Ansichten eines Informatikers

Eine 18-Jährige im Rettungswagen

Hadmut
1.10.2025 19:28

Ein Detail zum Rettungswagen, der vom Zug gerammt wurde.

Ganz viele Leser, darunter auch Ärzte, haben mir geschrieben, dass bei diesem seltsamen Unfall, bei dem ein Rettungswagen mit einer 88-Jährigen nach medizinischem Notfall mitten auf den Bahngleisen stehen geblieben sei, und dann vom Zug gerammt wurde, eine 18-Jährige am Steuer saß.

Wenn ich die Informationen zusammensammle, waren die Sanitäter hinten im Auto – und der Beifahrer soll sogar nach hinten geeilt sein, um zu helfen – mit einem medizinischen Notfall befasst, allesamt auch sehr jung, alle Anfang 20, nachdem diese das Kommando zum Anhalten gegeben hatten, weil es einen Notfall gab. Anscheinend hatten die hinten aber nicht die Übersicht, dass sie mitten auf einem Bahnübergang stehen. Und der Beifahrer scheint sich auch nichts gedacht zu haben. Man kann sich das förmlich vorstellen, wie eine Besatzung ohne Arzt, alles junge, unerfahrene Leute, da auf einmal Panik bekommen haben, weil es irgendeinen eiligen Notfall gab, dann vermutlich in Panik gebrüllt haben, sie solle anhalten – und die hat das dann gemacht. Und dann sind eben die Schranken runtergegangen. Und die wird in ein Dilemma gekommen sein: Fahren kann sie nicht, Stehen bleiben auch nicht.

Sowohl Leser, als auch Stimmen von Sanitätern in den Medien meinten, dass das jedem Sani klar sei, dass es auch im Notfall nicht auf 10 Meter ankommt und die Priorität darauf liegt, eine Stelle zum Anhalten zu suchen, statt einfach an Ort und Stelle irgendwo stehen zu bleiben. Die Straßenverkehrsordnung verbietet sogar das Anhalten auf Bahnübergängen.

Die Fahrerin selbst ist übrigens auch nicht mehr aus dem Fahrzeug gekommen, wurde dabei aber nur leicht verletzt.

Und die Sanitäter konnten wohl noch schnell genug rausrennen, wurden auch nur leicht verletzt.

Die alte Frau aber starb an den Verletzungen (hieß es inzwischen, und nicht, wie zuerst vermutet, am medizinischen Notfall selbst, obwohl natürlich die Frage ist, ob sie den überlebt hätte, wenn sie nicht mittendrin noch vom Zug überfahren worden wäre).

Nicht wenige Leser – und ich schließe mich an – sind der Meinung, dass eine 18-Jährige bei dieser Reizüberflutung und Krisensituation schlicht und einfach überfordert war. Die konnte das fahrerische Können noch gar nicht haben, um mit der Situation umzugehen.

Würde ich bestätigen. Ich habe mit 19 bei der Bundeswehr den LKW-Führerschein gemacht, aber bei der Bundeswehr ist das eigentlich so, dass man als Wehrpflichtiger nur selten oder gar nicht einen LKW mit Personen hinten drauf alleine fährt, sondern man immer den Gruppen- oder Zugführer im Fahrzeug hat, der die Anweisungen gibt, und Dienstgrad hat. Erst mit 21 durfte ich den zum privaten Führerschein umschreiben, weil man da davon ausging, dass man mit 21 schon genug Überblick und Erfahrung hat.

Es gibt freilich schon Leute, die mit 18 dazu in der Lage sind. Aber eben nicht alle.

Ich kann mich erinnern, als ich mich an der Uni mit einem Kollegen über Führerscheine und Autofahren unterhielt, der stattdessen Zivildienst geleistet hatte und – auch mit 19 – damals Rettungswagen gefahren ist. Der erzählte, dass die damals ein Rolltor hatten, und immer, wenn es Alarm gab, ging dieses Rolltor hoch, und man musste warten, bis die kleine Ampel von rot auf grün sprang, um dann mit Blaulicht und Tatütata loszubrausen. Und immer wieder sei es passiert, dass die Leute nicht abwarten konnten, bis die Ampel auf Grün schaltet, und losgefahren sind, wenn das Rolltor – vermeintlich – schon hoch genug war. Und das reichte dann für das Fahrzeug, aber nicht für die Blaulichter, weshalb die sich immer wieder die Blaulichter abgerissen haben, und die dann selbst bezahlen mussten. Und für einen Zivi seien ein Satz Blaulichter eine wirklich bitter teure Angelegenheit. Das habe mehr gekostet, als man da bekommen habe.

