Der leergeleuchtete Notebook
Es gibt Dinge auf dieser Welt, denen muss man brachial begegnen.
Ich hatte vor einigen Monaten darüber berichtet, dass ich zwei 10-Zoll-Notebooks gekauft hatte, weil ich auf der Japan-Reise außer meinem großen Notebook, das ich immer im Hotelzimmer gelassen hatte, noch ein möglichst kleines haben wollte, das ich im Flieger verwenden kann und bei Bedarf auch dort mitnehmen, um von unterwegs zu bloggen.
Es gab so um 2008/2009 herum die damals in Mode gekommenen „Netbooks“, kleine 10-Zoll-Rechner mit dem damals neuen Intel Atom N270. Ich hatte damals einen von MSI zum unauffälligen Herumtragen und um immer einen Privatrechner mit meinen ssh-Schlüsseln usw. auch in der Dienstschublade zu haben und notfalls auf das Blog zugreifen zu können. So klein das Ding war, und so niedrig die Bildschirmauflösung, ich war sehr zufrieden mit dem Ding und vom Preis-Leistungsverhältnis begeistert. Irgendwann ist der natürlich ausgemustert worden, ich hatte dann einen 12-Zoll-Rechner Acer mit Celeron (noch irgendeiner von den dreistelligen), mit dem ich auch sehr zufrieden war, der mir lange Jahre gute Dienste geleistet hat und auf allen Reisen dabei war, und vor allem: Eine Schraube auf und man konnte den Boden abziehen und dann Festplatte und Speicher austauschen, dazu ein geniales kleines Netzteil. Inzwischen bauen Acer und viele andere Hersteller eigentlich nur noch Schrott mit fest eingelötetem, aber unzureichendem Speicher.
10- und 11-Zoll-Rechner gibt es hierzulande praktisch nicht mehr, und bei 12-Zoll-Rechner fast auch nur noch Mist, weshalb ich da inzwischen sogar „refurbed“, also gebrauchte, ältere Rechner gekauft habe, die zwar nicht mehr aktuell sind, aber als praktisch unbenutzte Service-Rechner in sehr gutem Zustand und eben: NVMe-SSD und RAM austauschbar. Sowas gibt es nicht mehr in den erträglichen Preiskategorien.
Meine Anforderungen, vor allem der Wunsch, ohne die Bruchgefahr durch zurückgeklappte Sitze – mein erwähnter 12-Zoll-Acer wäre mir mal fast gebrochen, als der Vordermann ohne Vorwarnung und ruckartig den Sitz zurückklappte und der hauchdünne Bildschirm in der Vertiefung des Klapptisches eingefangen war und zusammengestaucht wurde, und ich ihn gerade noch herausziehen konnte, bevor er brach.
Deshalb will ich für in den Flieger einen 10- oder höchstens 11-Zoll-Notebook.
Keiner der großen Hersteller hat die noch im Programm.
Also bin ich auf Chuwi gekommen, chinesischer Hersteller. Gibt es leider nur mit fest eingelöteten 12 GB RAM, nicht mehr, und amerikanischer oder chinesischer Tastatur. Und nicht ganz billig. N100 und N150 Prozessor.
Und ich habe auf Ali-Express einen sehr günstigen Topton L20 gefunden, den es sogar wahlweise mit verschiedenen SSDs bis 1TB und verschiedenen RAM-Ausstattungen bis 32GB gab, N100. Auch nur mit US-Tastatur.
Weil ich nichts besseres gefunden hatte, hatte ich mir 1 Monat vor der Reise einen Topton bei Aliexpress bestellt, der innerhalb einer Woche geliefert werden sollte, aber dann wochenlang festhing, und das nicht nur beim deutschen Zoll, sondern wie ich später anhand von Aufklebern und Tracking herausfand, versehentlich aus China über die Niederlande und Deutschland in Malta gelandet war, und man anscheinend in Malta etwas brauchte um herauszufinden, wie man das Ding wieder nach Deutschland bringt. Ob das Absicht war, mich jemand nicht mochte und mal ein Paket für mich in die falsche Versandkiste gepackt hat, oder eine Panne, habe ich nie herausgefunden. Eigentlich nämlich sollten die Logistikprozesse das gar nicht zulassen.
Jedenfalls dachte ich 3 Tage vor Abreise, ich bekomme das Ding nicht mehr rechtzeitig, weil im Tracking gar nicht mehr zu finden, und habe dann noch den Chuwi gekauft, weil ich davon ausging, den Topton als verloren zu melden und das Geld erstattet zu bekommen. Zwei Tage vor der Abreise nach Japan kamen dann beide zusammen. Das war so nicht geplant, aber nicht mehr zu ändern.
