Ansichten eines Informatikers

Ohrendusche

Hadmut
24.9.2025 0:20

Ich werde alt. Und muss mich langsam mit der Altenpflege an mir selbst vertraut machen.

Ich muss es leider feststellen: Ich habe ein Problem. Alter. Hormone. Erdstrahlen. Weiß der Geier, warum, aber während die Haare oben auf dem Kopf so langsam weniger werden, und ich bei der Farbe sehr lange durchgehalten habe, inzwischen auch die grauen Haare den Aufstand proben, wachsen die Haare an anderen Stellen zunehmend, kann ich mich inzwischen sowohl eines Brust-, als auch eines Rückenpelzes rühmen, der zumindest fleckenweise immerhin die Immunität gegen Stechmücken mit sich bringt – die kommen schlicht nicht mehr durch. Dafür ist das Eincremen mit Sonnencreme, als würde man sich Pomade in die Haare schmieren. Man kann sich dann aber mit einem Kamm modische Muster in die Brusthaare ziehen wie in Butter.

Unschön verliefen dagegen die Versuche mit preisgünstig erworbenen synthetischen „Funktions-Shirts“ im 15er-Pack von Temu, geliefert im Sack, mit denen ich eigentlich sehr zufrieden bin, weil ich solches Zeugs auf Reisen gerne trage – luftig, nicht saugend, leicht auszuspülen, notfalls mit Handseife im Hotelwaschbecken zu waschen und über Nacht an der Duschvorhangstange zu trocknen. Sehr angenehm, aber nicht mehr alterskompatibel, denn es passiert mir, dass sich die Brusthaare durch den Stoff arbeiten und nach einiger Zeit das Shirt an der Haut angekommen ist und die Haare auf der Außenseite heraushängen. Die Wirkung auf Frauen ist leider nicht positiv. Man muss da schon so ein, zwei Mal pro Stunde am T-Shirt ziehen, damit die Haare wieder für eine Runde innen liegen. Wobei das noch ein relativ geringes Problem ist. Ich kannte zu Studienzeiten mal jemanden, der sehr sportlich und immer mit dem Fahrrad unterwegs war, und mit Vorliebe die damals gerade in Mode gekommenen „Radlerhosen“ aus eng anliegendem Elastikmaterial (Spandex oder wie auch die Stoffe heißen) in Form hauteng anliegender Shorts trug und sich wunderte, warum die Leute alle so komisch gucken, bis wir ihn darauf hinwiesen: Er hatte selbst gar nicht gemerkt, dass sich seine Schamhaar auf dieselbe Weise durch den Stoff gearbeitet hatten, und er seinen Schamhaarbusch damit vor der Hose trug, was auch nicht jedem, und schlimmer noch, auch nicht jeder gefiel.

Das sind alles eher kosmetische Probleme.

Mir wachsen inzwischen verstärkt die Haare in den Ohren.

Und damit meine ich nicht wolche in der Ohrmuschel, oder die heraushängen würden. Sondern so richtig innendrin. Auch das ist nicht neu, ich habe in einem Nasenloch und in einem Ohr schon seit Jahrzehnten je ein Haar, das von ganz tief drinnen herauswächst und mich dabei beständig kitzelt und juckt, bis ich es zu fassen bekomme, und herausrupfen kann, und dann wieder für einige Monate Ruhe habe.

Das Problem ist, dass diese Ohrenhaare ihren Austrittswinkel geändert zu haben scheinen. Früher kam mir so alle paar Monate dieses einzelne Haar aus dem Ohr, ich konnte es mit der Pinzette oder manchmal mit den Fingern greifen, herausreißen und das Problem war gelöst, aber inzwischen wickelt sich das eher so im Ohr auf. Und das kann einen in den Wahnsinn treiben, weil es sich dann bewegt, und so anfühlt, als würde einem irgendein Käfer im Ohr herumkrabbeln. Als Kinder dachten wir ja immer, dass diese „Ohrengrapsler“ oder „Ohrenkneifer“ nachts in die Ohren krabbeln und da drin hausen, aber das ist natürlich Unsinn. Trotzdem kann es einen in den Wahnsinn treiben, wenn sich im Ohr etwas bewegt.

Auf das Problem aufmerksam geworden bin ich, weil ich vor einigen Jahren mal ein Knistern im Ohr hatte, das nicht mehr wegging, und das ich eigentlich nur aus meiner Kindheit kannte, wenn ich im Freibad oder See baden war, und immer überzeugt war, dass das zum Baden dazugehört wie Pommes und Sonnencreme. Weil ich dann befürchtete, mein Tinnitus könnte sich verschlimmert haben, bin ich zur Kontrolle zum Ohrenarzt, der sich das ansah und feststellte, dass ich wohl – Duschen oder Schwimmen – Wasser im Ohr gehabt hatte, und deshalb zwei Haare, die im Gehörgang wuchsen (eines vermutlich das, was früher immer nach außen rauskam) nach innen geklappt waren und auf dem Trommelfell rieben – was man dann als Knistern im Ohr wahrnimmt. Er hat mit einer Zange die zwei Haare vor dem Trommelfell herausgerissen, und ich war geheilt.