Deshalb sei es auch so, dass man die Rettungswagen nicht etwa hochmotorisiert einkaufe, damit die so richtig schnell fahren können, sondern die schwächsten Motoren, und selbst die teilweise noch drosselt, damit sich die Zivis im Blaulichtrausch nicht selbst totfahren.

Auf Tatortfotos hat man auch gesehen, dass das kein großer, sondern nur ein ganz kleiner, einspuriger Bahnübergang war, und der auch keine große Schranke, sondern eher so eine rot-weiß-lackierte Holzlatte hatte, die man ohne weiteres hätte abbrechen können.

Fotos bei der Aachener Zeitung

Und die BILD:

Die Sanitäter wurden zu einem Krankentransport in Ahaus (Kreis Borken) in Nordrhein-Westfalen gerufen. Eine 88-jährige Frau sollte nach BILD-Informationen in eine andere Klinik verlegt werden.

Die Retter fuhren über den Schumacherring. „Während der Einsatzfahrt gab es einen medizinischen Notfall“, sagte Polizeisprecherin Johanna von Raesfeld zu BILD. Die Fahrerin (18) stoppte demnach sofort. Laut Polizei kam der Krankenwagen auf den Gleisen des Bahnübergangs zum Stehen.

Der Beifahrer (24) und ein weiterer Sanitäter (19) eilten der Seniorin zu Hilfe, während die Fahrerin am Steuer sitzen blieb und sich die Schranken schlossen. Die beiden Sanitäter brachten sich in Sicherheit, während der Regionalzug in den Krankenwagen hineinfuhr. Doch: „Die Patientin konnte nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden“, so die Polizeisprecherin weiter.

Ein Leser

Auch der Sanitäter (19) hinten im Wagen scheint da allein überfordert gewesen zu sein, so das der Beifahrer (24) auch nach hinten musste. Warum das aber ausgerechnet auf den Schienen passierte, kann man nur mutmaßen.

Sorry, aber wenn der 24-jährige Beifahrer der Einzige mit Ahnung ist und nichts dagegen unternommen hat, mitten auf den Bahngleisen zu stehen, dann ist der auch überfordert.

Ein Ärztin schreibt mir:

Was heute alles passiert, macht mich als Ärztin fassungslos und immer fassungsloser (kann man Adjektiv überhaut steigern gemäß Duden?)

Und bei dieser Gelegenheit kann ich berichten von der selbstüberschätzenden Arroganz von Sanitätspersonal auf KTWs, die Arztanweisungen und Krankenhauseinweisungen ignorieren und nach Arzt-Pat.Kontakt/Untersuchung selbst googeln, die Diagnose des Arztes anzweifeln und ändern ! und NICHT das KrHaus mit dem Pat. anfahren, das nach telef. Ankündigung schon die Pat. erwartete…..

Die Einweisung des Arztes hatte der Sani in dem von ihm selbst gewählten 2. Krankenhaus nicht abgegeben…..
HOFFENTLICH HAT ES NOCH JUSTIZABLE KONSEQUENZEN FÜR DEN Sanitä(“ö”)ter!!!!

Das Pflegepersonal allgemein in D schwingt sich immer mehr hoch zu arroganten Beurteilungen, nicht zuletzt durch Etablierung der Pflegewissenschaften und 1000 Bezeichnungen, die man erlangen kann (Wundmanager, Stomatherapeut uvam.

Dieser Berufszweig wurde seit Jahrzehnten “gepudert und gepampert”.

Das “Nischenwesen” dort nimmt überhand (in der Medzin und bei den Ärzten auch). Jmd. weiß was im Mini-Teilgebiet. Aber kaum jmd. kennt noch Zusammenhänge oder weiß um das große Ganze, zunehmend fehlt es an Wissen, Kombinationsgabe – es fehlt immer mehr an Grips … aber nicht an frecher Selbstüberschätzung.
Wenn es drauf ankommt, tragen sie NIE DIE VERANTWORTUNG!!!!! DIE WEISEN SIE DANN IM KRISEN-UND KONFFLIKTFALL RIGEROS AN die Ärzte zurück.

