Tiger im Bild
Nicht nur generativ, auch manipulativ.
Zum Fortschritt der KI: Ein Leser schickt mir ein Foto
Sieht doch nicht schlecht aus, oder? Realistisch wie ein normaler Schnappschuss, Handy-Foto.
Der Tiger ist natürlich nicht echt, der stammt von der KI. Die hat aber nicht das ganze Bild erzeugt, sondern der Rest des Bildes ist ein echtes Foto. Der Leser hat ein echtes Bild an die KI hochgeladen und gesagt, er bräuchte da mal einen Tiger im Bild.
Würden jetzt irgendwelche „Faktenchecker“ kommen, würden die finden, dass Bild kein KI-Fake ist, sondern sich im Netz weitere Bilder dieser Stelle finden lassen (mal angenommen, es wäre ein prominenterer Platz oder man würde absichtlich weitere Bilder lancieren), und die Umgebung zweifellos „echt“ ist, sich durch weitere Bilder, vielleicht auch anderer Urlauber, bestätigen lassen, und da an diesem Tag dann wohl ein Tiger vor dem Haus geschlafen haben müsse.
Auch wenn einen das jetzt nicht so aus den Socken haut, gerade weil es so unspektakulär daherkommt:
Das ist ja eine alte Geheimdiensterkenntnis, dass man die Lüge am Besten in Wahrheit versteckt. Eine Lüge kommt besonders dann gut durch, wenn man sie in viele kleine überprüfbare Wahrheiten einwickelt, damit sie ganz vielen Nachprüfungen standhält. Hätte man das ganze Bild gefälscht (mach mir ein Bild einer Hütte, vor der ein Tiger schläft, Blickwinkel aus der Hütte) hätte es viele Fehler gegeben oder man würde fragen „Wo soll das sein?“ .
Wenn die KI aber bestehende und nachprüfungsfeste Bilder nur in Details manipuliert – und andere Bilder desselben Ortes erlauben zwar die Überprüfung, ob da eine solche Lampe hängt oder ein solcher Baum steht, der Trampelpfad so verläuft, sagen aber nicht, ob da nicht in diesem Augenblick nicht doch ein Tiger geschlafen haben kann – eskaliert der Fake nochmal eine weitere Stufe. Denn dann ist an diesem Bild eigentlich nichts mehr, was man noch inhaltlich falsifizieren könnte. Den Ort gibt es. Der sieht auch so aus. Auch Dinge wie Sonnenstand, ggf. Steckdosen oder andere kulturelle oder technische Dinge wären konsistent mit dem Ort. Womit wollte man noch falsifizieren können, dass da nicht irgendwann mal ein Tiger gelegen hat?
Und woher weiß ich eigentlich, dass das Bild wirklich fake ist, und da nicht doch einfach ein Tiger gepennt hat und der Leser mir das schickt, damit ich einen blöden Artikel über KI schreibe?
Ich war mal in Afrika und habe dort mit einer ausgewachsenen Giraffe geschmust, die von den Betreibern der Lodge als Baby nach Tod der Mutter gerettet und zusammen mit den Hunden aufgezogen wurde, sich also weitgehend für einen Hund hielt und mit anderen Giraffen nicht viel anfangen konnte, und deshalb immer in der Nähe der Lodge und der Menschen blieb, und ihnen ein Zusatzeinkommen bescherte, weil man gegen Zahlung mit einem Eimer Futter die Giraffe suchen und mit ihr knuddeln konnte. Ich habe auch einen echten Giraffenkuss bekommen. So ein kopfumfassender liebevoller Schmatzer genau senkrecht von oben auf den Kopf. Wie Badekappe mit etwas Wasser drin. Wer sagt mir also, dass die da nicht einfach wirklich einen zahmen Tiger haben, der halt faul vor dem Haus rumliegt? Also ein Fake-Fake?
Oder vielleicht ist auch nur der Tiger echt? Fotografiert in einem Käfig? He, KI, mach mir mal eine Hütte um den Tiger drum?