Ansichten eines Informatikers

Doktorandin verklagt ihren Ghostwriter

Hadmut
6.10.2025 22:20

Aktuelles aus der akademischen Klapsmühle.

Das Fachblatt für Forschung und akademische Würden, die BILD: Sie will 16.900 Euro zurück, weil ihr das Ergebnis nicht gefiel: Studentin verklagt Ghostwriter ihrer Uni-Arbeit

Sie wollte den Doktor-Titel – und ließ sich eine 130-seitige Arbeit, die offenbar als Dissertation verwendet werden sollte, von einem Ghostwriter schreiben. Weil der Studentin das Ergebnis jedoch nicht gefiel, will sie ihr Geld zurück: 16.900 Euro plus Anwaltskosten!

Vor Gericht streitet die Frau nun mit dem Schreiber – um Qualität, viel Geld und darum, ob der Vertrag sittenwidrig war.

Montag, Saal 138 im Landgericht Lüneburg: Hatice A. nimmt neben ihrem Anwalt Platz. Auf ihrem LinkedIn-Profil wirbt sie damit, „Doktorandin“ und Soziologie-Dozentin an einer Hochschule zu sein.

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Richterin Christina Edinger erläuterte den Sachstand: Im Oktober 2022 beauftragte die Studentin den Ghostwriter. 2500 Euro vereinbarte man pauschal für die Literatur-Auswertung und 120 Euro für jede fertiggestellte Seite.

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Im März 2023 war das 130-Seiten-Werk fertig. Doch Hatice A. war nicht zufrieden, schickte Beschwerde-Mails. Der Autor reagierte angeblich nicht. Die Doktorandin reichte Klage ein.

Die Studentin sauer: „Ich habe 100 Interviews in drei Jahren geführt, transkribiert und analysiert. Meine Ergebnisse sind dann einfach so runtergerattert worden.“ Ihr Anwalt: „Das Werk ist völlig unbrauchbar. Meine Mandantin hat es überhaupt nicht verwenden können.“ Er fordert ein Gutachten über die Brauchbarkeit der Arbeit.

Richterin Edinger sieht die Sache anders: Ein Doktor-Titel habe ein hohes gesellschaftliches Ansehen, da dürfe man nicht einfach schummeln, die Dissertation müsse man laut den Uni-Regeln selbst erarbeiten.

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Wegen möglicher Sittenwidrigkeit (§138 BGB) gebe es hier eventuell gar keine Vertragsgrundlage. Wenn demnach der Ghostwriter keinen Vergütungsanspruch habe, gebe es umgekehrt auch keinen Erstattungsanspruch.

Die Richterin: „Wenn beide Seiten sich dieses Sittenverstoßes bewusst sind, bleiben die Leistungen, wo sie angekommen sind.“ Blöd für die Studentin: Sie hat das Geld bereits überwiesen.

Wie dämlich kann man eigentlich sein?

Ich meine beide, die Doktorandin und ihren Anwalt.

Bei einer Prüfung zu betrügen und das auch noch selbst vor Gericht zu bringen.

Offenbar haben die Doktorandin und ihr Anwalt das gar nicht gemerkt, dass man eine Dissertation selbst zu verfassen hat, wie man ja auch die Fahrprüfung selbst ablegen muss. Sie mussten sich das erst von der Richterin sagen lassen, dass man eine Dissertation selbst zu schreiben hat.

Die Frage ist aber, was für eine Hochschule ist, wenn Doktoranden da allen Ernstes glauben und es für rechtmäßig halten können, dass man sich die Arbeit vom Ghostwriter schreiben lässt. Das passt ja zu meiner Einschätzung, dass das an manchen Universitäten und Fakultäten gängige Praxis ist, dass die reihenweise betrügen, und das gar nicht mehr als Betrug wahrnehmen, weil es einen „Konsens“ darüber gibt.

Und da hat dann auch die BILD weitgehend versagt.

Denn normalerweise steht so etwas in der Promotionsordnung und wird der Doktorand dann, wenn er sich zur Promotion anmeldet, also bevor er „forscht“, darüber belehrt und das hat er auch zu unterschreiben, dass er die Arbeit selbst anzufertigen hat.

Da drängt sich eigentlich die Frage auf, an was für einem Affenstall die da promovieren wollte, wenn man dort Doktorand sein kann, und nicht nur zu betrügen, sondern sich dabei auch noch im Recht zu fühlen und das Ghostwriterhonorar vor Gericht zurückzufordern.

Solche Affenstallzustände schaffen eigentlich nur Soziologen und ihre angrenzenden Fächer (und so manche Informatikfakultät).

Welche Affenfakultät war das?