Ärgern tun mich beide Geräte, nicht nur wegen der US-Tastaturen, die zuwenig Tasten haben, um sie auf deutsch umzukleben, sondern auch – schon berichtet – weil beide Displays (sogenannte „Yoga-Books“, die man umklappen und als Tablet mit Stift verwenden können soll) im Portrait-Format (also hochkant) angesteuert werden und um 90° gedreht eingebaut wurden, damit sie wieder wie Notebook aussehen. Anscheinend gibt es keine 10-Zoll-Notebook-Displays mehr und sie mussten oder wollten ein Tablet-Display einbauen. Die Idee dahinter ist, dass ein Sensor erkennt, wie man das „Tablet“ hält und dann das Display entsprechend dreht. Funktioniert unter Windows, aber nicht so, wie gedacht, unter Linux, schon gar nicht mit Wayland.
Davon abgesehen hat sich der Chuwi trotz des knappen Speichers als besser erwiesen, schönes (Mac-artiges) Metallgehäuse, gute Tasten, kann per USB-geladen werden (Ganz böse Falle: nur mit 12-Volt-fähigen Netzteilen, und das mitgelieferte Netzteil mit USB-Stecker ist kein USB-Netzteil, sondern liefert konstant 12 Volt, ist also ein 12-Volt-Netzteil mit USB-C- statt Rundstecker, der jedes andere USB-Gerät vernichten würde. Immerhin ist ein kleiner Warnaufkleber drauf, dass man das Netzteil nur mit dem Chuwi verwenden darf. )
Der Topton dürfte bald oder schon in der EU gar nicht angeboten werden, weil noch einen Rundstecker als Ladestecker. Ich habe mir aber ein passendes USB-C Kabel für diesen Rundstecker gekauft, das den Rechner aus einem USB-C-Netzteil mit 12 Volt versorgen kann, wenn das Netzteil auch 12 Volt liefern kann (das Kabel kann nicht transformieren, aber ein Chip im USB-C-Stecker kann sagen „Ich hätte gerne 12 Volt!“)-
Beide Recher muss ich unter Linux mit nomodeset booten, sonst bleibt der Bildschirm schwarz.
Und besonders das Topton L20 macht mir enorme Probleme, weil das BIOS völlig lausig konfiguriert ist, nicht einmal der Systemname stimmt, und (K)Ubuntu 25.10 und Fedora 43 beta beide gar nicht mehr mit dem Display klar kommen. Das Ding hat mich schon weit mehr Zeit gekostet, als es überhaupt wert war. Und die Suspend-Modi funktionieren auch nicht. Das Ding scheint per billigst-BIOS (UEFI) völlig vermurkst zu sein.
Und bei den Tests, welche Distribution noch mit dem Topton klarkommt, ist mir beim Test mit Fedora 43 beta das Ding so abgestürzt, dass es in einen blinkenden Suspend-Modus ging und aus diesem nicht mehr zu wecken war.
Normalerweise bekommt man jeden PC ausgeschaltet und zurückgesetzt, indem man den Schalter mindestens 4 Sekunden drückt. Nicht einmal das funktioniert an dem Ding.
Ich habe gestern also vor dem Rechner gesessen und den weder aus noch anbekommen. Suspend-Modus mit blinkender LED, und egal, wie und wie lange man drückt, geht das Ding zwar manchmal auf Dauerleuchten und zurück, aber weder ein- noch ausschalten ging.
Also dachte ich, wenn gar nichts mehr geht, Netzteil abziehen und warten, bis der Strom leer ist und sich das Ding abschaltet.
Nach 24 Stunden blinkte das Ding weiter.
Also habe ich heute eine LED-Leuchte mit Stecker angesteckt, um den Akku leer zu bekommen, damit das verdammte Ding endlich einen Reset macht.
Hat funktioniert.
Nachdem das Notebook mit der angeschlossenen Funzel stundenlang vor sich hingeleuchtet hat, ging das Licht irgendwann aus, der Akku war eben leer, und danach ließ sich das Ding wieder so einschalten, dass das Intel-Logo kam (aber dann gleich wieder ausging).
Was für ein elender Murks.
Das hatte ich jetzt allerdings auch noch nicht, dass ich eine LED-Leuchte als Stromverbraucher für Stunden an einen Rechner anschließen musste, damit der Akku leer wird und das Ding in einen Reset gezwungen wird.
Ich habe den Eindruck, dass auf dem Notebookmarkt fast nur noch Murks oder weit überteuertes Markengerät angeboten wird.
Vor vielen, vielen, vielen Jahren gab es mal von Sony die Serie Sony Vaio, die so einen kleinen Rechner im Querformat im Schokoladentafelseitenformat im Angebot hatten. Höllisch überteuert und heute längst veraltet und nicht mehr zu gebrauchen, aber vom Konzept her großartig für meinen Zweck, und qualitativ sehr gut, prima Tastatur.
Sony hat aufgegeben und seine Sparte verkauft, weil ihre überteuerten Dinger keiner mehr gekauft hat.
Warum aber stellt niemand mehr kleine, ordentliche Notebooks her?
Wenn ich durch die einschlägigen Läden gehe, sehe ich da auch nur noch Schrott oder absurd überteuertes Zeug.
Eigentlich gab es 25 bis 30 Jahre lang zuverlässig normale PCs als Notebooks zu kaufen, bei denen alles so war, wie man es erwartet hätte. Und jetzt muss man sich mit so einem Schrottkram herumärgern.