Ansichten eines Informatikers

Die Bundesregierung und die Desinformation

Hadmut
13.10.2025 15:02

Wenn ich über ChatGPT schreibe, kann ich die Bundesregierung nicht übergehen.

Die Bundesregierung antwortet mit der Bundestagsdrucksache 21/1970 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Erwin Renner u. a. und der Fraktion
der AfD, Bundestagsdrucksache 21/1481.

Die langen Vorbemerkungen lasse ich mal weg, die kann man sich in der Drucksache ansehen, sobald die öffentlich ist.

1: Inwiefern unterscheidet die Bundesregierung zwischen bewusster Irreführung und bloßer Meinungsäußerung (bitte ausführen)?

Zu 1: Die Bundesregierung analysiert ausländische Informationsmanipulation und Einflussnahme. Soweit mit bewusster Irreführung die Verbreitung bewusst oder erwiesen unwahrer Tatsachenbehauptung gemeint ist, wird auf die Antwort auf Frage 2 verwiesen.

Warum nur „ausländische“?

Weil sie die inländische selbst beauftragt, finanziert und deshalb kennt und nicht mehr analysieren muss?

2: Wie bringt die Bundesregierung die Aussage aus dem Koalitionsvertrag, wonach „die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen“ nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sei (https://www.koalitionsvertrag2025.de/sites/www.koalitionsvertrag2025.de/files/koav_2025.pdf, S. 123, Z. 3929-3930, letzter Aufruf: 06. August 2025), in Übereinklang mit Artikel 5 Grundgesetz?

Zu 2: Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst wird (vgl. BVerfGE 54, 208, 219 f., Rn. 28 juris; 61, 1, 8 f., Rn. 15, juris; 90, 241, 247, Rn. 28, juris). Dem schließt sich die Bundesregierung an.

Was ist „bewusst“ und was „erwiesen unwahr“ in einem Zeitalter, in dem sich jeder Honk als „Faktenchecker“ aufspielen kann?

Was ist das in einer Bundesregierung aus Geisteswissenschaftlern, bei denen es nach verbreiteter Überzeugung gar keine Wahrheit oder Realität gibt?

Ich hatte mal auf einer Medienkonferenz bei einem Auftritt der von der damaligen Regierung bezahlten „Neuen Deutschen Medienmacher“ gefragt, was genau dieser „Hass“ sei, der keine Meinung sei, und deshalb nicht der Meinungsfreiheit unterliege.

3: Welche konkreten Kriterien oder Verfahren existieren, um festzustellen, ob eine Aussage vorsätzlich falsch und mit schädlicher Absicht getätigt wurde?

Zu 3: Der Fokus der Bundesregierung bei der Bekämpfung ausländischer Informationsmanipulation liegt auf den Manipulationstaktiken und -mustern der Akteure. Ausschlaggebend sind
dabei das manipulative Vorgehen und die Verschleierung der Urheberschaft. Im Übrigen wird auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 27 und 29 der Kleinen Anfrage
der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 20/14595 verwiesen.

Ja, und inländisch? Auch in der Antwort an die FDP geht es nur um ausländische Desinformation.

4: Welche rechtlichen Grundlagen zieht die Bundesregierung heran, um Maßnahmen gegen „Desinformation“ zu rechtfertigen – insbesondere, wenn keine strafrechtlich relevanten Inhalte vorliegen?

Zu 4: Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 24 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 20/4948 verwiesen.

Dort hieß es

[Aus Bundestagsdrucksache 20/4948]

24. Woraus ergibt sich nach Auffassung der Bundesregierung ihre Zuständigkeit und die Rechtsgrundlage für die im Dokument genannten Maßnahmen gegen „Desinformation“ (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller)?

Desinformation kann sich negativ auf die Sicherheitsinteressen und die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirken. Desinformation kann darüber hinaus auch Radikalisierungstendenzen befördern und so mittelbar Gewaltanwendung fördern.

Die Zuständigkeit und Rechtsgrundlage der Maßnahmen der Bundesregierung leiten sich insbesondere aus den Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und aus der Natur der Sache, hier Informationshandeln der Bundesregierung zu überregional relevanten Fragestellungen, ab. Sofern die unterschiedlichen Behörden einzelgesetzlichen Aufgabenzuweisungen unterliegen, sind diese einschlägig.

Also hat sie keine umfassende Zuständigkeit? Denn nach der Konstruktion des Grundgesetzes sind für alles die Länder zuständig, soweit nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundes gegeben ist.

5: Ist die Bewertung der Antworten der Bundesregierung auf den Bundestagsdrucksachen 20/12316 und 20/13880 durch die Fragesteller dahingehend zutreffend, dass die Bundesregierung sich ausschließlich auf ausländische Einflussnahme bezieht, wenn sie von „Desinformation“ oder „Desinformationskampagnen“ spricht?

Zu 5: Zur Definition von „Desinformation“ wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 20/5250 verwiesen. Die Bundesregierung fokussiert sich ausschließlich auf ausländische Einflussnahme, die im internationalen Kontext auch „Foreign Information Manipulation and Interference“ (FIMI) genannt wird.

6: Wie nennt die Bundesregierung vermeintlich mutwillig in Umlauf gebrachte, falsche Tatsachenbehauptungen, die nicht mit ausländischer Einflussnahme in Verbindung zu bringen sind?

Zu 6: Die Bundesregierung verwendet keinen eigenen Begriff für den hier beschriebenen Sachverhalt. In einigen wissenschaftlichen Publikationen hat sich für Desinformation, die nicht aus dem Ausland stammt, auch der Terminus „Domestic Information Manipulation and Interference“ etabliert.

