Ansichten eines Informatikers

Meshtastic, Meshcore, TAK

Hadmut
9.10.2025 14:16

Zum Thema Katastrophenkommunikation solle ich doch mal etwas über Meshtastic und Meshcore schreiben, schreiben die Leser.

Da leg ich doch noch ein TAK drauf, weil davon noch kein Leser geschrieben hat.

Sagt sich so einfach. Ich habe mit beiden noch nichts gemacht, nur über Meshtastic einiges gelesen und über Meshcore noch fast gar nichts, kannte das letztere bis zu Leserzuschriften noch gar nicht. Und wollte das eigentlich nächstes Jahr (wenn ich mit den gerade anliegenden, dringenden Sachen fertig bin) man testen und beschreiben.

Grundlage ist LoRa, eine Funktechnik basierend auf („Chirp“) Spread Spektrum, jener Technik mit wechselnden Frequenzen, zu der man so gerne erwähnt, dass die Schauspielerin und Schönheitskönigin Hedy Lamarr sie erfunden habe, um im zweiten Weltkrieg Torpedos gegen die Deutschen einsetzen und steuern zu können, und die seit einigen Jahren in der Mikroelektronik begeistert verbastelt wird, weil man damit recht klein und billig winzige Sender bauen kann, die verblüffend wenig Strom brauchen, und – leider nur sehr kleine, kurze – Nachrichten über lange Distanzen, bei freier Sicht über mehrere Kilometer und selbst innerhalb von Städten noch über hunderte Meter oder mit Glück über ein oder zwei Kilometer übertragen kann. Irgendwo stand mal, dass sie einen Test gemacht haben, indem sie so ein Ding an einen Wetterballon gehängt und aufsteigen lassen haben, der versuchte, mit Relay-Stationen bekannter Koordinaten zu kommunizieren, und der Rekord haben wohl einige hundert Kilometer betragen, inzwischen liegt der Distanzrekord wohl bei 1336 km, aber wohl nur mit besonderen Antennen und aus dem Ballon aus den oberen Luftschichten.

Darauf aufbauend gibt es das LoRaWan, bei dem ein Netzwerk aus Freiwilligen kleine Empfangsgeräte betreibt, die Datenpakete auffangen und über das Internet an einen zentralen Router leiten, von dem aus man die Pakete über MQTT wieder abholen kann. Die Idee dahinter ist (oder war), dass man damit im Prinzip von jedem beliebigen Ort Messdaten an seinen Homeserver schicken kann, solange sich nur so eine Relay-Station im Umkreis von einigen Kilometern befindet.

Ich kann mich erinnern, dass vor vielen Jahren (deutlich vor 2000) ein Kollege das in der Firma mal im Rahmen eines Technikvortrages erläuterte und auch live vorführte.

Ich hatte mir damals von einem chinesischen Hersteller einen GPS-LoraWan-Tracker gekauft, um das mal auszuprobieren, und habe sehr viel Zeit in das Ding versenkt, ohne es je zum Laufen zu bringen. Es hing wohl damit zusammen, dass die mehrfach das Protokoll geändert haben und in meiner Umgebung in Berlin zwar laut deren Landkarte Abdeckung sein sollte, aber nicht mehr war. Und das ganze Ding überhaupt nicht zu debuggen war, weil nur Geht-Geht Nicht, aber keinerlei Hinweise auf Fehlerursachen. Ein einziges Mal habe ich tatsächlich ein Paket empfangen, konnte das aber nie wiederholen. Firmwareupdates stellten sich als extrem kompliziert heraus, weil man erst ein Programmiergerät brauchte (das man allerdings für um die 10 Euro bekam) und dann eine bestimmte Kombination aus Software, die es ursprünglich nur für Windows gab, und mit der ich das dann letztlich aktualisieren konnte, es aber immer noch nicht ging und so weiter und so fort, und ich irgendwann die Zeit dafür nicht mehr hatte und auch Lust und Spaß daran verloren habe.

Ich habe zwar auch einige ESP32-Platinchen mit LoRa-Modulen, bisher aber nicht die Zeit gehabt, die auszuprobieren.

Als ich damals nach Zypern kam, hatte ich eigentlich vor, das auf Zypern mal zu probieren, weil das strukturell ideal war – aber die wenigen Lora-Knotenpunkte, die es damals gab, sind längst auch wieder verschwunden.

LoRa/LoRaWan sind zwar eigentlich ideal, um etwa Messwerte und so etwas zu übertragen, aber die Mobilfunkfirmen haben dafür Konkurrenzprodukte wie Narrowband-IoT und LTE-M, die zwar mehr kosten, aber dafür von einem Anbieter zuverlässig und mit bestehender Infrastruktur angeboten werden.

Ich dachte zwischendurch, dass sich das LoRa-Zeugs schon wieder erledigt hat, aber es kam eine neue Anwendung: Meshtastic.

Dabei ist es wohl – genau weiß ich es noch nicht – so, dass da ad-hoc-Netzwerke gebildet werden, in denen jedes Gerät Nachrichten senden und empfangen kann, aber auch die Nachrichten anderer weiterleitet, man also in dynamisch und ad hoch gebildeten Netzwerken auch über die eigene Reichweite hinaus kommunizieren qkann, wenn zufällig genug Leute da sind, die teilnehmen. Und wenn nicht – dann halt nicht.

