Ansichten eines Informatikers

Das Ad hominem-Paradoxon

Hadmut
29.7.2025 12:07

Es ist ein bisschen anders als es aussieht.

Ein Leser fragt an

Hattest Du nicht schon was darüber geschrieben, dass Links-Denken eine Dysfunktion des Gehirns sein könnte?

und verweist dazu auf

Der Leser hat recht. Mit dem Tweet bin ich aber nur in seiner Symptomatik, nicht ganz in der Diagnostik und Analyse einverstanden.

Wir haben es hier mit einem Paradoxon zu tun.

Linke greifen zwar ständig, oft sogar ausschließlich ad hominem an, wozu sie gleichzeitig und paradoxerweise aber ideologisch – und vermutlich neural – nicht in der Lage sind, weil sie individualitätsblind sind und der Angriff ad hominem ja eigentlich ein Angriff gegen das Individuum ist.

Des Rätsels Lösung: Es ist kein echter ad-hominem-Angriff, sondern nur ein Schein-ad-hominem-Angriff.

Ich würde es einen „Kategorisierungs-Angriff“ nennen. Neural betrachtet steckt die Rudelmechanik dahinter.

Die Denkweise dahinter ist nämlich nicht, wie man auf den ersten Blick meinen würde, „Du bist ein Idiot!“, sondern „Du bist einer vom Idioten-Stamm X, ich habe Dich erkannt!“.

Dahinter steckt keine analytische Betrachtungsweise, sondern ein Vorgang der Pseudo-Identifizierung, der Freund-Feind-Kennung. Es geht nicht darum, ob das stimmt, was der andere sagt, ob er Argumente hat, sondern darum, ihm innerhalb des eigenen Weltbildes einem befreundeten oder feindlichen Rudel zuzuordnen und daraus abzuleiten, ob er freundliche oder feindliche Motive und Absichten verfolgt.

Das gehört zu genau dem Themenkomplex, den ich so oft als „denen fehlt organisch oder funktional etwas im Hirn“ beschrieben habe, nämlich die Unfähigkeit, sich rational mit der Sache zu befassen, die überlagert wird, von einem krass übersteigerten Trieb, die Welt in Freund und Feind einzuteilen und dazu ein Arsenal an Erkennungsmustern anzuwenden.

Das sind sicherlich verschiedene Überlebensstrategien, und wieder mal komme ich auf das Bild von kalten und heißen Gegenden mit und ohne ausgeprägte Winter zurück. Manche mussten lernen zu kooperieren, sich also nicht mehr zu bekriegen, aber mit der Sache zu befassen und zu planen, Probleme zu lösen, um über den Winter zu kommen. Andere lebten in Gegenden, in denen ganzjährig Nahrung zur Verfügung steht, bei denen man also ohne Planung und Denken in den Tag hinein leben kann, dafür aber in hoher Konkurrenz zu feindlichen Rudeln steht, und deshalb nicht sehr schlau, aber sehr aggressiv und überwachsam sein muss.

Ich habe schon überlegt, ob die Natur evolutionär vielleicht verschiedene Rollen innerhalb eines Rudels vorgesehen hat, ähnlich wie bei Bienen. Ob es da eine Art „Wächter“-Funktion gibt, die sich von anderen dafür durchfüttern und versorgen lässt, dass sie das Rudel gegen Fremde bewacht (und paradoxerweise jene Linke hervorgebracht hat, die andere der Fremdenfeindlichkeit beschimpft). Und deshalb übertrieben in Erkennungsmustern denkt und jedem böse Absichten unterstellt, sobald sie ihn als vom anderen Rudel identifiziert zu haben glaubt.

Das ist eng verwandt mit der marxistischen Sichtweise des „Klassenkampfes“ und der Klassen, aber auch mit Djihad und „Gläubige/Ungläubige“, „Halal/Haram“.

Ich habe ebenfalls schon überlegt, ob Marxismus und Islam als Ideologien entstanden sind, um eben diese evolutionär entwickelten Strategien quasi zu „rationalisieren“. Ich habe das ja beschrieben, verfolge die Theorie, dass wir tief drinnen im Hirn Sozialverhalten und Rudelmechanik verankert haben, und diese das bewusste, rationale Handeln stark beeinflusst, und wir das aber nicht richtig merken, sondern als Moral, Schlechtes Gewissen, oder Gutfühlen nach Wohlverhalten wahrnehmen. Dass das der Weg ist, wie die unbewusste, archaische Steuerung (einschließlich Amygdala und limbisches System) die evolutionär später entstandene Ratio steuert.

Ich vermute, dass diese Ideologien/Religionen ganz wesentlich (auch) den Zweck haben, dem rationalen Teil des Gehirns einen plausiblen Grund vorzugaukeln, damit Denken und Moral konsistent werden. Deshalb auch Hexen, Teufel und so weiter.

Und deshalb glaube ich, dass diese Ad-hominem-Angriffe Linker in Wirklichkeit nichts anderes sind als Zuordnungen zu einem fiesen, bösen Rudel, dem man in seiner Phantasie schon fiese unlautere Absichten zugeschrieben hat.

Und diese Denkweise ist mir erstmals und besonders an der Universität aufgefallen, eben besonders bei Professoren. Wenn einer mal Kritik äußert, was dort rudelmechanisch nicht gestattet ist, fragt man nicht, stimmt es oder stimmt es nicht. Sondern man unterstellt „das sagt der nur, weil er …“, unterstellt also, dass der vom feindlichen Rudel sei.

Das allerdings ist spezifisch für den deutschsprachigen Raum. Ich habe mich ja auf Konferenzen mit Leuten anderer Länder über meinen Promotionsstreit unterhalten. Die meisten Leute aus anderen Ländern (außer Japan) sagten mir, dass so ein Fall bei ihnen völlig anders gehandhabt würde. Da ließe man nichts nach außen dringen, sondern kläre das fachlich hinter verschlossenen Türen. Hart, aber eben fachlich/sachlich. In Deutschland dagegen wird sachlich gar nichts geklärt, dafür werden die Rudelfronten gezogen und hart verteidigt. Was auch damit zu tun hat, dass viele deutsche Professoren eben Fehlbesetzungen sind, weil die Leute überhaupt nicht wissenschaftlich denken können (und wollen).