Ansprechen darf man diese Tatsachen aber nicht!

Niedergelassene Ärzte verzweifeln an mehr werdenden Steinen im Weg, wie z.B. E-Akte, zunehmende Dokupflichten, Vorschriften, Budgetierung, Überwachung, Regresse, Rechtfertigungen vor der KV (eine Art Befragungstribunal gibt es).
Ein freier Beruf ist das schon lange nicht mehr!

Und nix verbessert sich in der Gesundheitsparte, “im Heilwesen”,
nur noch Ver-Schlecht-änderungen.

Task Saturation

Kurioserweise schreibt ein Leser ziemlich genau das, was ich in meinen Sicherheitsschulungen immer als Warnung vor Taschendieben, Social Engineering, Hütchenspielern usw. gesagt habe:

Hallo Hadmut,

einfacher Fall von Task Saturation des Fahrers, 18 Jährige Frau. Notfall hinten von 88 Jähriger Patientin. Mit 3 Sanitätern sicher zu managen. Trotzdem hält Sie auf den Schienen und bekommt die Kiste keine 10 Meter mehr weiter gefahren. Die Schranken zu durchbrechen ist auch kein Problem, aber man kann davon ausgehen, das es bei Ihr in der Situation keine Idee mehr gab. Eigentlich eine lausige Ausbildung von Rettungswagenfahrern. In deren Karriere werden noch viele Patienten in deren Fahrzeug sterben, also muß man damit umgehen können. Mit 3 Sanitätern müssen sie eine sinnvolle Arbeitsteilung auf die Reihe bekommen, wie in jedem Flugzeugcockpit auch. Da dürfen sich nicht alle 3 gleichzeitig um nur ein Problem kümmern.

Das Hirn hat nur eine begrenzte Kapazität. Nix Multitasking, schon gar nicht bei Frauen, auch wenn Feministinnen das immer wieder als Stärke von Frauen behaupten. Frauen können zwar das Hirn besser separieren und unterschiedliche Aufgaben mit unterschiedlichen Teilen des Gehirns lösen, etwa zuhören und dabei stricken oder das Kind schaukeln – was der Grund dafür ist, warum Frauen so oft stereotype, maschinenhafte Fließbandarbeit machen. Aber Notfall innen (medizinisch) und Notfall außen (Schranke/Zug) braucht eben dieselben Hirnteile, und dann ist nichts mehr mit Multitasking.

Meine Einschätzung

Ich glaube, der Schlüssel zum Verständnis liegt im Auftrag. Denn das war ja kein Rettungseinsatz, keine Dramasituation, sondern eine – normalerweise harmlose und gemütliche – Krankenverlegung, bei der es nichts weiter gibt als Einladen, sich unterwegs mit dem Patienten ein bisschen unterhalten, und Ausladen, kein Blaulicht, keine Eile, typischer Erholungsdienst.

Werden die mit Blaulicht und Horn zum schweren Einsatz alarmiert und erwarten Schwerverletzte, ist das Hirn vorbereitet, der Adrenalinpegel schon hoch. Kann man professionell werden.

Hier aber werden die mit Anfängern losgefahren sein, weil ein vermeintlich leichter Einsatz ohne Stress und Anforderungen. Und sich vielleicht dabei noch entspannt und nett unterhalten haben.

Und dann kommt es urplötzlich und ohne Vorwarnung zu einem Krisenzustand. Was auch immer das gewesen sein mag, Herzstillstand, Schlaganfall, Infusion aufgerissen, Blutung – irgendwas halt.

Und dann wird der hinten gerufen haben „Scheiße, was mach ich jetzt!?“

Und dann wird der 24-Jährige Beifahrer als der einzig Erfahrene gesagt haben „Halt sofort an, ich muss nach hinten!“, und das vielleicht nicht einmal dauerhaft, sondern nur zum Umsteigen gemeint haben.

Und der Rest ist ein typischer Fall von „shit happens“. Manchmal geht es eben schief.

