Australien ist auch nicht mehr das, was es mal war
Schießerei am Bondi Beach.
Zu den Dingen, die mir an Australien immer so gefielen, gehörte, dass es so weitgehend gewalt- und kriminalitätsfrei war. Zwar nicht so zu 100% wie manche andere Länder, bisschen was war schon, und im Outback gab es ja mal Fälle von ermordeten Rucksacktouristen, aber grundsätzlich war Australien komplett gefahrlos was Kriminalität angeht. Eigentlich wurde einem nicht einmal etwas geklaut. Wenn man etwas verliert, rufen die einem noch hinterher. Ich wollte mal auf einer Australienreise am Anfang in Melbourne in einem Outdoorladen ein Sicherheitsstahlnetz von Pacsafe kaufen, um Kamerazeugs darin zu sichern. Der Verkäufer (!) fragte mich, wo ich hinwolle, in welches Land. Na, Australien. Er sagte mir, ich soll das da lassen und nicht kaufen, Geldverschwendung, keine Sau klaut etwas in Australien. Ich hatte mal auf einer Reise auf einem großen Passagier-Schiff einen (etwas unterbelichteten) Australier aus der Reisegruppe gebeten, ob er auf meine Kamera aufpassen könne, weil er sowieso am Tisch saß und ich mal raus ins Mistwetter wollte. Ich kam nach 10 Minuten zurück, und er war weg, und die Kamera stand auf dem Tisch. Da war ich zunächst stinksauer, weil er mir versprochen hatte, darauf aufzupassen. Mehrere Australier sagten mir dann aber, dass für Australier unverständlich sei, worum ich gebeten hatte. Es klaue in Australien niemand. Man fasste das als Beleidigung auf. Die Kamera stehe doch sicher, sauber, trocken auf dem Tisch und nichts könne ihr zustoßen. Wo das Problem sei. Dass einem in Deutschland und vielen anderen Ländern eine unbeaufsichtigt herumstehende Kamera recht schnell verdunstet, wollten sie nicht glauben. (Dass wir nackt und gemischt zum FKK, Baden, in die Sauna gehen, war für sie allerdings auch unvorstellbar.)
Ich habe dort auch überhaupt kein Gefährdungspotential erkennen können.
In Sydney bin ich mal spät abends in der Dämmerung durch einen Park unweit des Opernhauses gelaufen, als plötzlich drei richtig böse, finster, gefährlich aussehende Typen auf mich zukamen. Ich mich so in einer Gefahrensituation gesehen, aber ich habe da den Grundsatz, niemals ängstlich zu reagieren und etwa die Kamera schnell zu verstecken, sondern immer offen geradeaus als wäre nichts – und wenn mir einer die Kamera abnehmen will, dann werde ich keinen Kampf riskieren, und das als Versicherungsfall betrachten. Die kamen also auf mich zu, aha, ja, ne schöne Nikon hätte ich da. Ob ich Fotograf wäre. Nein, nicht hauptberuflich, Amateur und so. Ah, wenn ich mich damit auskenne – sie hätten nämlich ein Problem mit ihrer Nikon, ob ich ihnen da weiterhelfen und ihnen was erklären könne. Sie wollten sich gegenseitig fotografieren, und das Blitzen erzeugte nur Mist. Gesicht schwarz oder Hintergrund schwarz. Also habe ich ihnen das Problem und die Lösung erklärt und gezeigt, wo man an der Kamera das Blitzen mit Langzeitbelichtung einstellt, und sie waren happy – und übrigens trotz ihres bedrohlichen Aussehens völlig nette und friedliche Leute, die einfach nur fotografieren wollten und an einer Stelle nicht weiter kamen.
Auch am Bondi Beach war ich mal. Und fand ihn völlig überbewertet, überlaufen, überteuert. Ist halt so die Schicki-Micki-Bucht. Eigentlich schön und gut, aber so gerammelt voll, dass das kaum mehr Spaß macht. Der Vorteil ist, dass man dort immerhin die hübschesten Frauen in den allerknappsten Bikinis zu sehen bekommt. Sehenswürdigkeiten gibt es da zuhauf.
Und zur Weihnachtszeit – auf der Südhalbkugel wird es gerade Sommer! – eben besonders voll, weil die dann auf die Urlaubszeit hinauslaufen und die Surfer und Schwimmer und so weiter schier durchdrehen, weil das Top-Wetter dort strahlt, und es einfach üblich ist, zu Weihnachten mit Weinnachtsmann-Mütze und Weihnachtsbikini (rot mit weißem Besatz), -badeanzug oder -badehose im Meer Weihnachten zu feiern.
