Ansichten eines Informatikers

Luftkampfdrohnen

Hadmut
4.10.2025 19:51

Ein Leser fragt an. [Nachtrag]

Drohnen

Hallo Hartmut,
ich schätze in vielen Fällen deine Analysen, auch wenn ich von Frauen im allgemeinen mehr halte als du.

Mit großem Interesse lese ich immer wieder, wie du einen komplexen Sachverhalt von allen möglichen Seiten beleuchtest, juristisch physikalisch, historisch, mathematisch, (Wahrscheinlichkeiten) und so weiter. Du weißt was ich meine.

Seit einiger Zeit sind ja Drohnenüberflüge der heiße Scheiß unter den Meldungen. Da wird die Bundeswehr und ihre Kompetenzen mit denen der Polizei verglichen, da wird sogar im Grundgesetz geblättert, wie man der Geschichte nun begegnen sollte.

Vielleicht bin ich ja naiv, aber mein erster Gedanke ist, Drohnen mit Drohnen zu bekämpfen. Es muss doch möglich sein, mit einer Drohne der 1000 € Klasse eine solche feindliche, zumindest aber unbefugte Drohne einfach zu rammen. Die Propeller halten nicht viel aus und sind schnell zerstört, die Drohne stürzt ab. Den Kollateralschaden halte ich für geringer, als wenn man aufwendig darauf schießt.

Vielleicht hast du ja Lust, diesen Sachverhalt mal hin und her zu drehen und dazu ein paar kluge Gedanken aufzuschreiben. Würde mich freuen.

Ich glaube, das stimmt so nur für die billigen Amateurdrohnen, und nicht mal ganz für die.

Es gibt für die ganz kleinen DJI-Drohnen Schutzkäfig, die man anstecken kann, und die eigentlich für Drohnenanfänger gedacht sind, damit die die Drohne nicht kaputt machen, wenn die gegen die Wand fliegen. Die kosten zwar etwas Flugleistung, und die Drohne erkennt sogar ohne Schalter o.ä., einfach an ihrem veränderten Flugverhalten, dass man ihr so einen Schutzkäfig drumgepackt hat, aber man könnte ja auch einer Drohne einfach so ein Ding umhängen. Und es gibt auch für professionelle Drohnen, die zwischen Bäumen, in Kanälen, in Brandhäusern, bei Terror und Bombengefahr eingesetzt werden, solche Schutzkäfige, weil man die nicht so steuern kann, dass sie nicht mal irgendwo anstoßen.

Ich habe sogar Bilder von Panzern gesehen, die auf die Schnelle zusammengeschweißte Schutzkäfige haben, und aussehen, als hätten sie sich einen riesigen Vogelkäfig aufgesetzt, damit Drohnen nicht mehr auf Kontaktnähe kommen können.

Außerdem gibt (oder gab es zumindest mal, ich habe die schon lange nicht mehr gesehen) aus China Ersatzrotorblätter aus Carbon, von denen es hieß, dass die ziemlich nahe an unkaputtbar wären und man mit denen auch durch die Flora fliegen könne, die einfach alles absäbeln. Vor denen wurde aber gewarnt, weil die für Mensch und Tier höchst gefährlich wären, wie fliegende Rasiermesser. Und da hat ein Satz auch nur zweistellig in Euro gekostet.

Man sollte also nicht erwarten, dass so eine Angriffsdrohne als unmodifizierte 500-Euro-Kaufhausdrohne daherkommt.

Einfach Rammen dürfte nicht ausreichen. Vor Jahren gab es mal ein Video, in dem ein Amerikaner eher so aus Spaß eine handelsübliche Amateurdrohne mit einer Pistole und einem ferngesteuerten Abzug ausstattete und aus Spaß filmte, was passierte, wenn die Drohne aus der Luft schießt, und eigentlich erwartete, dass es die Drohne vom Rückstoß schier zerreißt. Der Drohne hat das aber gar nichts gemacht, die ist ein bisschen in der Luft zurückgeschwungen und hat das sofort wieder ausgeglichen. Ganzes Magazin leer geschossen, machte der Drohne überhaupt nichts.

Das nächste Problem: Ortung.

Eine Drohne ist kein Kampfflugzeug mit Radar, und eine Plastikdrohne auf dem Radarbild schwer zu sehen. Heiß wie eine Turbine werden die auch nicht. Wie also soll eine Drohne die andere orten und treffen können? Die von Vögeln unterscheiden? Freund-Feind-Kennung?

Oder soll das der Pilot vom Boden aus?

