Billig verdrängt Qualität
Und ärgern, und ärgern, und ärgern …
Sehr ärgerlich.
Ich habe so einen Faible für kleine, gut verarbeitete Taschenlampen. Ich hatte mir vor einigen Jahren für Reisen so eine ganz kleine Taschenlampe gekauft:
- Größe wie ein kleiner Schlüsselanhänger
- Edelstahlgehäuse, schier unkaputtbar, sehr gut verarbeitet
- Aufladbar mit USB-C
- Normale Taschenlampe nach vorne, aber an der Seite eine Reihe von Funktions-LEDs: Breite Leuchte, UV-Licht zum Geldscheinprüfen, Alarmleuchten blau/rot
Schön war sie nicht, aber richtig gut. Kostenpunkt meiner Erinnerung nach so um die 20 Euro. Teil meiner Reiseausstattung. Hatte ich in Japan dabei.
Wieder zurück in Deutschland, als ich den Kram wieder einsortiert habe: Verdammt noch eins, die Lampe fehlt.
Ich bin mir auch ziemlich sicher, wo mir die Hops gegangen ist, falls sie nicht noch irgendwo anders auftaucht. Ich hatte mal im Hotelzimmer meinen ganzen Krempel auf den Boden geschüttet, weil es da keinerlei Schrank, keine Ablagegelegenheit gab, bis ich mir da Baumwollbeutel gekauft hatte. Es könnte sein, dass sie unter das Bett gerollt ist, ich hatte mir nämlich vorgenommen, unter dem Bett nachzuschauen, das aber vergessen.
Gibt noch eine andere Möglichkeit. Normalerweise nämlich, gewohnheitsmäßig, habe ich die Lampe bei Nachtflügen im Bordgepäck, falls einem im dunklen Flieger irgendwas runterfällt oder so. Ich habe am Rucksackbeckengurt vorne kleine Fächer, deren Reißverschlüsse aber notorisch aufgehen. In der Hektik beim Einsteigen hat mich jemand angerempelt und mir war so, als hätte ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung gesehen, als ob irgendetwas herunterfällt, und auch dort sofort gesucht, aber nichts gesehen. Und beim Einsteigen kann man auch nicht einfach sagen, sorry, mir war so, als könnte mir irgendetwas heruntergefallen sein, Ihr bleibt jetzt mal alle stehen, bis ich den Flieger durchsucht habe.
Jedenfalls ist sie weg. Dieses spezielle „weg“ von der Sorte „nicht mehr da“.
Was mich subjektiv sehr ärgert. Objektiv aber nicht so schlimm ist, denn gemessen an der Haltbarkeit solcher Akkus war die ohnehin nahe End of Life. Die müsste so sechs, sieben Jahre alt gewesen sein. Ich kann mich erinnern, dass ich sie 2019 in New York dabei hatte. Und Akkus dieses – und jüngeren – Alters musste ich schon einige auswechseln. Also ist das jetzt auch nicht so schlimm, obwohl es mich natürlich sehr wurmt. Es wurmt mich ganz besonders, dass ich etwas verloren habe. Ich verliere nämlich normalerweise keine Dinge. Ich mag das nicht. Oder sagen wir mal, ich verliere ungern Dinge. Ich habe mal in Australien eine Aluleiste vom Stativzubehör verloren, und in Dubai ist mir auf der Expo in der Dunkelheit beim Fotografieren eine Stange aus der Fototasche gerutscht. In Kyoto ist mir eine Speicherkarte aus der GoPro geflitscht, die noch habe fliegen gesehen, aber nicht wohin, und nicht mehr gefunden habe.
So etwas ärgert mich wahnsinnig. Weil es meines Erachtens nicht vorkommen darf und nicht vorkommen muss. Das treibt mich dann um. Obwohl ja eine alte Weisheit besagt: „Ein bisschen Schwund ist immer“, und es immer sehr wichtig ist, nach der Rückkehr seinen ganzen Reisekram durchzuprüfen und wieder zu ergänzen. Ich kann das einfach nicht ab, Dinge zu verlieren, weil das bei Sorgfalt nicht passieren kann.
Vor allem, weil mir das früher nie passiert ist. Ich habe, bis zum Alter von etwa 45 oder 50 nie etwas verloren. Werde ich tüddelig? Oder ist es einfach so, dass sich die Ausrüstung, das Zeug, was man hat, so verändert hat, dass man es leichter verliert? Früher gab es so kleine Taschenlampen nicht, und früher hat man auch viel weniger Kleinkram in der Fotoausrüstung herumgeschleppt. Liegt es vielleicht gar nicht an mir, sondern an der Miniaturisierung?
Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich von Volumen und Gewicht weniger Gepäck dabei hatte als auf früheren Reisen – aber viel mehr Teile. Kleinteile. Kleinkram. Allein schon das Sammelsurium an USB-Kabeln und -Adaptern, Stromkabel, pi, pa, po.
Weil es mich also wurmte, wollte ich die Lampe nachkaufen.
Gibt es nicht mehr.
Das heißt, es gibt sehr ähnliche, die funktional gleich sein, gleiches Design, aber aus Plastik, kosten dafür aber nur noch 2,50 bis 4,00 Euro.
Gut, dachte ich, billig ist auch gut, und habe zwei verschiedene Modelle bestellt, die sehr ähnlich aussahen, aber statt eines Gehäuses aus Edelstahl durchsichtiges Plastik. Die werden nicht so lange halten, aber hoffentlich so lange, bis ich in Ruhe wieder eine ordentliche Lampe gefunden habe.
Kamen heute.
Brrr.
Die sahen auf den Fotos genauso klein aus, aber eine ist eineinhalb mal so lang und so dick und die andere doppelt so lang und so dick (=achtfaches Volumen).
Funktional machen die genau dasselbe wie meine Verblichene. Vorne leuchten, Seite leuchten, UV leuchten, Alarmgeblinke. Gleiches Prinzip. Vielleicht sogar gleicher Chip.
Aber die Qualität ist deutlich schlechter, das Frontgewinde sitzt schon locker und bei einer wackelt der Akku im Gehäuse. Und statt dem unkaputtbaren Edelstahlring haben die so ganz billige Anhängerkettchen, die schon reißen, wenn man sich dreckige Gedanken macht. Die Gummikappen so schlecht, dass man sie gar nicht auf den USB-C bekommt, um ihn abzudichten.
Bei der großen lassen sich die Seitenlampen zwar einschalten, aber die UV-Lampe ist Schwindel: Die leuchtet zwar, da passiert aber gar nichts. Bei der kleineren lassen sich die Seitenlampen gar nicht einschalten. Und zuverlässig einschalten lässt sich die kleinere auch nicht. Laut Anleitung Lang drücken = Kurzzeithellleuchten. Zweimal gleich vorne ein. Dreimal gleich Seitenleuchten ein. Vorne geht aber nur manchmal, und Seite geht gar nicht.
Ich habe ja nicht erwartet, für 2,50 Euro gute Qualität zu bekommen. Aber die Qualitätslampe für 20 Euro gibt es ja nicht mehr.
Ein typisches Beispiel dafür, wie Billig-Schrott Qualität verdrängt. Obwohl die ganz offenkundig „inspieriert“ sind, dasselbe Prinzip verfolgen.