Ansichten eines Informatikers

„Kommunalka“

Hadmut
15.9.2025 18:17

Heute mal was aus dem Russischen.

Hallo, Herr Danisch!

“Braucht wirklich jede Wohnung eine Küche?” – Hatten wir schon ganz real in der Sowjetunion. Nannte sich “Kommunalka”. 1-2 Zimmer pro Familie, Bad und Küche für alle.

Entsprechend versifft, voller Ungeziefer und kaputt war das alles. Meine Eltern haben in den 60ern in Charkow studiert, damals noch Sowjetunion, die kannten das aus erster Hand. Ihr Urteil war vernichtend. Irgendwer sagte einmal: Man kann die Menschen mit einer Wohnung töten wie mit einer Axt. Eine Kommunalka ist definitiv eine der Möglichkeiten dafür…

Typische marxistische Idee. Gab es schon, hat sich nicht bewährt, wird jetzt wieder aus der Mottenkiste sozialistischer Ideen ausgebuddelt. Von Leuten, die es nicht treffen wird. Also wie gehabt.

Ja, kenne ich aus dem Studentenwohnheim.

Da gab es auch Gemeinschaftsküchen, die gingen gerade noch, weil pro Flur.

Ich kam mal so nachts um zwei oder drei von irgendwoher rein, alles schon still und ruhig, und kam gerade so aus dem Treppenhaus in den Flur, als ich sah, dass die Küche völlig verraucht war. Ich dachte, da hätte vielleicht jemand geraucht und einen Schwelbrand auf dem Wohnzimmersofa nebendran ausgelöst, und wollte schon Feueralarm geben und alle wecken, als ich gemerkt habe, dass der Rauch aus der Küche und nicht dem dahinterliegenden Wohnzimmer kam. Erst mal geguckt.

Ach, Amadou wieder am Kochen. Gaststudent irgendwo aus Schwarzafrika. Der kochte immer volles Risiko, unter voll aufdrehen machte er es nicht. Und an dem Tag wollte er Hühnchen machen. Was hat er also getan? Er hat ein Tiefkühlhähnchen aus dem Supermarkt, noch eingeschweißt in der Folie und noch steinhart gefroren, so am Stück, wie es war, in den kleinen Tischbackofen gesteckt, und – Afrikaner kennen keine Furcht – voll aufgedreht. Was passiert, wenn man beim Backofen voll und über die 200 Grad aufdreht? Genau, dann schaltet man die Grillröhre oben ein. Und was passiert, wenn man den Ofen auf Grill stellt, die Grillröhre oben angeht und das Tiefkühlhähnchen oben gegen die Röhre drückt? Genau. Die Plastikfolie verbrennt und raucht, während die untere Hälfte des Hähnchens noch ein Eisblock ist. Also habe ich den Stecker gezogen, Amadou lauthals gestaucht und Teufel und Hölle geheißen, ob er noch alles Tassen im Schrank habe und uns alle umbringen wolle, worauf er mit seinem halt gefroreren, halb mit verbranntem Plastik verkokelten Hähnchen beleidigt abgezogen und in seinem Zimmer verschwunden ist. Ich habe mich ins Bett gelegt. Als ich am nächsten Morgen wieder in die Küche kam, erzählten mir ein paar, dass sie nachts von meiner Schelte aufgewacht und mitbekommen hätten, was passiert sei, und dann so erstaunt wie amüsiert zugesehen hätten, wie Amadou selbiges Huhn am nächsten Morgen nochmal reingesteckt hatte, wobei sie die Wiederholung der Verrauchung zu verhindern wussten, und ihm dann beim Verzehr des Huhns „halb/halb“ zugesehen hatten.

Wir hatten aber auch Gemeinschaftswaschküchen mit Waschmaschinen und Wäschetrocknern, und die waren richtig gruselig. Ab und an kam es eben vor, dass Leute experimentell in den Wäschetrockner geschissen und dann eine Münze eingeworfen und eingeschaltet haben. Da war dann „die Kacke am Dampfen“, doppelt, im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Und die Duftnote, da kommt kein Weichspüler mit.

Wir hatten deshalb eine eigene Waschmaschine auf dem Flur.