Die Süddeutsche und das Drama der Südpolburka
Wenn Medien sich dem Aufschlag auf dem Boden nähern.
Seit Jahren entfernt sich unsere Autorin ihre Scham- und Beinhaare nicht mehr – aus Protest gegen das herrschende Schönheitsideal. Jetzt würde sie sich aber gerne wieder rasieren. Oder wäre das ein Verrat an der guten Sache, fragt Saralisa Volm? https://t.co/OBIB5qT13c
— Süddeutsche Zeitung (@SZ) June 22, 2025
Ein großer Artikel über das Drama der Autorin, dass sie sich nicht entscheiden kann: Sie würde sich so gerne den Südpol roden, grämt sich aber, weil sie damit gegen das feministische Südpolburkagebot verstößt:
Seit Jahren rasiere ich meine Scham- und Beinhaare nicht mehr. Schuld ist daran ursprünglich der Kommunismus. Mit 16 las ich ein Interview mit Fidel Castro, dem kubanischen Revolutionsführer, in dem er seinen beträchtlichen Wildwuchs im Gesicht mit Mathematik erklärte. Er habe ausgerechnet, so Castro, dass er sich ungefähr zehn Arbeitstage pro Jahr spare, wenn er sich nicht rasiere. Diese Zeit wolle er lieber der Revolution widmen. Seitdem fragte ich mich, ob wir nicht alle etwas mehr Revolution und weniger Rasieren wagen sollten.
Was dann auch endlich erklärt, warum die Muschel so vieler Feministinnen so verteufelte Ähnlichkeit mit dem Gesicht von Fidel Castro oder Karl Marx hat. Dieselbe kommunistische Haartracht. Und es erklärt noch mehr. Manche werden nachgerechnet haben, wieviel Lebenszeit sich durch den Verzicht auf Waschen einsparen lässt.
Ich selbst brauchte dann noch ungefähr zwei Jahrzehnte, um mich vom Rasieren zu verabschieden. Was auch daran lag, dass ich wirklich gerne rasiert bin. Ich mag die weiche Haut, die sich unter meinen Vulvahaaren verbirgt. Ich fasse sie gerne an. Und ich finde, dass mein Venushügel, meine Vulvalippen und meine Klitoris erstaunlich hübsch sind. Ich sehe sie gerne an, was ich nicht von vielen meiner Körperteile behaupten kann.
Stellt Euch vor, ein Mann würde schreiben, dass er sich so gerne seine Eier anschaut, weil er sie so hübsch findet.
Trotzdem sind sie nun seit einigen Jahren unter dickem, dunklem Vulvahaar verborgen. Um Zeit zu sparen, aus politischen Gründen und weil ich keine Lust mehr auf die Qualen hatte: Zwischen zwölf und 32 bekämpfte ich jedes einzelne dieser Haare. Stumpfe Klingen schabten mir die Haut vom Knöchel, ätzende, chemische Cremes sorgten für Pickelchen, Wachsstreifen und Epiliergeräte trieben mir Tränen in die Augen, Pinzetten suchten Haaranfänge in entzündeten Haarwurzeln.
2019 war Schluss. Eingeklemmt zwischen einem Instagram-Kunstprojekt namens „@365_imperfections“ und meinem Buch „Das ewige Ungenügend – Eine Bestandsaufnahme des weiblichen Körpers“, an dem ich damals gerade schrieb, war die Auseinandersetzung mit tief verinnerlichten Schönheitsidealen mein Job geworden. In beiden Fällen ging es um die vermeintliche Fehlerhaftigkeit des weiblichen Körpers und die politische Dimension, die Abweichungen von der in Medien und Öffentlichkeit allgegenwärtigen Norm haben.
Das sitzt man als Mann da und fragt sich, was haben die für Probleme?
Mit anderen Worten: Mich zu rasieren, fühlt sich wie ein Verrat an all denen an, die gerade jetzt besonders Rückhalt brauchen. Ich merke das besonders stark bei öffentlichen Auftritten und Lesungen. Da kommen Menschen, die sich angenommen und gesehen fühlen wollen, auch wenn sie nicht der Norm entsprechen. Weiblich gelesene Personen, die Schutzräume suchen, in denen wir über Schwangerschaftsabbrüche, Körperbildstörungen und schlechten Sex sprechen können. Es sind Momente, in denen sie nicht performen und gefallen müssen und in denen Verletzungen und Gewalterfahrung nicht als Schwäche interpretiert werden.
Sie merkt bei öffentlichen Auftritten und Lesungen, dass sie Verrat an Menschen begehen würde, wenn sie rasiert wäre?
Da frage ich mich: Was trägt sie da eigentlich an Kleidung (und was nicht), wenn das da relevant wird?
