Ansichten eines Informatikers

Über Laien und IP-Adressen

Hadmut
3.6.2022 17:56

Ah, es gibt nähere Informationen zum Gerede der Nancy Faeser.

Innenminister: Nutzer über IP-Adresse identifizierbar machen

Über die IP-Adressen der Computer sollen künftig im Kampf gegen Kriminalität im Internet Identitäten von Nutzern für Ermittler zuzuordnen sein.

Darüber herrsche bei den Innenministern der Länder und des Bundes Einigkeit, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU), in Würzburg.

«Wir müssen durchsetzen, dass jedenfalls gegenüber den Providern offengelegt wird, welche Identitäten sich hinter einer entsprechenden IP-Adresse verbergen», sagte Herrmann und fügte hinzu: «Da sind wir uns einig.» Herrmann verspricht sich vor allem bessere Erfolge im Kampf gegen Kinderpornografie im Netz. Es werde deutlich, dass immer mehr Fälle bekannt werden, je genauer die Ermittler hinsähen.

Es müsse möglich sein, dass Menschen im Internet anonym unterwegs sein können. Man müsse aber zu einem Konzept kommen, dass zumindest der Provider die Klarnamen wisse und diese auf einen richterlichen Beschluss dann auch herausgebe.

Das hatten wir eigentlich schon mal. Es nannte sich „Vorratsdatenspeicherung“.

Oder genauer gesagt: Das wissen die Provider schon lange, wer – genauer: welcher Vertragspartner – sich hinter einer IP-Adresse verbirgt. Genauer gesagt: Der dem Nutzer zugewiesenen IPv4-Adresse und IPv6-Adressraum.

Weil die das nämlich nicht einfach nur so zum Spaß machen, sondern das deren Geschäft ist und die Geld dafür nehmen, und deshalb nur Kunden die IP-Adresse vergeben. Deshalb wissen die zu jedem Zeitpunkt, wer hinter einer IP-Adresse steckt.

Der Knackpunkt ist, dass sich das oft, normalerweise täglich im DSL-Bereich ändert, und das Datenschutzrecht und Telekommunikationsgeheinnis den Anbietern nicht erlaubt, sich das länger zu merken, als sie das selbst brauchen. Deshalb gab es die Vorratsdatenspeicherung, die sie (bei IP-Adressen, bei Telefon gibt es da noch etwas anderes) verpflichtete, die Zuordnung für gewisse Zeit aufzubewahren.

Eigentlich also war das genau das, was die hier beschreiben, aber sie scheinen das nicht zu wissen.

Das ist auch nicht so ohne weiteres klar, wie das mit IPv4 funktionieren soll, weil da – bei normalen Privatnutzeranschlüssen – jeder Anschluss nur eine IP-Adresse hat, hinter der sich dann alles per NAT verbirgt. Wenn die damit also meinen, dass man noch genauer jeden Nutzer identifizieren kann, wäre die Frage, wie das gehen soll.

Bei IPv6 dagegen gibt es mehr als genug IP-Adressen, damit jeder seine eigene hat. Das führt aber dazu, dass ich jeden Tag – je nach Anschluss – 264, 272 oder sogar 280 IP-Adressen benutzen und die alle auf Zufallsnamen registrieren und jede Speicherkapazität sprengen kann.

Geballte Kompetenz am Werk. Mal sehen, wie es weitergeht.

Irgendwie aber merkt man das immer wieder, dass die mit Gewalt irgendwas gesetzlich durchsetzen wollen, was sie nicht kapiert haben. Ich hatte schon mal von einem „Schweinezyklus“ geschrieben, wonach dasselbe Problem etwa alle zehn Jahre neu hochploppt, weil etwa alle zehn Jahre das politische Personal einmal durchgetauscht ist und keiner auf die Idee kommt, sich zu informieren, man es jedem neu erklären muss.

Ich bin überaus gespannt, was die da noch anstellen.