Es mag Leute geben, die das können. Es gibt Drohnen, auch von DJI, die sehr schnell fliegen können, extrem wendig sind und das Bild per Videobrille an den Piloten übermitteln, der also sieht, als säße er in der Drohne. Es gibt Videos, die mit solchen Drohnen gedreht wurden, in denen Leute mit Wahnsinnstempo durch Häuser und sogar durch die heruntergekurbelten Seitenscheiben von Autos fliegen, oder in die Schornsteine von Industrieruinen, und deren Wettbewerbe, in denen sie mit unfassbarer Geschwindigkeit in riesigen Lagerhallen durch Schikanenparcours fliegen, sind der blanke Wahnsinn. Es gibt sicherlich Leute, die genau das können, mit einer Drohne eine andere zu jagen und eine Art Luftkampf zu führen.

Aber wieviele Leute gibt es, die so etwas können? In Deutschland vielleicht 10? 20? 50? Will man die an jeder wichtigen Stelle, an jedem Flughafen, jeder Industrieanlage, jeder Kaserne 24 Stunden auf Bereitschaft stationieren?

Ginge es nur um einen Flughafen, wäre das vielleicht möglich. Aber nicht, wenn der Angreifer Ort und Zeit aussucht.

Und dann sind diese Kameradrohen auch recht klein und wendig, können aber in einer Kollision mit großen Drohnen nicht viel ausrichten.

Es nützt auch nicht viel, einen Rotor kaputt zu machen. Industriedrohnen sind oft octocopter, haben acht Rotoren und sind redundant, können den Verlust ausgleichen.

Man sollte auch nicht glauben, dass „Drohne“ immer dieses kleinen lustigen Quattrokopter meint. „Drohne“ ist eigentlich alles, was unbemannt ist. Viele Drohnen sind auch gebaut wie Flugzeuge, fixed wing, Motor vorne.

Man bräuchte also eine Art bewaffneter Drohne.

Eine bewaffnete Drohne, die an einem Flughafen rumfliegt und Dinge abschießen will, die da rumfliegen? Uuuh. Außerdem wird die dann wieder groß, schwer, träge.

Das geht auch luftfahrtrechtlich erst einmal nicht, da müsste man Gesetze anpassen.

Und was, wenn es klappt? Und das Ding dann jemandem auf den Kopf fällt oder gleich explodiert? Straßenverkehr?

Ich halte das für sehr, sehr schwierig, auch wenn ich glaube, dass es Leute gibt, die das könnten, und DJI FPV Renndrohnen schnell und wendig genug wären und die Videoübertragung auf Kamerabrillen haben, die man bräuchte. Die Dinger schaffen bis zu 150km/h. Aber ob die dann wirklich etwas ausrichten könnten, wage ich zu bezweifeln.

Und um einen Flughafen herum mit einer Renndrohne herumzuflitzen, könnte sogar so ganz gefährlich werden, wenn das Ding mit einem Flugzeug oder Heli kollidiert oder vielleicht einfach auf parkende herunterstürzt.

Man müsste also mehrere Leute dran haben, nicht nur den Piloten, der das Ding steuern kann, sondern auch welche, die das ständig überwachen, ob das Ding in gefährliche Gebiete gerät oder über Flächen, über denen nichts abstürzen darf.

Einen Versuch wäre es vielleicht mal wert.

Tatsächlich würde mich mir mehr davon versprechen, wenn beispielsweise ein Polizei- oder Militärhubschrauber einfach über die Drohne fliegt und das Ding mit seinem „downwash“ erledigt. Oder die klassische Vietnam-Methode mit dem Gewehr aus der offenen Bordtür, aber halt mit der Schrotflinte statt mit dem Maschinengewehr. So ein normaler NH-90 mit Radar oder etwas kleineres, Eurocopter, sofern die die Drohnen orten können, sollten reichen, wenn man die Seitentüren aufmacht und auf beiden Seiten „Bordschützen“ mit Pump Guns hat, die nach unten schießen. Das sind dann aber schon Risiken, die man eigentlich nur im Krieg eingeht.

Letztlich sehe ich da eine Aufgabe der Rüstungsindustrie, entsprechend billige Abwehrsysteme zu bauen. Billig müssen die sein, weil das Abschießen nicht teuerer sein darf als die Drohne selbst. Neulich hat ja die Nato eine billige Styropor- und Sperrholzdrohne mit einer 400.000-Euro-Rakete abgeschossen.

Und billig müssen sie auch sein, weil man davon ja ganz viele braucht.

