Ansichten eines Informatikers

„Das in der DDR war kein Sozialismus“

Hadmut
3.9.2025 17:08

Das „No true scotsman“-Syndrom am lebenden Beispiel.

Kennt Ihr das „no true scotsman“-Syndrom? Gehört zu den etwas unbekannteren, trotzdem klassischen Denkfehlern.

Wikipedia:

No true Scotsman or appeal to purity is an informal fallacy in which one modifies a prior claim in response to a counterexample by asserting the counterexample is excluded by definition.[1][2][3] Rather than admitting error or providing evidence to disprove the counterexample, the original claim is changed by using a non-substantive modifier such as “true”, “pure”, “genuine”, “authentic”, “real”, or other similar terms.[4][2]

Heißt: Man stellt eine Behauptung auf, die eine Regel, eine Implikation enthält. Dann kommt jemand mit einem Gegenbeispiel, und beweist empirisch, dass die Behauptung falsch ist. Als Reaktion wird aber nicht der Fehler eingeräumt, sondern die Regel in der argumentativen Notsituation nachträglich so verengt, dass das Gegenbeispiel nicht von der Regel erfasst wird. Warum heißt das Ding „no true scotsman“ (kein wahrer Schotte…)? Wegen des klassischen Beispiels:

Philosopher Bradley Dowden explains the fallacy as an “ad hoc rescue” of a refuted generalization attempt.[1] The following is a simplified rendition of the fallacy:[5]

Person A: “No Scotsman puts sugar on his porridge.”
Person B: “But my uncle Angus is a Scotsman and he puts sugar on his porridge.”
Person A: “But no true Scotsman puts sugar on his porridge.”

„Kein Schotte würde jemals Zucker in seinen Haferbrei tun!“ – „Aber mein Onkel Angus ist Schotte, und er gibt Zucker in seinen Brei.“ – „Kein wahrer Schotte würde jemals Zucker in seinen Haferbrei tun!“

Genau das ist mir mal am Flughafen der Malediven passiert. Die Malediven bestehen aus kleinen Inseln, weshalb man nicht mit dem Zug, sondern mit kleinen Booten zum Flughafen gebracht wird. Und weil die nur bei Tageslicht fahren dürfen und auch innerhalb des Tageslichts wieder zurück sein müssen, war ich 6 Stunden vor Abflug am Flughafen. Weil man aber erst 3 Stunden vor Abflug einchecken und in den inneren Sicherheitsbereich mit den schönen Läden und Restaurants kann, musste ich 3 Stunden im kargen Eingangsbereich rumsitzen, und dann eben auch irgendwann dringend auf Toilette. Dilemma:

  • alleinreisend, niemand der auf das Gepäck aufpassen konnte
  • mit auf Toilette nehmen ging nicht, verboten, zu eng, zu klein, Trolley-Sperre
  • einfach stehen lassen ging auch nicht, nicht nur wegen Diebstahlgefahr, sondern wegen Warnschilder, dass man wegen Terrorgefahr auf gar keinen Fall Gepäck unbeaufsichtigt lassen solle, das löse sofort Bombenalarm und Evakuierung aus und gäbe mächtig Ärger.

Was also tun? Ich fand den Info-Stand dann endlich besetzt, und da waren auch welche in Uniform, fragte dort, was zu tun sei, wie ich denn aufs Klo könne. Wussten sie nicht. Kam einer in betont unauffälligem Zivil, Anzug und Krawatte (auf den Malediven sehr ungewöhnlich und auffällig) an, stellte sich als der Sicherheitschef des Flughafens vor, und meinte, ich solle es bei ihnen lassen, sie passten darauf auf. Ich aufs Klo und wieder zurück. Mit dem ins Gespräch gekommen, so von Sicherheitsheini zu Sicherheitsheini. Eigentlich sei das Theater nicht notwendig gewesen, das mit den Bomben werde nicht so heiß gegessen, und klauen würde bei ihnen gar niemand, sie seien schließlich ein muslimisches Land und Muslime würden niemals klauen. Dagegen hatte ich zwei Einwände: a) die meisten Leute hier seien Passagiere und keine Malediver, und somit überwiegend keine Muslime. b) Dass Muslime nicht klauen, stimme nicht. Er möge mal nach Berlin kommen und sich einfach ein, zwei Stunden, in eine zentrale U-Bahn-Station stellen, Kotte, Alex, Hauptbahnhof oder so. Da wird enorm viel geklaut, lauter Taschendiebe und so weiter. Da gibt es Leute, die klauen wie die Raben.