Das übelste Viertel von Sydney war das Vergnügungsviertel mit Bars und Table Dance und Stripschuppen – bisschen mehr Polizeistreifen, aber auch gänzlich ungefährlich, vom üblichen Nepp und dem ständigen Anquatschen, ob man nicht in diese Strip-Bar oder jenes Bordell kommen möge, und dann doch vielleicht ein paar Taschendieben abgesehen, beliebte Touristenattraktion, gehört(e) zu den Sehenswürdigkeiten wie in Hamburg die Reeperbahn.
Dass das alles nicht mehr so toll ist, habe ich schon vor Jahren gelesen und im Blog kommentiert. Melbourne war nämlich auch so eine komplett gefahrlose Stadt, wo man zu jeder beliebigen Uhrzeit gefahrlos alleine überall rumlaufen konnte. Und das da nun gefährlich geworden sei, weil kriminelle Banden aus Afrika dort Überfälle begingen und ganze Straßenzüge als ihr Territorium beanspruchten.
Von Sydney wurde berichtet, dass da ein ganzer Bereich aus mehreren migrantisch bewohnten Blocks längst zur „No Go Area“ geworden sei. Was ich schon sehr befremdlich fand. Ich kenne so etwas aus Australien gar nicht – „no go areas“ – oder besser gesagt, nur aus dem Outback, weil es da Tümpel voller Salzwasserkrokodile gibt. Die Stelle, an der sich Crocodile Dundee im Film mit dem Messer rassiert, um die Frau zu beeindrucken, am Anbangbang Billabong, durften wir nur von einer Anhöhe, aus etwas Entfernung besichtigen, das sei gerade „no go“, weil zuviele „Salties“. Krokodile – ja. Giftige Viecher – ja. Aber keine Kriminellen, keine Gefahr von Menschen. „Make sure you stay well back from the water’s edge as saltwater crocodiles do inhabit these waters.“ Das ist das, was ich von Australien als „no go area“ kenne. Krokodile. Aber inzwischen sind die Städte gefährlich geworden – Migration.
Was kurios ist, denn lange Zeit war Australien stolz darauf, ein Einwanderungsland zu sein, und durch die Einwanderer Kochen gelernt zu haben. Ursprünglich nämlich sei Australien als britischer Ableger nicht nur mit britischen Gefängnissen und britischer Folter, sondern auch britischer Küche geschlagen gewesen, und erst im Zuge der Einwanderung aus China, Indien, Italien und so weiter haben man gelernt, ordentlich zu kochen, weshalb man in Australien doch recht gut essen kann.
Diese Mentalität, ein Einwanderungsland zu sein (schließlich sind die britischstämmigen Australier letztlich selbst Einwanderer) scheint in den letzten Jahren völlig verloren gegangen zu sein, und da hat sich ein Meinungswandel vollzogen – der fast so drakonisch bekämpft zu werden scheint, wie im Mutterland England. In Australien gibt es formal keine Grundrechte (bzw. schon, aber die beziehen sich auf Handelsfreiheit zwischen den Staaten und Territorien, wozu man mir als Beispiel erklärte, dass das dafür sorge, dass man sich überall in Australien Pornos per Post schicken lassen könne, obwohl dies formal verboten sei und unter Strafe stehe. Das Northern Territory habe aber erklärt, dass sie kein Zeit hätten, sich mit so einem Blödsinn zu befassen, weshalb es dort kein solches Verbot gäbe, und was in einem Bundesstaat als Handel erlaubt sei, dürfe in anderen dann nicht verboten sein. Aber ein Grundrecht auf Meinungsfreiheit, nein, so etwas gäbe es da nicht. Allerdings hätten sie es – Stand vor 25 Jahren, heute anders – auch nicht vermisst, weil es auch keine Angriffe auf die Meinungsfreiheit gegeben habe, im Gegensatz zum Versandhandel mit Pornos, der massiv angegriffen und erbittert verteidigt würde. Generell ist es in Australien auch viel wichtiger, ein kühles Bier und Fleisch auf dem Grill als irgendeine Meinung zu haben.)
Aber, ach.
Wie inzwischen durch die Medien ging, gab es eine Schießerei ausgerechnet am Bondi Beach. Ausgerechnet am Schicki-Micki-Hot Spot von Sydney.
Anschlag auf eine jüdische Chanukka-Feier am Bondi Beach.
