Ansichten eines Informatikers

Schöne neue Welt…

Hadmut
9.12.2009 1:44

Über Google, Android und die immer stärkere Überwachung berichtet dieser höchst lesenswerte Artikel. Schöne Zusammenstellung. Und nährt erneut meine Vermutung, die ich schon seit 10 Jahren hege, daß hinter Google in Wirklichkeit NSA/CIA stehen. Schon vor 10 Jahren war es auffällig, daß die Suchmaschine eine hervorragende Ausrede und Tarnung für das regelmäßige Überwachen aller Webseiten abgeben würde. Dazu muß man auch wissen, daß die amerikanische Sicherheitsmentalität schon immer (und gerade wegen der fehlenden Meldeämter und der fehlenden Bindung an eine Identität) auf die Überwachung von Aufenthaltsort, Absichten, Kommunikationsverbindungen aus war. Noch gar nicht berücksichtigt in dem Artikel ist, daß auch Textdokumente, Tabellen, Vortragsfolien ja künftig über Google bearbeitet werden sollen, und daß man mit Chrome schon ein Betriebssystem vorbereitet und billig unters Volk bringt (auch deshalb billig, weil es mit billigerer Hardware auskommt), das praktisch gar nichts mehr lokal erledigt.

Und Android ist tatsächlich so etwas wie eine weltweite Erstellung von Bewegungsprofilen – ohne die Provider zu involvieren. in den USA hat Google gerade an oft gesuchte Läden Aufkleber mit Barcodes verschickt, die das Handy direkt lesen kann – und man damit weiß, wo es ist. Android bietet an, daß es bei jeder Google-Anfrage den Ort mit überträgt. Das hat Vorteile, weil man Antworten aus der Nähe bekommt – etwa wenn man eine Pizza sucht. Aber dann weiß eben auch Google sofort, wo man gerade ist. Und inzwischen personalisiert Google ja auch die Anfragen von nicht angemeldeten Leuten. Das alles kommt mit fühlbaren Vorteilen daher, die Leute dazu animieren, da mitzumachen.

Lange wurde gerätselt, wie denn der (amerikanische) Bundestrojaner funktionieren soll, wie die Überwachung auf die Rechner kommt. Nicht durch irgendwelche pickeligen Hacker. Die Leute holen sich den selbst rein. Wie beim trojanischen Pferd.

Interessanter als der Jailbreak dürfte sein, ein Android so zu entkernen, daß man es nutzen kann, ohne daß Google etwas davon sieht.

5 Kommentare (RSS-Feed)

Der große Unterschied zwischen Google und staatlichen Überwachungsbestrebungen ist jedoch, dass man bei Google selbst bestimmen kann, was man nutzt und was für Daten man dafür sammeln lässt: die personalisierte Suche kannst du abschalten, die bequemen Tools des Handys braucht man nicht nutzen etc. usw. Google Chrome bietet schon gleich ein ankreuzares Kästchen, mittels dem man die Datensammlung abwählen kann. Und anders als andere große Anbieter ermöglicht Google sehr komfortabel den Weggang/Ausstieg aus genutzten Tools (GMail, GDocs etc.) MIT allen eigenen Daten!

Mehr dazu in dieser Diskussion über das “Verhältnis zu Google”

http://webkompetenz.wikidot.com/blog:71


yasar
9.12.2009 11:37
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Ich würde eher sagen: Google läßt einem die Illusion, daß man selbst bestimmt, was man an Daten preisgibt.

Tatsache ist aber, daß es unerheblich ist, ob ich in irgendeinem Kästchen ein Häkchen mache. Die Frage ist, was macht google daraus? Ich weiß, die haben das mantra “we won’t be evil”, aber was passiert, wenn sie das Monopol haben?

Und das wesentliche an den Google-Diensten ist ja, daß man sie nur dann richtig nutzen kann, wenn man genügend Daten liefert. Anonsten wird es unbequem. Beispiel:

Wenn man den Routenplaner von google-maps nutzen will, muß man mehr oder weniger preisgeben, wo man sich befindet und wo man hinwill. und diese Daten hat google dann auf jeden Fall.

Hier könnte man wunderbar Auswertungen über Verkehrsströme zusammenstellen, die bei passender Motivation z.B. dazu dienen könnten, Sicherheitspersonal an den richtigen Wegen zu postieren, zu welchem Zweck auch immer.

yasar


Christian
11.12.2009 13:05
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@yasar: Dass ich mir eine Route aussuche, heißt nicht, dass ich sie auch wirklich fahre. Ich könnte sogar auf die Idee kommen, dass jemand anders, der weiß, dass ich von A nach B will, bei Google Maps meine Route vorherzusagen versucht und so gerade diesen Weg meiden.

Ich nutze gerne Google-Dienste, aber eben nicht für alles und manche auch gar nicht.


nullplan
30.3.2010 12:09
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Auch, wenn der Beitrag schon alt ist, noch ein Kommentar:

@yasar: Bist du nicht ein bisschen zu paranoid? Ich mein ja nur: Google bietet einen Haufen Dienste an, die man alle benutzen kann oder nicht.

Beispiel Routenplanung ist ja nett: Da hat vor langer Zeit mal jemand in eine Witze-Newsgroup gepostet: Lasst euch mal von Google Maps die Route von Wien nach New York berechnen und guckt euch Punkt… öhm… 33 oder so an.

Der Witz war, dass Google Maps an dem Punkt schrieb “Schwimmen Sie durch den Atlantik”.

Aber gut, als ich den Witz rumerzählt habe, hat Google wohl festgestellt, dass ein Haufen IPs aus Deutschland plötzlich von Wien nach New York will. Obwohl das keiner machen wollte, die wollten alle nur “Schwimmen Sie durch den Atlantik” lesen.

Oder anderes Beispiel: Wenn ich von hier in die nächste größere Stadt will und nur eine Adresse habe, dann lasse ich mir von Google Maps nur den Zielpunkt anzeigen, denn in der Stadt kenne ich mich halbwegs aus. Dann wüsste Google nur meinen Zielpunkt, und anhand der Tatsache, dass ich dann noch südlich davon liegende Karten nachgeladen habe, dass ich mich wohl von Süden nähern werde. Mehr aber auch nicht.

Und noch haben wir nicht IPv6, also habe ich jeden Tag eine neue IP-Adresse. Also können die nicht mal Daten über mich sammeln. Sofern ich mich nicht bei Google anmelde, natürlich.

Oder wenn ich bspw. nach München will, dann will ich i.A. nicht wissen, wie ich von hier zur Stadtgrenze von München, sondern von dort an mein Ziel komme. Also wähle ich einen Routenstartpunkt auf dem Weg.


yasar
30.3.2010 17:13
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Route mit Schwimmen kenne ich auch. War eigentlich ganz lustig und ist leider wieder weg.

Aber zurück zum Thema. Dur brauchst google keine Route berechnen zu lassen. Du lieferst denen in dem Augenblick Daten, Indem Du eine Adresse nachschaust. Ob und was google damit was anfangen kann ist deren Geheimnis. Wenn Du zufällig viele Bekannte hast, die in der Nähe von einschlägigen Moscheen wohnen, könnte die vielleicht auf falsche Gedanken kommen, selbst wenn Du immer nur die Zielpunkte nachschaust.

Aber wie auch immer: Ich schätze Google als schlau genug ein, auch aus den absichtlich “falschen” oder reduzierten Daten Ihre Rückschlüsse ziehen zu können.

PS: Auch ich nutze google, versuche aber recht sparsam mit Daten zu sein.