7: Wenn die Bundesregierung über keine Organisationseinheit verfügt, „die für die Beobachtung oder Verfolgung inländischer Desinformation zuständig ist“ (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 20/12316), wie identifiziert oder definiert die Bundesregierung inländische Desinformation und welche Maßnahmen ergreift sie zu deren Bekämpfung?

Zu 7: Die Bundesregierung konzentriert sich auf ausländische Informationsmanipulation und Einflussnahme. Im Übrigen wird auf die Antworten der Bundesregierung zu Fragen 13 und 14 bis 14b der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 20/13880 sowie auf die Vorbemerkung und die Antworten der Bundesregierung zu Fragen 8, 11 und 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 20/12316 verwiesen.

Es war zugegebenermaßen eine andere Bundesregierung, nämlich die unter Merkel, aber: Die „Neuen Deutschen Medienmacher“ sind damals, von der Regierung bezahlt, auf einer Medienkonferenz aufgetreten und haben den Journalisten eingehämmert, dass „Hass“ keine Meinung sei, deshalb nicht der Meinungsfreiheit unterliege und überall zu sperren und zu tilgen sei, und dass der Diskurs tagesaktuell bestimme, was „Hass“ ist. Und das war nicht gegen ausländische, sondern inländische Äußerungen gerichtet.

Werden die „Neuen Deutschen Medienmacher“, die „Meldestelle REspect!“ oder „Hate Aid“ etwa nicht mehr von der Bundesregierung finanziert?

11: Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Maßnahmen gegen vermeintlich ausländische Desinformation nicht faktisch auf inländische Stimmen und Bürger wirken?

Zu 11: Die Bundesregierung analysiert ausländische Informationsmanipulation. Sie informiert über ausländische Desinformationskampagnen und ausländische Manipulation im Informationsraum und sensibilisiert die Öffentlichkeit über die damit verbundenen Gefahren.

Dazu fällt mir allerhand ein, das aber bald an anderer Stelle.

24: Welche strategischen Ziele verfolgt die Bundesregierung mit ihren Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation?

Zu 24: Die Bundesregierung verfolgt einen breiten gesamtgesellschaftlichen Ansatz gegen illegitime Einflussnahme fremder Staaten.

Die Bundesregierung informiert regelmäßig auf ihren Kanälen über Vorgehen, Methoden und Gefahren von Manipulationskampagnen mit dem Ziel, Bürgerinnen und Bürger aufzuklären und in ihrer Medienkompetenz zu stärken – kurzum: Die gesellschaftliche Resilienz gegenüber ausländischer Einflussnahme zu stärken. Ergänzend dazu findet ein Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Forschung statt.

28: In welchen Fällen seit 2021 hat sich das Bundesamt für Verfassungsschutz mit Desinformationsaktivitäten beschäftigen müssen (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 20/12316, bitte aufschlüsseln)?

Zu 28: Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) leistet im Rahmen des gesetzlichen Auftrags dann seinen Beitrag zur Aufklärung der Hintergründe von Desinformationsaktivitäten im Informationsraum, wenn diese von fremden Nachrichtendiensten beziehungsweise staatlich gelenkten Strukturen und Akteuren ausgehen. Eine Erfassung bzw. Auflistung im Sinne der Fragestellung erfolgt dabei nicht

Auch das ist nach meinen Informationen und Erfahrungen eine Falschinformation.

2: Welche zivilgesellschaftlichen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder Stiftungen sind in staatliche Projekte oder Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation eingebunden (z.B. durch Beratung, Mitarbeit, Fördermittel)?

Zu 32: Folgende zivilgesellschaftliche Organisationen wurden durch die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) im Rahmen der Projektförderung im Themenschwerpunkt Desinforma-
tion gefördert: Kulturbüro Sachsen e. V., Arbeit und Leben Thüringen, Amadeu Antonio Stiftung, JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) führt ein Projekt namens “Detektion von Bildern multimodaler Modelle (RealOrRender)” durch. Dieses wird vom Auftragnehmer Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. bearbeitet.

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 wurde in Zusammenarbeit zwischen dem GovTech Campus Deutschland, BSI und BfV ein Learning Modul zu Desinformation/ Deepfakes für die Bundestags-Fraktionen entwickelt, bei welchem der korrekte, besonnene Umgang mit Desinformationen simuliert wurde.

Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 16, auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundesdrucksache 20/14469 sowie auf
die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 20/13542 verwiesen.

Wertung

Die Bundesregierung antwortet systematisch an der Anfrage vorbei. Die AfD wollte erkennbar auch auf inländische Aktivitäten der Regierung gegen die Meinungsfreiheit hinaus, und die Bundesregierung bezieht sich ausschließlich auf ausländische Aktivitäten.

Das ist so nicht richtig, aber auch nicht völlig falsch, weil die Aktivitäten gegen inländische Meinungsäußerungen vorrangig von den Bundesländern, deren Polizeien, Staatsanwälten, Richtern, Geheimdiensten betrieben wird. Insofern ist er Bund da tatsächlich weitgehend raus.

Realität ist aber, dass der Bund auch (zumindest in der Vergangenheit) verfassungsfeindliche (aber darin regierungskonforme) Organisationen wie die Amadeu Antonio-Stiftung, Meldestelle REspect!, Hate Aid, Antifa usw. fördert oder anderweitig finanziell bezuschusst.

Der Bund äußert Wünsche hinter der Tür und wirft mit Geld, und die Sauereien finden dann in den Fraktionen und den Ländern statt.