Das ist nicht einfach nur ein paar Tote irgendwo. Das ist – neben dem Opernhaus – quasi das Herz, das Selbstverständnis von Australiern, deren Live Style-Zentrum.
Ich wollte hier eigentlich einige Twitter-Videos einbinden, die ich mir heute über den Tag von unterwegs per Handy markiert hatte, und die Szenen aus der Schießerei zeigten.
Sie sind aber alle schon wieder entweder weg – oder können nicht mehr eingebunden werden. Anscheinend hat da die australische Zensur schon zugeschlagen, denn meines Wissens ist es in Neuseeland und Australien strafbar, solche Gewaltvideos zu besitzen, wenn darauf Opfer zu sehen sind. Allerdings waren darauf, wenn ich mich jetzt recht erinnere, nur Täter und keine Opfer zu sehen.
Natürlich werden sich die Videos in Australien trotzdem verbreiten.
Da ging es zu wie zwischen Krieg und Großwildjagd. Und das waren keine Amokläufer. Die waren professionell ausgerüstet mit Munitionstaschen und -gürteln, und haben völlig ruhig und überlegt gehandelt.
Was man allerdings erwähnen sollte, ist, dass es da einen Helden gibt.
Ein Mann – selbst Muslim und daher wohl nicht direkt in Gefahr, gleich erschossen zu werden – hat die Attentäter mit bloßen Händen angegriffen und einen entwaffnet. Und es heißt, dass er identisch sei mit dem in einem anderen Video gleicher Statur und Kleidung, der einen bewaffneten Killer mit Steinen bewirft. Er hat dann wohl doch zwei Schüsse abbekommen und musste selbst notoperiert werden – aber man ist sich wohl ausnahmslos einig, dass er der Held des Tages sei und vielen Menschen das Leben gerettet habe.
Mustafa, the cousin of Ahmed al Ahmed—who saved countless lives by wrestling with the gunman during the Bondi Beach terror attack—is providing updates about Ahmed's health condition. pic.twitter.com/8Zn0VuwrPA
— KaNKa (@Reis__TuRCo) December 14, 2025
Pls WATCH THİS CAREFULL
Learn how The Real hero is pic.twitter.com/rPk38ljVQJ— KaNKa (@Reis__TuRCo) December 14, 2025
Beachtlich ist, dass der Mann einen Terroristen entwaffnet hat, und sogar dessen Gewehr dann auf ihn gerichtet hatte – aber nicht schoss. Viele Leute schrieben, dass sie den Terroristen sofort erschossen hätten.
Couldn't agree more, Tommy.
Ahmed al Ahmed is the definition of a legend~tackling terror with nothing but sheer Aussie grit
Highest honors, ironclad protection from any backlash, and let's get that man a fruit empire sponsorship.
Real men protect the innocent, no matter what.… pic.twitter.com/NUZi9jyFsQ
— Abhishek Singh (@IAbhi_s) December 14, 2025
Eyewitnesses say the attackers who opened fire at Sydney's Bondi Beach shouted "Allahu Akbar" after each shot!
Terrorism has only one religion worldwide, yet some fools still believe it pic.twitter.com/9Jh4Z7frCI
— सी.आर चौधरी (@chenaram8696) December 14, 2025
🚨Horrific terror attack life from Bondi Beach in Sydney:
A survivor of the Oct 7th terrorist attack in Israel was injured in the Bondi Beach, Australia terrorist attack.
He recently moved to Australia and told News18 he never expected to face something like this there. pic.twitter.com/XUN2WUGRl0
— Make Europe Great Again – M.E.G.A (@ScaryEurope) December 14, 2025
Bondi Beach wird nie wieder sein, was es mal war.
Australien ist nicht mehr und wird auf lange Zeit, wohl auch nie wieder sein, was es war.
Inzwischen ist die Rede von 12 Toten und noch vielen Schwerverletzten.
Zum Vergleich: Beim Olympia-Attentat 1972 gab es 11 israelische Tote (dazu ein deutscher Polizist und 5 tote Attentäter). Und überlegt mal, welche politische und psychische Wirkung das auf Deutschland hatte.
Meinungsfreiheit
Im Gegensatz zu Australien haben wir ein Grundrecht auf Meinungsfreiheit.
Aber es nutzt uns nichts.
Eine Diskussion dazu wird es bei uns nicht geben.
Nachtrag: So sieht das dann aus. Da war mal ein Tweet zur Sache.
