacken konnten und es sie störte.

Außerdem ist das vielleicht gerade deshalb wichtig, weil da einer nicht zu dem Kreis der anerkannten professionellen Kryptologen gehört, denn dass der Geheimdienst da die Finger drin hat, wer anerkannter Kryptologe werden darf, habe ich ja selbst erfahren. Und PGP ist ja auch nur entstanden, weil Phil Zimmermann damals die Schnauze vom US-Recht und Joe Bidens Gesetzen voll hatte und einfach mal loslegte, auch wenn anfangs mit Fehlern. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Professor Beth damals tobte und ausfällig rumschrie („dieses Arschloch..!“), weil ein Laie eine weltberühmte Kryptosoftware geschrieben hatte und mit der groß rumgereicht wurde, während sich keine Sau für ihn interessierte, der sich für einen der vier größten Kryptologen der Welt hielt. Ich hatte ihm mal gesagt, dass wir am Institut eigentlich bessere Software hatten und wir den Ruhm und die Berühmtheit hätten einstreichen können, wenn er uns nicht dauernd verbieten würde, Software herauszugeben und Papers zu schreiben. Dieses „Arschloch“ mache halt einfach das, was Beth uns verbiete. Ich habe das damals nicht verstanden, und heute sehe ich das anders, weil ich ja im Laufe der Jahre durch die Aufklärung der Abhöraktivitäten und seine Verwicklung zu der Überzeugung gekommen bin, dass Beth inoffizieller Mitarbeiter des BND sein musste, und der das nicht unbedingt aus eigener Dummheit verboten hatte (wie auch mein Kryptotelefon), sondern tobte und es als ungerecht empfand, dass CIA/NSA/BND es ihm verboten, während es so ein dahergelaufener Programmierer durfte. Aber Zimmermann „durfte“ es ja nicht, sondern der war bis dahin einfach so unbekannt und irrelevant, dass es ihm schlicht keiner verboten hatte (ich habe mal irgendwo einen Vortrag von ihm gehört).

Manchmal ist der Amateur da in gewisser Hinsicht sogar vertrauenswürger als der wissenschaftliche Profi, weil der wissenschaftliche Profi da in einem von den Geheimdiensten streng kontrollierten Raum arbeitet und wenn er sich nicht unterwirft, erst gar kein wissenschaftlicher Profi werden darf, professionelle Profis deshalb eigetnlic gar nicht mehr vertrauenswürdig sein können.

Auch wenn man das mit einiger Vorsicht anfassen muss, was Xennt da sagt, und der sicherlich aufgrund der Strafverfahren und Einreisesperren usw. allen Grund hat, nicht die ganze und nicht immer die Wahrheit zu sagen, oder vielleicht sogar gerade deshalb, weil er etwas halbseiden ist, ist das schon interessant, wie man versucht, ihm am Zeug zu flicken und da alles abzuhören und zu überwachen.

Der Mann hat zig Millionen mit seinem gebunkterten Rechenzentrum und seinen verschlüsselten Kommunikationsapps verdient, und das ist dann sehr naiv zu sagen, er habe nichts davon gewusst, dass die für kriminelle Machenschaften genutzt würden. Man habe ihm dann nach deutschem Strafrecht Bunker und alles Vermögen abgenommen.

Insofern ist das eine zweischneidige Sache. Für mich hört sich das nicht an, als sei er der unschuldige harmlose Bürgerrechts-Engel, als er der sich ausgibt. So naiv kann man gar nicht sein, zu glauben, dass das alles legal ist und Leute ihm dafür so viel Geld zahlen. Das Aroma, das bei mir ankommt, ist schon das, dass ihn das nicht interessierte und er sich von Kriminellen als Dienstleister gut hat bezahlen lassen. Es wird dann auch erwähnt, dass er eine zentrale Größe in der „Darknet-Welt“ ist, und die ist ja bekanntlich hochkriminell.

Ernstliche Geschäfte würde ich mit dem wohl nicht machen. Aber: Zuhören kann und sollte man ihm schon. Ich hätte auch Al Capone zugehört.

Und das schon allein deshalb, weil darin wieder ein paar Puzzlestücke für meine Fall auftauchen, nämlich dass deutsche Behörden keine Verschlüsselung dulden, die sie nicht abhören können, und die zu verhindern suchen.

Nun habe ich zwei von drei Stunden gehört, komme aber die nächsten Tage nicht dazu, die dritte Stunde zu hören.

Aber soviel ist sicher: Es gibt eine Menge Stellen, Behörden und Mechanismen in diesem Staat, die damit beschäftigt sich, Kryptographie, die sie nicht abhören können, nicht zu dulden.