Es scheint eine Alterserscheinung zu sein, dass die Haare nicht nur auf Brust und Rücken, am Bart und Südpol stärker, und anscheinend auch ungleichmäßiger wachsen. Es gibt Tage, an denen ich mich morgens naß rasiere (tue ich jeden Tag), dann am Abend aber aussehe wie andere mit Dreitagesbart. Aber auch nicht immer. Eine Leserin hatte sich nach meinen Japan-Videos beklagt, ich möge mir doch Beine rasieren. Was erstaunlich ist, wo ich meine Beine doch eigentlich mit dieser Kamera nicht im Bild haben konnte und die Haare jetzt auch wieder nicht so lange sind, dass sie bis oben reichen. Ich würde sie schon kürzen, bevor sie auf dem dreckigen Boden schleifen, das würde man ja dann auch riechen, wenn man sie durch … gezogen hat. So weit ließe ich es dann nicht kommen.

Nun wollte ich mir schon lange mal ein Otoskop kaufen, dieses Instrument, mit denen einem Ärzte ins Ohr schauen, um den Gehörgang zu kontrollieren. Nur: Das kann man ja nicht an sich selbst anwenden, denn wie will man sich das Ding ans Ohr halten und dabei durchgucken?

Durch Zufall bin ich darauf gekommen, dass es solche Geräte inzwischen im deutschen und chinesischen Versandhandel billig und in elektronischer Machart gibt, die zwischen 15 und 50 Euro kosten.

Im Prinzip steckt man sich eine Kamera mit LED-Licht und Ohrenschmalzlöffel ins Ohr, und kann dann auf einem Display schauen, was es zu sehen gibt. Ihr kennt vielleicht diese Kabelkameras, die es seit Jahren auch beim Discounter gibt, mit denen man irgendwelche Ritzen, Rohre und so weiter untersuchen kann. Die hat man inzwischen so weiterentwickelt, dass sie deutlich dünner geworden sind, und die kann man sich jetzt an einem Rohr ins Ohr schieben.

Ich habe mir gleich drei bestellt (1xReise, 2xWohnungen):

  • ein ganz billiges Gerät in der Größe etwa eines Filzstiftes, das man mit einer Handy-App koppeln muss, das man dafür problemlos mit auf Reisen nehmen kann, das heute kam, das ich aber noch nicht ausprobiert habe. (Affiliate-Link Amazon)
  • ein relativ preisgünstiges Gerät, das einen ähnlichen Stift hat, der aber mit einem Kabel mit einem Gerät verbunden wird, das Akku, handy-großen Bildschirm, Bedientasten hat und Foto und Video auf Mikro-SD-Karte aufnehmen kann, das heute angekommen ist,
  • ein etwas teureres und richtig wie ein richtiges medizinisches Gerät aussehendes Gerät, das man sogar wie ein optisches Otoskop verwendet, weil es ein nur kleines Diplay am Ende eines Griffes hat, und hinten diese Kamera an einem Stäbchen herausragt, man das Gerät also genau wie ein optisches Otoskop verwendet und ans Ohr hält – man aber die Kamera auch trennen und ein Verbindungskabel dazwischenstecken kann, sonst bringt es mir ja nichts, das aber noch nicht geliefert wurde.

Auch wenn diese Dinger keine Abhilfe liefern: Es ist doch beruhigend, sich einfach mal ins Ohr gucken zu können, wenn sich das wieder mal so anfühlt, als würde was drin rumkrabbeln, was gar nicht da ist.

Das zweite Gerät habe ich heute mal ausprobiert. Erstaunlich. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben mein eigenes Trommelfell gesehen. Gar nicht mal so schön. Eindeutig keine Viecher. Eindeutig Haare.

Was sich übrigens als verblüffend gute Anschaffung herausgestellt hat, weil eigentlich nur der Kamerastift für das Ohr ohrenspezifisch ist, und der per USB-C mit dem Basisgerät verbunden wird. Es ist anzunehmen, dass die Kamera wie auch die ganzen Rohr-, Mikroskop- und Konferenzkameras das UVC-Protokoll spricht und das Basisgerät auch mit alle anderen solchen Kameras verwendet werden kann, ich muss nur ein Kabel oder einen Adapter finden, der in den relativ engen Kragen um die USB-C Buchse passt, den sie dahin gemacht haben, damit man Kamera- und Lade-USB-C-Buchse nicht verwechseln kann.

Da mein Haarwuchs aber wohl auch mit einem gestiegenen Anfall von Ohrenschmalz einhergeht und die Ohrenschmalzschaber, die ich mir in Japan gekauft habe, zwar unbestreitbar lustvoll sind, aber in der Effizienz nur bedingt zufriedenstellend (wusstet Ihr eigentlich, dass Japaner genetisch bedingt, im Gegensatz zu uns, harten, krümeligen Ohrenschmalz haben und nicht wie wir, wachsartigen, und ich, ohne das zu wissen, intuitiv die richtigen Schaber für europäische Schmalzpropfen erwischt hatte?), habe ich mir eine elektrische Gehörgangdusche geleistet (Affiliate-Link Amazon), ein Gerät, mit dem man sich mit warmem Wasser das Gehör ausspülen kann. So ein Nordpolbidet. Samt Absaugung des gebrauchten Wassers. Hält man sich wie einen Telefonhörer mit Gummidichtung ans Ohr.

Dazu muss man aber vorher erst die Anleitung studieren und auf korrekt temperiertes Wasser achten. Ich muss mir erst noch überlegen, ob ich mich das traue. Außerdem muss man laut Anleitung erst eine nach Anweisung des Arztes zu kaufende Ohrenschmalzauflösungsflüssigkeit einträufeln, und die habe ich nicht.

Alt zu werden ist hart. Aber Informatiker wissen sich zu helfen.