Deutsche Krisenkommunikation
Das Hamburger Modell.
Leserzuschrift:
Krisenkommunikation
Moin Herr Danisch,
wie das mit der Krisenkommunikation klappt haben wir am Sonntag ja in Hamburg gesehen. Eigentlich sollten nur in den Überflutungsgebieten, wegen der Sturmflut, die Sirenen heulen. Diese wurden aber im ganzen Stadtgebiet ausgelöst. Daraufhin riefen soviele Mitbürger 110 und 112 an, das die Notrufzentralen zusammen gebrochen sind.
Nachzulesen in der Hamburger Morgenpost.
Die ganze Funkkommunikation der Sicherheitsdienste ist ja inzwischen digitalisiert. Sie können also nicht mehr von Sprechfunkgerät zu Sprechfunkgerät senden, sondern immer über einen Sendemast der im Notfall eine Batteriekapazität von 1 Stunde hat. Schön von Elsberg im Roman “Blackout” beschrieben.
Beim verherenden Tsunami vor einigen Jahren brach ja auch die Handykommunikation sofort wegen Überlastung zusammen. Dort haben dann Funkamateure mit einfachen KW-Sendern und Morsetelegrafie ausgeholfen.
Ach, schön. 🙂
Ja, Morsen, das war noch Nostalgie. Und gewissermaßen Digital, weil nur Ein/Aus.
Viele Leute haben auf Reisen immer einen Röhrensender mit einer Abspannantenne dabei, die man im Notfall auf dem Hotel errichten und dann Morsen kann.
Man sollte allerdings bedenken, dass es den Funkamateuren auch nur deshalb besser ging, weil es nicht so viele waren.
Es gab mal irgendeinen Notfall, ich glaube, aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob das 9/11 war, in dem die Feuerwehr in ein sehr hohes Hochhaus musste und dann dort erst feststellte, dass sie nicht mehr miteinander funken können, weil sie als Ersatz für ihre alten Analogfunkgeräte digitale bekommen hatten, die aber nur horizontal funken, also der Chef im Feuerwehrauto nicht mit einem Feuerwehrmann in 200 Metern Höhe sprechen konnte.
Es ist aber ein bisschen zu einfach, das nur der digitalen Kommunikation anzulasten. Denn man muss bedenken, dass Funkgeräte zur Zeit der Morsetelegraphie – etwa auf der Titanic und so – noch mit Funkenstrecken als Frequenzgenerator arbeiteten, die heftig rauschten und statt einer genauen Frequenz einfach auf allen Frequenzen funkten, was den schönen Vorteil hatte, dass man den Empfänger eigentlich auch nicht abstimmen musste.
Was keinen störte, weil ja sonst keiner funkte.
Das ist aber nun mal nicht mehr so. Je dichter die Funknutzung ist, desto trennschärfer und energiesparsamer muss man funken.
Allerdings muss man nach dieser Meldung auch sagen, dass sie Hamburger so blöd sind, als läge Hamburg im Ruhrgebiet oder wäre ein Vorort von München. Warum rufen die Leute 110 oder 112 an, wenn die Sirenen heulen? Glauben die, die Polizei ist taub und hört das nicht selbst? Oder wüsste nicht, warum an die ausgelöst hat?
Das ist kein Mangel des Telekommunikationsnetzes, sondern blanke Dummheit.
In der Zeit des kalten Krieges, zu meiner Kindheit, gab es noch monatliche Sirenenübungen, und es wurde den Leuten immer wieder gesagt, was die drei Signale (gleichbleibender Ton, Heulton, unterbrochener Heulton) bedeuten, und dass man das Radio einschalten muss, also die Massenkommunikation, den Broadcaster, und nicht völlig sinnlose Individualkommunikation. Dafür waren auch früher die Telefonnetze nicht gemacht.
Das ist kein technisches Problem, sondern eines von Charakter und Bildung der Hamburger. Die Leute sind überhaupt nicht mehr in der Lage, mit einer Situation umzugehen, und müssten sofort irgendwo individualkommunizieren. Siri, was bedeutet das? ChatGPT, was ist los?
Es hat auch damit zu tun, dass die Leute nicht mehr Radio hören, sondern streamen, podcasten und so weiter. Und dann, wenn sie die Situation nicht verstehen, eben 110 anrufen, also würden sie den Psychotherapeuten anrufen. So etwas wie „Radio einschalten“ kennen sie nicht mehr, und ich fürchte, beim Stand des Rundfunks, würde es auch nichts bringen. Damals beim Ahrtalhochwasser haben die ja auch versagt.
Im Prinzip müsste man 2 Millionen A4-Blätter mit Beleidigungen bedrucken und in jeden Hamburger Briefkasten eines werfen. Es würde genug Richtige treffen.