Aber rettet es die Welt, wenn ich mich gegen etwas stemme, das uns schon längst überrollt hat? Gegen Schönheitsideale, die allgegenwärtig sind? Genauso wie auf die Rasur, verzichte ich bis heute auf eine Brust-Op, auf die Kosmetikerin, das Facial, Friseurtermine, Botox, ein Augenlifting. Nur, weil ich weiß, dass die Leute in diesem ganzen Plastikrotz, den sie jeden Tag sehen, eine brauchen, die noch nicht ihr gesamtes Geld für Beauty ausgibt. Diese Welt erfordert, dass unsere Kunst, unsere Arbeit und das Private politisch sind. Doch wie politisch darf mein Privatleben werden, bis ich es nicht mehr aushalte?
Und dann der Abschlusshirnkrampf:
Muss ich meinen Traum von einer glatten Vulva wirklich dem Feminismus und der Erziehung meines Mannes opfern? Ich finde, ich sollte mich einen Sommer lang rasieren dürfen, ohne jemandem die Hoffnung zu rauben. Es wäre nicht das Ende der Revolution.
Ach … Du … Scheiße.
Es zeigt vor allem, dass das Linkstum überhaupt keine Privatsphäre, überhaupt keinen eigenen Entscheidungsraum mehr lässt. Wirklich ausnahmslos alles wird politisiert und nichts, wirklich gar nichts mehr einer eigenen Entscheidung überlassen. Für alles zählt nur noch der Klassenstandpunkt, müssen sogar die Schamhaare uniformiert sein. Und die besitzen dann noch die Dummheit und Frechheit, andere „Faschisten“ zu schimpfen. Nicht mal die Nazis haben die Schamhaare uniformiert.
Es zeigt aber auch, wie sehr Frauen in dieser Rudelmechanik, im Konformitätsdruck des Rudels gefangen sind, wie schwer sie sich damit tun, überhaupt eine eigene Entscheidung zu treffen. Deshalb hat das mit dem Frauenwahlrecht auch nie funktioniert – weil der Rudeldruck immer höhere Priorität als die eigene Entscheidung, die eigenen Vorlieben hat. Wer so ein Drama schreibt, sich in solche Gewissensnöte begibt, weil er sich gern die Muschel rasieren würde, weil er sich damit wohler fühlt, das aber vor der feministischen Ideologie und Religion nicht verantworten kann – der ist zum Wahlrecht eigentlich gar nicht befähigt, weil er nur als Konformatitätsbestätiger auftritt, als Haltungsbekenner. Der wählt nicht, der gehorcht nur.
Wie einfach könnte die Welt sein, und wieviele der eingangs erwähnten Lebenszeit könnte die Frau sparen, wenn ihr im Text beschriebener passiver Gatte ein echter Patriarch wäre und das einfach für sie entscheiden würde: „Weib, rasier Dich!“ – und fertig. Keine Diskussion, kein Drama, keine Seelennöte – und viel mehr Zeit, sich mit der glatten Vulva zu befassen.
Ich hätte ja noch Verständnis für solche Überlegungen, wenn es da innerhalb der Partnerschaft, der Ehe Meinungsunterschiede gäbe. Aber aus dem Text geht klar hervor, dass sie es beide lieber rasiert haben. Dann sollte das doch eigentlich geklärt und entschieden sein, und niemanden sonst irgendetwas angehen. Was gibt es da noch zu diskutieren? Dann kommt aber der Feminismus daher und schreibt ihr vor, dass sie bärtig zu sein hat wie ein Taliban. Und vermutlich auch so zu riechen.
Und dann reden die von Befreiung der Frau.
Sie überlegt, ob sie Teilzeitburka tragen soll, im Sommer rasiert, im Winter Fell. Ziegen und Bären haben auch Winterfell.
Ein Leser hat aber den richtigen Vorschlag: Sie soll doch einfach ein Kommunistenpony tragen. Das sieht zwar extrem bescheuert aus, aber die Nase ist frei und trotzdem das Bekenntnis zum Kommunismus jederzeit sichtbar abgelegt:
Auf keinen Fall, auch nur 1 Haar zu entfernen, wäre Verrat all ihrer bisher geleisteten Arbeit. Bitte mit einen schönen Haarschnitt ergänzen, denn nie wieder rasieren, ist jetzt! ✊pic.twitter.com/yxNJ4dj5XM
— Zentrale Ermittlungsstelle (@ZentraleV) June 23, 2025
Sie könnte natürlich auch abholzen und Windräder aufstellen.
Was bin ich froh, dass ich keine Frau bin und solche Angelegenheiten einfach halten kann, wie es mir beliebt, ohne irgendjemanden fragen zu müssen.
Und dann kommen die mit Frauenwahlrecht, Frauenpower, „Starke Frauen“ und sowas.
Oder anders gefragt: Fällt der Süddeutschen im Moment denn wirklich gar nichts mehr ein, was sie schreiben könnte?