Im Prinzip haben wir so etwas schon, Gepard und Roland können eigentlich genau das, aber viel zu groß und zu teuer. Im Prinzip bräuchte man so etwas wie „Gepard light“, Systeme, die in die Flugsicherung eingebunden sind, keine guten Flugzeuge abschießen, aber Drohnen erfassen und im Prinzip mit Schrot erledigen. Ich weiß nicht mehr, ob es Gepard war, aber es gibt irgendein Flugabwehrsystem, bei denen die Geschosse beim Abschuss aus dem Kanonenrohr programmiert werden, nach welcher Zeit, also in welcher Entfernung sie explodieren sollen, und dort dann eine Schrappnell-Wolke mit begrenzter Reichweite produzieren.

Allerdings sollte man sich da nicht zu sehr auf Symptombekämpfung verlegen.

Für wichtiger halte ich es, die Herkunft dieser Drohnen rückzuverfolgen, wo kamen die her. Und wohin fliegen sie ggf. zurück.

Alles in allem kein einfaches Thema, die neue Kriegführung eben.

Ich kann mich erinnern, bei irgendeinem Tag der offenen Tür oder so etwas mal im Bundestag bei einer Sitzung dabei gewesen bin, wo die Grünen, voran der Ströbele, bewaffnete Drohnen auf jeden Fall verbieten wollen, weil es menschenunwürdig sei, von einem Automaten erschossen zu werden, jede habe Anspruch darauf, von einem lebenden Menschen erschossen zu werden. Die haben dann verhindert, dass wir Kampfdrohnen entwickeln, und jetzt stehen wir blöd da, weil der Rest der Welt Drohnenkrieg macht und wir mal wieder so blöd wie grün sind.

Ich will es mal so sagen: Adler können sowas.

Es gibt auf Youtube einige Videos von Drohnen, auf denen in der Luft plötzlich ziemlich gereizte Adler auftauchen, um sich den Eindringling in ihren Luftraum aus der Nähe anzusehen, und ich glaube, einer war sogar so sauer, dass er die Drohne vom Himmel geputzt hat und die abgestürzt ist.

Man hat Adler trainiert, Drohnen einzusammeln, und es gibt Filmaufnahmen, wie trainierte Adler diese alten DJI-Drohnen einkassieren, indem sie sie von schräg unten anfliegen, sich dann so drehen, dass sie wie auf der Jagd ihre Fänge, die Krallen, nach vorne klappen, und sich die Drohnen an ihrem Landegestell greifen und einfach mitnehmen und die „Beute“ abliefern.

Aber nur die alten DJI-Drohnen hatten solche Adler-Griff-Landegestelle.

Langer Rede kurzer Sinn: Man wird sich darum kümmern müssen, Abwehrsysteme zu bauen. Kanonen oder Abwehrdrohnen. Und entsprechende Pläne zur Vorgehensweise zu machen. Kann man beispielsweise damit herumballern, wenn die Flieger alle in der Warteschleifen drehen?

Und was machen wir eigentlich, wenn an allen Flughäfen gleichzeitig Drohnen auftauchen? Alle gleichzeitig sperren?

Wenn man das überhaupt angehen wollte, würde ich im Moment auf eine DJI FPV Renndrohne mit befähigtem Piloten, Videobrille und zwei, drei Orientierungs- und Sicherheitshelfer setzen, aber ich weiß nicht, ob das auch so funktioniert, wie ich mir das vorstellen würde, und woher man genug Piloten bekommen will, die das können. Und wie man das mit dem Tower und der Flugsicherung zusammenbringt. Ich weiß nicht einmal, ob die Flugsicherung die Drohnen auf ihrem Radar sehen kann.

Vielleicht würde ich daran noch eine leichte, aber harte Titanlanze anbringen, mit der die Renndrohne dem Feind in die Rotoren stochern kann. Oder vielleicht sogar eine kleine Aufschlagsprengkapsel, die halt ein Loch macht. Oder vielleicht eine Art Einkaufsnetz aus Kevlar-Fäden unten raushängen lassen kann, dass sich um die feindlichen Rotoren wickelt.

Aber was, wenn die Dinger dann jemandem auf den Kopf fallen oder in eine Windschutzscheibe knallen?

Nachtrag: Wobei mir einfällt, dass das so ohne weiteres gar nicht geht, weil die DJI Drohnen Landkarten mit Flugverbotszonen haben. Man kann die gar nicht auf einem Flughafengelände starten. Man müsste also mit DJI sprechen, dass die einem das freischalten.