Es war seine erotische Ausstrahlung
Zum Frauenwahlrecht.
Ich kann mich noch erinnern, als die Porno-Actrice Ilona Staller, Künstlername Cicciolina, damals in die Politik ging und ins Parlament gewählt wurde. Mir fielen in den superprüden Achtzigern fast die Augen heraus, als in den Nachrichten – ich glaube, es waren die Tagesthemen – aus Italien über eine Partei berichtet wurde, die mit bisher unbekannten Personen groß in die Politik eingestiegen sei und die sich da mit großem Brimborium als Wahlsieger präsentierten, alles so rausgeputzt in Anzug und Abendkleid, und während man sie vor Fernsehkameras der Öffentlichkeit vorstellte, diese Kunstblondine mal eben für eine Sekunde ihr Kleid zur Seite zog und eine Titte in die Kamera hielt. Habe ich das jetzt wirklich gesehen, oder habe ich mir das eingebildet? Erst beim Nachlesen in den Zeitungen erfuhr man dann, dass sie von Beruf Pornodarstellerin ist und sich einfach berufskonform und erwartungsgemäß verhalten hatte.
Ihr hatte man ja auch eine denkwürdige Entlarvung amerikanischer Doppelmoral zu verdanken: Als sie schon Politikerin war, hatte sie irgendwo in den USA in irgendeinem Etablissement einen Pornoauftritt und zeigte auf der Bühne, was man von Berufs wegen eben so zeigen kann. Südpol-Panorama und so. Alles in Ordnung. Dann machte sie aber einen entscheidenden Fehler. Nach ihrer Show stieg sie von der Bühne und setzte sich zu einem Bekannten an den Tisch, der ihr unten im Zuschauerraum zugesehen hatten, um sich mit ihm zu unterhalten. Dabei hatte sie sich noch nicht völlig angezogen, irgendwie den Umhang noch nicht richtig zugebunden, und wurde von »zufällig« anwesenden Polizisten in Zivil festgenommen/verhaftet, weil die Nacktlizenz nur für die Bühne galt. Vorwurf illegale Prostitution oder irgendsowas.
Will sagen: Erotik spielte bei Wahlen schon oft eine Rolle, und Cicciolina hat zweifellos besonders männliche Wähler angesprochen. Das gibt es also auch in dieser Richtung.
Ein Leser schreibt gerade, ich müsste mich doch bestätigt sehen:
Das ist jetzt natürlich etwas Unterkomplex https://t.co/lnImNKaAiz
— Dr. Scheil – Historiker und Publizist (@ScheilDr) July 29, 2025
@Hadmut Danisch dürfte sich mal wieder bestätigt sehen: Zwar noch nicht in den 20er Jahren, aber als dann Anfang der 30er das Herdenverhalten pro-NS war, stellte sich tatsächlich ein deutliches Übergewicht der Frauen unter den NSDAP-Wählern ein.https://t.co/Eb7DgLdiWN
— Martin von Hallermunt (@hallermunt) July 30, 2025
Oh ja, ich sehe mich bestätigt, in mehrfacher Hinsicht sogar. Nicht nur bezüglich des Frauenwahlrechts und Rudelverhaltens als solchem. Ich hatte ja – auch aus dem Gespräch mit meiner Großmutter – schon berichtet, dass viele Frauen damals Hitler wählten, weil sie endlich wieder Sicherheit und geordnete Verhältnisse, eine funktionierende Infrastruktur haben, auf den Straßen sicher sein wollten.
Daneben spielt die erotische Ausstrahlung Hitlers aber mit Sicherheit eine große Rolle, auch wenn einem das heute grotesk bis absurd erscheinen wollte.
Ich hatte darüber ja schon länger geschrieben: Das war eine gecastete Boy-Band. Und der Weltkriegsgrabenschlurch Hitler war damals nicht nur mit Geld ausgestopft worden, um England und die deutsche Industrie vor den Kommunisten zu schützen, sondern auch hübsch gemacht. Also das, was man damals unter hübsch verstand. Irgendeine Industriellengattin – weiß ich nicht mehr, müsste ich nachschauen, aber mir ist so, als wäre es Krupp gewesen – hat sich ja darum gekümmert, den Typen erst einmal ordentlich einzukleiden.
Auch wenn einem das aus heutiger Sicht absurd erscheint: Hitler war für die damalige Zeit blendend gut angezogen und elegant. Man darf nicht vergessen: Vorher Kaiserzeit mit Uniformen, dann erster Weltkrieg, große Inflation, Wirtschaftskrise, bittere 20er Jahre, Weimarer Republik. Schaut Euch mal Fotos aus der Zeit an, wie die Leute damals in den Klamotten hingen. Nur wenige Reiche konnten sich leisten, gut und elegant gekleidet zu sein.
Man muss sich das klarmachen, was für ein PR-Coup das war. Viele stellen sich heute ja einfach in voller Dummheit hin und fragen blöd „wie konnte das 1933 nur passieren“, ohne sich jemals mit der Frage zu befassen, wie das eben passieren konnte. Dabei ist das gar nicht so schwer.
Man muss sich immer auch vor Augen führen, dass die 1920er Jahre die waren, in der moderne Technik Einzug in das öffentliche Leben fand: Elektrifizierung, Automobil, Flugzeuge. Die gab es zwar schon vorher und sind Erfindungen des 19. Jahrhunderts oder der Jahrhundertwende, und man hatte das vielleicht schon mal gesehen, die Elektrifizierung begann in Deutschland um 1880, aber nur in öffentlichen oder industriellen Gebäuden und bei Reichen. So richtig breit in die Öffentlichkeit ging das erst in den 1920er und 1930er Jahren. Selbiges mit Automobilen und Flugzeugen.
Und dann kam da einer an, nach damaligen Maßstäben todschick und modern, nutzte die neue Technik, kam mit Auto oder Flugzeug, verwendete Lautsprecher, Volksempfänger und sogar Fernsehen, wo vorher der Kaiser zu Pferde ritt. Oft beschrieben: Der „Hitler-Schnarr“ war auch keine rechte oder persönliche Marotte, wie das heute oft dargestellt wird. Der Mann hat ganz normal gesprochen. Der hat aber bei Schauspielern Unterricht genommen, wie man deutlich redet, so dass einen in einem Saal auch die hinteren Reihen noch verstehen. Oder eben auch Zuhörer durch Lautsprecher oder Radiohörer bei der damals noch lausigen Tonqualität mit schlechtem Frequenzgang und hohem Rauschen.
Der hat sich – oder besser gesagt, wurde – systematisch als Modernität, als Mann der Zukunft dargestellt, der vor modernen Dingen nur so strotzt. Dazu ganz schick angezogen.
Und sowas gefällt Frauen total.
Warum?
Rudelmechanik, Amygdala, Evolution. Frauen sind darauf programmiert, dem Rudelchef hinterherzurennen und sich um ihn zu scharen. Man macht ihnen überzeugend das Alpha-Männchen, und dann hat man sie im Sack. Und das sind dann gleich 50% der Wählerstimmen.
Und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Robert Habeck bei vielen – besonders jungen – Frauen auf der Erotik-Schiene punktete.
Das Frauenwahlrecht ist direkt mit Rudelmechanik und Südpol verdrahtet. Damals wie heute.