Seine Antwort: Ja, dann sind das eben keine richtigen Muslime. Sagt ein Sicherheitschef eines Flughafens.

Die Leute sehen nicht ein, dass ihr einfach gezimmertes, aus einfachen Regeln bestehendes Weltbild nicht stimmt. Sondern biegen, faseln sich ihre Regeln dann ad hoc so zurecht, dass das Gegenbeispiel nicht unter die Regel fällt.

Heidi Reichinnek, DIE LINKE

Aktuelles lebendes Beispiel: Im Stern hinter Paywall, daraus abgeschrieben in Die Junge Freiheit, sagt Heidi Reichinnek:

Eine Ihrer wohnungspolitischen Forderungen lautet, alle Immobilienkonzerne mit mehr als 3000 Wohnungen zu verstaatlichen. Laut Grundsatzprogramm will die Linke “das kapitalistische Ausbeutungssystem überwinden”. Warum sagen Sie nicht: Wir wollen alles verstaatlichen?

Wir setzen uns für einen demokratischen Sozialismus ein. Für eine Utopie, die wir in Schritten erreichen können. Und ein erster Schritt dazu wäre, die öffentliche Daseinsversorgung in die öffentliche Hand zurückzugeben. Wohnen, Verkehr, Gesundheit, Bildung. Und wir wollen den Reichtum umverteilen. Anstatt das Elend nur zu verwalten. Das funktioniert nicht mit ein paar Korrekturen.

Also Sozialismus. So richtig hat der in der Vergangenheit nicht funktioniert, oder?
Na ja, das in der DDR war kein Sozialismus. Also nicht so, wie ihn sich meine Partei vorstellt.

Wir meinen nicht bloß die DDR. Wir meinen alle sozialistischen Versuche, auch die eines sogenannten demokratischen Sozialismus.

Noch einmal: Wir wollen das Wirtschaftssystem ändern, nicht das politische System umstürzen. Andere Parteien wie die AfD, die wollen die Demokratie abschaffen!

Der typische Sozialistendenkfehler: Egal, wie oft der Sozialismus scheitert, zur dreckigen Diktatur wird: Das war noch nicht der richtige Sozialismus. Das waren noch nicht die richtigen Menschen. Immer liegt es an irgendwas anderem, immer war das noch nicht der wahre Sozialismus.

Sie sagen auch nicht, was sie anders machen wollen, als die DDR. Oder warum es „demokratisch“ sein solle, das gegen den Willen der Mehrheit zu tun. Oder wodurch die AfD die Demokratie abschaffen wolle.

Die Leute leben in einer Traumwelt und haben jeglichen Kontakt zur Realität verloren, sind für Gegenargumente überhaupt nicht mehr ansprechbar.

Die AfD bekennt sich in ihrem Programm, so wie die Linke, zur Demokratie.

In ein Programm lässt sich viel schreiben. Es gibt mehr als genug Belege, dass die AfD gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeitet, nicht zuletzt sieht man das an der Einordnung durch den Verfassungsschutz. Wir stehen fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Unser Ziel ist ein demokratischer Sozialismus, und ich betone immer wieder: Der Kapitalismus ist nicht vom Grundgesetz geschützt.

Aber was ist, wenn die demokratische Mehrheit einfach keinen Sozialismus will?

Oder wenn er auch als reines Wirtschaftssystem einfach nicht funktioniert? Dem Argument, dass Sozialismus an sich ein Denkfehler ist und nicht funktionieren kann, sind sie ja völlig verschlossen.

Und jedes empirische Gegenbeispiel wird systematisch ausgeschlossen. Das war dann halt einfach noch nicht der richtige Sozialismus.

Das ist das, was ich so oft von linken und feministischen Konferenzen beschrieben habe: Da fehlt was im Hirn. Die Ratio. Die Realitätsverbindung. Die Leute leben in einer von ihrer Moral, ihrem Paradieswunsch induzierten Traumwelt, und sind sachlich überhaupt nicht mehr zu erreichen.

Dabei fällt mir immer auf, dass Reichinnek immer so grimassenhaft rüberkommt, in Gestik und Mimik völlig übersteuert. Und dreimal so schnell blinzelt und redet wie andere Leute.

Ist bei der das Sozialsystem im Hirn dafür überentwickelt? Kommt sie deshalb so gut bei jungen Frauen an? Und ist sie deshalb so unverrückbar vom Sozialismus überzeugt?