Notspeisung im 21. Jahrhundert
Die Speisung der 25.000 – Jesus konnte nur 5.000.
Stabsalarm bei der Berliner Feuerwehr https://t.co/aU9QdDzQRV
— Berliner Feuerwehr (@Berliner_Fw) September 9, 2025
Ich finde das frappierend, wie weit man da zur nächsten „Notrufannahmestelle“ gehen soll – und dass die Feuerwehr zur Mitteilung die Dienste eines amerikanischen Privatunernehmens braucht.
In meiner Jugend standen in der Stadt noch überall diese grünen Notrufsäulen herum, die man schon lange nur noch im Museum findet, wenn überhaupt:
Nur 13,7 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte verfügte 1963 über ein eigenes Telefon.
1958 wurde die erste Notrufsäule in Düsseldorf vorgestellt. Bis in die 1960er-Jahre wurden die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit rund 3.000 dieser Meldeeinrichtungen ausgestattet.
Nun beklagen die Leute, dass es heute keine analogen Telefone mehr gibt:
Es passieren jetzt genau die Dinge, vor denen wir die ganze Zeit warnen…
Natürlich funktioniert der Notruf nicht mehr, mit der Umstellung auf IP basierte Telefonie, ist die Möglichkeit einer flächendeckenden Notstromversorgung für's Telefonnetz abgeschafft worden. pic.twitter.com/DqGLlZ07IJ— Simon Erklärbär Stand with #unterhaken2022 (@sk_bright17) September 9, 2025
Was viele heute nicht mehr wissen (oder noch nie wussten):
Zur Zeit der analogen Telefone hatten Telefone in der Wohnung keinerlei Stromanschluss. Die wurden komplett von der nächsten Vermittlungsstelle über die Kabel gespeist. Und diese Vermittlungsstellen hatten große Akkubänke, mit denen sie die Telefone auch bei völligem Stromausfall für Stunden oder Tage in Betrieb halten konnten.
Erstaunlicherweise, und auch das wissen viele nicht, hat man das Konzept bei ISDN weitererhalten. ISDN-Telefone wurden zwar im Normalbetrieb lokal in der Wohnung über Steckernetzteile oder die lokale Telefonanlage über das ISDN-Kabel mit Strom versorgt – es gab aber auch da einen Notspeisebetrieb über die Vermittlungsstelle, auch wenn das nur ganz wenig Strom war, für nur ein „notspeisefähiges“ Telefon. Dann nämlich drehte sich die Polarität der Stromversorgung, und nur ein einziges Telefon in der Wohnung durfte den Notspeisebetrieb eingeschaltet haben, also mit umgekehrter Polarität funktionieren, und auch das nur im minimalen Notbetrieb – also kein Lautsprechen oder keine leuchtenden LEDS oder sowas. Ich hatte damals sogar eine Telefonanlage mit einem eingebauten Relais. Fiel der Strom aus, dann fiel auch das Relais ab und schaltete automatisch die interne ISDN-Leitung auf die Außenverbindung durch, damit das notspeisefähige Telefon auch hinter der Telefonanlage funktionieren konnte.
Alles das hat man dann beim Umstieg von ISDN auf VoIP einfach komplett fallen gelassen.
Kunststück: Übertrage mal eine Notspeisung über Antennenkabel oder Glasfaser. Und selbst wenn es ginge: Was nutzt einem eine Notspeisung, wenn der Anwender kein solches Telefon mehr hat und nur noch über seinen Router oder DECT telefoniert? Es sagt sich alles so einfach. Das Telefonkabel ist ein Anachromismus, und man braucht nicht den Erhalt alter, sondern neue Lösungen.
Man ging davon aus, dass die Leute längst genug Handys haben, um auch im Notfall telefonieren zu können. Pustekuchen. Bei größeren Stromausfällen fallen immer auch die Handys aus.
Was also tun?
Wenn nichts mehr funktioniert?
Meines Erachtens müsste man durchaus auch weiter eine Notspeisung betreiben – nur eben nicht mehr über die Telefonleitung, die ist total veraltet (und existiert auch gar nicht mehr überall, wurde durch Glasfaser ersetzt).
