Ansichten eines Informatikers

Lesefähigkeit

Hadmut
14.9.2025 16:35

Quality is a myth.

Vorhin im Deutschlandfunk glaubte ich meinen Ohren kaum zu trauen. Eine Dozentin einer Filmhochschule berichtete, dass ein Drittel ihrer Studenten – Abiturienten also – nicht mehr in der Lage ist, komplexere Texte zu lesen. Die Lesefähigkeit habe deutlich abgenommen. Früher sei das nicht so gewesen. Die Dummheit hat zugenommen, um es harsch zu sagen.

Und was entgegnet der Deutschlandfunk-Redakteur? Sinngemäß: „Die können vielleicht nicht so gut lesen, aber trotzdem gute Filme machen.”

Diese Verharmlosung, dieses Achselzucken angesichts einer so ernsten Entwicklung ist erschreckend. Denn die Lesefähigkeit ist eine Grundfähigkeit, die allem anderen vorausgeht – auch dem Filmemachen. Sie hängt unmittelbar mit der Urteilsfähigkeit zusammen, also mit der Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu durchdringen und zu begreifen; diese Fähigkeit braucht man auch, um gute Filme zu machen.

Wer so tut, als sei es gleichgültig, ob ein Drittel der Studenten komplexe Texte versteht oder nicht, der verharmlost nicht nur ein Problem, sondern den gesellschaftlichen Niedergang.

Wie lesen die denn dann das Drehbuch? Oder nehmen die nur noch diese gezeichneten Storyboards mit Sprechblasen?

Das Thema hatte ich ja gerade bei der Unfähigkeit, indirekte Rede zu verstehen, angesprochen. Die Leute verblöden.

Obwohl: Korrelation und Kausalität. Könnte auch umgekehrt sein, dass die, die nicht lesen können, einen verstärkten Drang nach Filmhochschule haben, weil sich Analphabeten dran gewöhnt haben, Videos zu schauen statt zu lesen, und das Filmemachen heute viel einfacher ist und die Kameras mit Symbolen funktionieren.

Rein theoretisch (glaube ich natürlich nicht, aber aus wissenschaftlicher Sorgfalt) könnte das auch bedeuten, dass es nicht mehr Analphabeten gibt als früher, aber die heute leichter an ein Abitur kommen und sich auf der Hochschule einschreiben können, während sie früher Straße kehren sollten. Es könnte also sein, dass es nicht mehr Analphabeten gibt, nur einfach mehr Analphabeten mit Abitur. Vermutlich aber beides.

Und die gehen dann halt zu Film und Fernsehen, und dann kommen da solche Aussagen wie Charlie Kirk habe Steinigungen verlangt heraus. Ich bin ja mal gespannt, was die beim Fernsehen dann machen, wenn die den Teleprompter nicht mehr lesen können.

Solche Leute habe ich gern: Nicht lesen können, aber Pressefreiheit für sich beanspruchen.