Über Meshcore habe ich bisher nur wenig gelesen, und weiß nicht mehr als dass eine Firma dahintersteht, das nur teilweise OpenSource ist, dass es aber besser und moderner sein soll, auch zuverlässiger, aber anders aufgebaut ist, und nur die Router Nachrichten weiterleiten, aber nicht die Konsumenten.

Ich wollte mir das alles mal anschauen und hatte das für nächstes Jahr auf dem Plan stehen, weil ich im Moment einen Haufen wichtigerer Arbeit habe.

Katastrophenkommunikation oder Zeitverschwendung?

Viele loben diese Netzwerke als Form der Notfall- und Katastrophenkommunikation, weil man damit ohne Infrastruktur und ohne große Stromversorgung kommunizieren kann. Die Dinger brauchen so herzlich wenig Strom, dass kleine Solarzellen und ein Mini-Akku reichen.

Es wurde berichtet, dass freiwillige Feuerwehren ein Netzwerk eingerichtet haben, um sich auch bei totalem Strom- und Netzwerkausfall immer noch rudimentär gegenseitig alarmieren und informieren zu können. Und irgendwo verwendet mindestens eine Feuerwehr solche LoRaWan-Tracker, um zu sehen, wo ihre Geräte und Fahrzeuge gerade sind, nachdem sie mal Probleme hatten, eine Pumpe nach einem Einsatz wieder zu finden.

Es ist aber leider auch so, dass manche schreiben, dass sie noch kein vernünftige Anwendung gefunden haben. Sie stecken viel Zeit in das Erproben und in Testnachrichten, wüssten aber nicht, was und mit wem sie im Katastrophenfall kommunizieren könnten, weil man ja höchstens andere Testbenutzer erreichen kann.

TAK

Es gibt aber inzwischen auch eine andere Anwendung: TAK.

TAK steht für „Tactical Awareness Kit“ oder auch „Tactical Assault Kit“, und bezeichnet Systeme, bei denen der Leiter einer Kampfgruppe (militärische Einheit, Swat-Team usw.) sofort – unterstützt mit Landkarten und solchen Informationen) sehen kann, wer in seinem Team gerade wo ist und wo um die Ecke kommt, etwa um sich nicht gegenseitig zu erschießen oder gleichzeitig losschlagen zu können oder etwas in der Art.

Diese Systeme wurden für militärische Zwecke entwickelt, und viele Funktionen sind auch geheim, aber man hat deren Nützlichkeit erkannt und es gibt sie inzwischen auch für allgemeine Regierungsaufgaben und auch für zivile Zwecke. Man kann damit also nicht nur militärische Angriffe organisieren, sondern auch den Familienausflug im Disney-Land. (Verdammt, wo stecken die Gören denn jetzt schon wieder? Oder: Susi, Einsatz, kalte Getränke holen, Lisa ist am Pommes Stand gerade dran und bekommt das Essen!) Für die Feuerwehr ist es natürlich auch was. Oder für Jäger, um sich nicht gegenseitig zu erlegen. Bei der Bekämpfung von Waldbränden ist das sicherlich auch sehr nützlich. Und auch bei der Koordination von Notarzt- und Rettungswagen soll es gute Dienste leisten (und zwar auch dann, wenn die Stromversorgung ausgefallen ist).

Irgendwo – ich finde die Quelle nicht mehr – las ich, dass das zwar von den typischen Anbietern von Militärgerät hergestellt und angeboten werde, die dabei aber Techniken wie LoRa und Meshtastic zugrundelegten. Auch, weil LoRa-artige Sender mit ihrer Spread-Spektrum-Technik praktisch kaum anzupeilen seien und sich Soldaten, die diese Technik einsetzen, dadurch kaum selbst gefährdeten. Denkbar wären ja Drohnen, die Funkgeräte von Soldaten orten und sie dann eliminieren.

Wie nahe diese militärische Version an Meshtastic angelehnt ist, weiß ich nicht, aber zumindest kann Meshtastic als Implementierung der zivilen Version verwendet werden.

Und es gibt dafür das „ATAK“, das „Android Team Awareness Kit“ (man beachte, dass das kriegerische „Tactical“ unter Beibehaltung der Abkürzung durch „Team“ ersetzt wurde), und dazu eine Android-Implementierung (Wikipedia, Google Play Store, Meshtastic ATAK Plugin, Beispielanwendungen mit Videobrille, Einführung)

Einschätzung

In dieser infrastrukturlosen und ad-hoc-fähigen Kurzstreckenkommunikation mit stromsparenden Techniken liegt enormes Potential.

Man muss allerdings auch viel Entwicklungszeit reinstecken und sich überlegen, wofür es eigentlich gut ist. Es ist kein Selbstzweck. Und viele sind leider schon mit dem Selbstzweck zufrieden.

Ich denke aber, dass da in den nächsten Jahren noch einiges kommen wird.

Ob das allerdings zur Katastrophenersatzkommunikation für die allgemeine Bevölkerung taugen kann, ist sicherlich fraglich. Denn bisher beruht das alles darauf, dass man nur wenige Nachrichten sendet. Wie sich das verhält, wenn alle wie die Bekloppten drauf los funken, weiß ich nicht.

Habe ich aber alles für nächstes Jahr auf dem Plan.

Dieses Jahr habe ich noch andere Dinge zu tun.