Zunächst mal müsste es in jeder Wohnung (oder jedem Haus) Notstromakkus geben:
- Notbeleuchtung
- Radio
- Je nach Haus Wasserpumpen
- Fahrstühle bis zur nächsten Etage fahren und Türen öffnen
- USB: Taschenlampen und Handys laden.
- Türsprechanlagen und Türöffner
- Überwachungskameras, Alarmanlagen usw.
- Rolläden und Garagentore hochfahren
- Glasfaserrouter betreiben für Telefon, Fernsehen, ggf. ohne WLAN
- Für Bedürftige Beatmungsgeräte, Medikamentenkühlschränke und so weiter betreiben.
- Böses Thema: Heizung. Eine Gas- oder Ölheizung kann man mit wenig Strom betreiben, aber eine Wärmepumpe? Wie stellt man den Frostschutz sicher?
Naheliegenderweise natürlich mit Nachladen über Solarzellen.
Man könnte auch darüber nachdenken, ob die Glasfaserrouter in den Vermittlungsstellen einen stromsparenden Minimalmodus anbieten, in dem nur noch Telefonieren und der Zugriff auf Katastropheninfo-Webseiten möglich ist, damit die nicht so viel Strom verbrauchen.
Also: Notstrom ja, aber die alte Methode mit analogen und ISDN-Telefonen ist erledigt. Man wird keine analogen Telefone behalten können, um im Notfall ein bisschen Notstrom zu haben, das ist nicht deren Zweck.
Wir müssen dringend Wohnungen mit Notstromakkus ausstatten, wenn sie nicht sowieso schon Solarakkus haben. Wir müssen dazu eine Notbeleuchtung haben, wenn der Akku nicht stark genug ist, die normale Beleuchtung zu betreiben, und Taschenlampen, Handys, Radios laden.
Apropos Radio: Wer von Euch hat ein USB-ladefähiges DAB+-Radio?
Wir müssen uns also etwas Neues überlegen.
Ich war mal in Lesotho, in Südafrika. Bettelarmes Land. Die können sich nicht leisten, die Ortschaften und Wohnungen mit Stromleitungen zu versorgen. Deshalb verfolgen die den Plan, jede Hütte mit ein paar Solarzellen und einem kleinen Akku auszustatten, damit man dort abends wenigstens etwas Licht hat, damit die Kinder ihre Schulaufgaben machen können. Wenn die das können, sollten wir das auch können.
Lange Jahre war die Stromversorgung völlig stabil. Ich kann mich nicht erinnern, dass es in meiner Jugend irgendwo einen größeren Stromausfall gegeben habe. Vielleicht hat mal ein Bagger ein Kabel abgerissen und einen Straßenzug lahmgelegt, aber keine ganzen Stadtteile. Doch in Berlin gab es in den letzten Jahren doch mehrfach ganze Stadtteilausfälle, und mindestens zwei davon beruhten auf linken Anschlägen. Also können wir uns nicht mehr auf die Stromversorgung verlassen.
Mich würde mal interessieren
Wie hoch der Schaden durch diesen Anschlag war. Beispielsweise, wieviele Lebensmittel durch ausgefallene Kühlschränke verdorben sind. In den Supermärkten. In den Wohnungen. Wie hoch ist der Wert aller gekühlten und tiefgekühlten Waren in einem typischen Aldi oder LIDL? Dazu kommen ja noch die ungekühlten, die aber Klimatisierung voraussetzen. 10.000 Euro pro Laden? 50.000?
Es heißt immer, vielen Leuten sei das Geld so knapp, dass sie sich kaum Essen leisten könnten, nicht wüssten, wie sie über den Monat kommen.
Was ist, wenn diesen Leuten ein Kühlschrank voll Lebensmitteln verdorben ist? Wenn ihnen das Geld fehlt, diese nachzukaufen? Oder es für einige Tage gar keine preisgünstige Bezugsquelle gibt?
Tolle linke Aktion. So sozial.
Vielleicht sollte man „Notspeisung“ nicht nur auf Strom, sondern auch auf Lebensmittel beziehen.
Die 15-Minuten-Stadt
Ich hatte kürzlich mal ausgerechnet, dass eine 15-Minutenstadt einen maximalen Durchmesser von 1km haben kann. Das Gebiet des Stromausfalls ist aber größer. Was machen Leute, die kein Auto mehr haben?