Irgendwo stand zwar, dass die Polizei gesagt habe, dass auf die Fahrerin ein Strafverfahren zukomme wegen „Fahrlässiger irgendwas“ (Körperverletzung mit Todesfolge glaube ich, weiß ich nicht mehr genau).

Aber um ehrlich zu sein, würde ich da gar nicht so sehr der Fahrerin einen Vorwurf machen. Man kann Menschen in den meisten Fällen keinen Vorwurf daraus machen, dass sie mit Aufgaben überfordert sind, sondern muss den Vorwurf denen machen, die ihnen diese Aufgabe gegeben haben.

Und für eine solche Verlegungsfahrt sollte ein erfahrener Sanitäter eigentlich reichen – was der 24-Jährige Beifahrer anscheinend war. Wenn ich nach einem Schuldigen suchen sollte, würde ich – ehrlich gesagt – eher auf den als auf die 18-Jährige am Steuer schauen. Denn wenn der auf dem Beifahrersitz saß und eben nicht hinten drin war, und dann wohl Chef von det janze war, muss eigentlich der die Übersicht haben und die Anweisung geben, erst über den Übergang zu fahren, sich dann eine Stelle zum Stehen zu suchen und „Blaulicht an!“

Man kann sich jetzt episch damit beschäftigen, welche Qualitätsanforderungen man an Sanitäter stellen kann und muss, und ich würde denen sogar weitgehend zustimmen – bei Rettungseinsätzen. Aber erfahrene Sanitäter zu fordern erklärt noch nicht, woher man sie nehmen soll. Jeder muss mal klein anfangen, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – und herrje, es war eine banale Krankenverlegung, kein Notfall. Womit sollen Anfänger denn üben, wenn nicht damit? Wie oft gehen Krankenverlegungen schief?

Man kann nicht alle Risiken ausschließen, manchmal läuft es halt einfach dumm.

Und wir sind nun mal eine Gesellschaft, in der viele einfach keinen ordentlichen Beruf mehr erlernen, sondern einen Pseudo-Beruf mit höchstem Einstiegsgehalt wollen, da findet man keine Sanitäter mehr.

Ich halte das eher für ein gesellschaftliches Problem und ein Symptom unserer maroden Infrastruktur, zu der auch Personalprobleme gehören.

Und – wie schon gesagt – nach den Beschreibungen dessen, was da passiert sei, würde ich mein Augenmerk eher auf den 24-jährigen Beifahrer als die 18-jährige Fahrerin richten, weil die Autorität war und den Überblick haben musste, und womöglich falsche Anweisungen gegeben hat. Das habe ich nämlich bei der Bundeswehr durchaus erlebt, dass 18- oder 19-Jährige Wehrpflichtige weitaus erwachsener, intelligenter und urteilsfähiger waren als die vorgesetzten Unteroffiziere oder Offiziere, aber deren Befehle zu befolgen hatten und unter deren Autorität standen.

Auf der Bahnstrecke stehen zu bleiben, war eine üble Fehlleistung.

Aber ich wäre mir da nicht so sicher, dass es eine schuldhafte oder aus der Situation vermeidbare Fehlleistung war. Man weiß nicht, was für ein Chaos da in der Bude war, und wieviel Zeit da verging, obwohl es einige Sekunden gewesen sein müssen, weil die ja erlebt hat, wie die Schranken runtergingen, und es dann immer noch Sekunden dauert, bis der Zug kommt.

Vielleicht ging es nur darum, den Beifahrer nach hinten umsteigen zu lassen. Vielleicht hat sie den Motor abgewürgt und nicht mehr anbekommen.

Ich glaube nicht, dass jemand, der bewusst auf Bahngleisen stehen bleibt, ans Steuer eines Krankenwagens gehört. Wir wissen aber nicht, wie es dazu kam, ob vielleicht der Verkehr zuvor stockte, und man sich deshalb entschied, auf dem Bahnübergang umzusteigen.

Irgendwo hieß es aber auch, dass Passanten noch versucht hätten, die Besatzung zu warnen – und vielleicht gerade deshalb die zwei Sanitäter noch flüchten konnten.

Gerade gestern habe ich etwas seltsames in einem Stadtbus erlebt. Ziemlich vollgestopft, ich hatte einen Sitzplatz, und ich wollte an einer Haltestelle raus. Vor mir steht eine junge Frau, Anfang zwanzig, sieht kerngesund und sportlich aus, die ich vorher schon gerne angeraunzt hätte, weil sie überhaupt nicht auf ihren Rucksack achtete und ich den immer wieder ins Gesicht bekam, wenn sie sich bewegte. Ich habe aber nichts gesagt, weil ich mir dachte, ich bin ja eh gleich draußen.

Ich stand auf und wollte durch, sie reagierte nicht. „Darf ich bitte durch?“ Sie reagierte nicht. „HALLO, DARF ICH BITTE MAL DURCH? Ich muss hier raus!“

Als ihr Begleiter, wohl ihr Freund, zu mir in Alarmton sagte, „Sie kann gerade nichts sehen!“

Und sie dann unter einer gewissen Panik sagte „Mir ist schwarz vor Augen, ich kann nicht mehr sehen!“

Schlaganfall?

Augenmigräne?

Irgendwas mit Blutdruck oder Blutzucker?

Ich habe dann gesagt, dass sie sich auf meinen, nunmehr freien Platz setzen solle und das so gedreht, dass im vollen Bus nur sie auf meinen Platz konnte und bin dann raus. Keine Ahnung, ob die was Gefährliches hatte und ob die sich davon wieder erholt hat, ich bin ja dann raus.

Aber der Gedanke geht mir durch den Kopf, ob die Fahrerin des Rettungswagens unter Stress vielleicht gar nicht mehr fahren konnte.

Man muss immer bedenken, dass es Leute gibt, die in Stresssituation „festfrieren“, womöglich auch ein evolutionäres Verhalten. Kennt man von Eseln. Während Pferde Prärie- und Steppentiere sind, die unter Gefahr am besten scheuen (einen Angreifer abwerfen) und dann rennen wie der Teufel, egal wohin, sind Esel Bergtiere in absturzgefährdeten Gebieten, die unter Gefahr am besten stehen bleiben, wo sie stehen, und deshalb blockieren.

Ich habe oft beobachtet und beschrieben, dass es Leute gibt, die eben noch normal Auto fahren konnten, und völlig die Kontrolle verlieren, wenn hinter ihnen plötzlich irgendwas mit Blaulicht und Horn ankommt, plötzlich Blaulichtstress herrscht. Von einem Moment auf den anderen sind die nicht mehr in der Lage, ihr Auto zu kontrollieren und aus dem Weg zu fahren, sondern bleiben einfach ganz stehen und krallen sich am Lenkrad fest, als würde es verhindern, dass sie in die Tiefe stürzen, oder sie reagieren unsinnig und verkeilen sich völlig. Wenn ein Auto nämlich gegenüber der Fahrspur so um 20 oder 30° gedreht wird, hat es ja einen größeren Blockierquerschnitt als gerade. Und dann gibt es auch noch die, die das Auto demonstrativ so etwas schräg stellen, damit sie pro forma eine Reaktion demonstriert haben, auch wenn es gar nichts bringt oder sogar schadet, weil sie nicht rational verstehen, dass sie Platz machen müssen, sondern demonstrieren, dass sie sozial konform handeln und das Auto so ein bisschen aus der Spur drehen, damit man sieht, dass sie sich ja bemüht haben.

Der Gedanke, dass dieser Effekt nicht nur die im Straßenverkehr betreffen kann, wenn hinter ihnen ein Blaulicht kommt, sondern auch die Blaulichtfahrer selbst, war mir bisher nicht gekommen.

Es erklärt aber gut, warum etwa Piloten für Krisenfälle einen regelrechten Drill der Prioritäten haben – Aviate, Navigate, Communicate – um auch in Krisensituationen unter hohem Stress noch richtig zu reagierne.

Ergebnis

Ich stimme zu, dass es sehr dubios aussieht, wenn eine 18-Jährige einen Krankenwagen (der war ja nicht auf Rettungsfahrt) steuert und dann mitten auf den Bahngleisen stehen bleibt.

Trotzdem halte ich es für voreilig, das zu beurteilen, bevor man genau weiß, was da passiert ist. Das ist zu verführerisch, es sich zu leicht zu machen.

Nach meiner Lebenserfahrung würde ich mir da eher den Beifahrer anschauen und klären, was da in dem Ding überhaupt passiert ist und wer welche Anweisungen gegeben hat.