Politische Neurobiologie
Wichtiger Hinweis eines Lesers:
Sind Sie gerade in Berlin? Freitag in der Urania – das müsste Sie doch interessieren
Hallo Herr Danisch!
Ist mir neu die Dame, scheint mir auch nicht sooo sensationell, da sie „flexiblere“ / kreative Gehirne/Verhalten mit weniger dogmatischen „Gehirnen“ verbindet und „starre“ mit dogmatischen – was im Wesentlichen ja dasselbe meinen könnte. Wäre interessant, ob sie auch mit Ihren Amygdala-Thesen konform geht und Group-Think/ und Individualismus/Selberdenken direkt verortbar im Gehirn und physiologisch unterscheidbar (Größe der Amygdala) sich vorstellen kann – ober ob es nur eine kognitive Starrheit/Beweglichkeit gibt…
Und auf der Seite
Leor Zmigrod gilt mit nur 29 Jahren als Begründerin eines neuen Wissenschaftsfelds: der politischen Neurobiologie. Darin erforscht sie den Zusammenhang zwischen politischen Einstellungen und der Biologie unseres Gehirns. Im Gespräch mit Farangies Ghafoor vom Tagesspiegel zeigt sie auf, dass unsere Überzeugungen nicht als flüchtige Gedanken losgelöst von unseren Körpern existieren. Vielmehr verändern Ideologien unser Gehirn. Und zur gleichen Zeit macht eine bestimmte neurobiologische Veranlagung empfänglich für gewisse Glaubenssätze. Weshalb sie mit einem einfachen Kartensortier-Experiment beispielsweise in der Lage ist, erschreckend akkurat auf die Weltsicht ihrer Probanden zu schließen. In zahlreichen weiteren Experimenten beweist sie den Konnex zwischen extremen politischen Positionen und unserem Gehirn und revolutioniert damit unsere Vorstellungen von Radikalisierung, Extremismus, demokratischer Meinungsbildung.
„Das ideologische Gehirn“ leistet unverzichtbare Aufklärung in Zeiten maximaler Polarisierung. Die Wissenschaftlerin und Pionierin der politischen Neurobiologie Leor Zmigrod etabliert ein neues Verständnis davon, wie unsere Überzeugungen entstehen und was wirklich helfen kann, im Kampf gegen das, was unsere Demokratie grundlegend gefährdet.
Das hätte mich jetzt sehr interessiert, denn das ist ja seit Jahren ein Dauerthema hier im Blog, aber ausgerechnet am Freitag abend bin ich nicht in Berlin.
Wobei ich es etwas schräg finde, die gleich als „Begründerin eines neuen Wissenschaftsfelds“ anzusehen, das stinkt mal wieder nach feministischer Frauenüberhöhung. Und wenn sie da wirklich wissenschaftlich was zu bieten hätte, würde sie eher einen Vortrag halten, als sich mit einer Tagesspiegel-Tussi zu unterhalten.
Auch der Schlusssatz „im Kampf gegen das, was unsere Demokratie grundlegend gefährdet.“ hört sich gruselig an, denn letztlich wird das darauf hinauslaufen, dass jeden, der nicht stramm links ist, in die Klapsmühle einweist, weil man sagt, der habe ein neurobiologisches Problem. Denn wäre die Frau nicht stramm links, würde sich wohl kaum der Tagesspiegel mit ihr zusammensetzen.
Insofern beschleicht mich da auch eher das Gefühl, dass das Wissenschaftsfeld nicht „begründet“, sondern – wie so vieles – gekapert werden soll, bevor da etwas herauskommt, was nicht in linke Pläne passt. Denn was die hier mit „Biologie des Gehirns“ umschreiben, läuft ja letztlich auf Genetik hinaus, und die hassen Linke die der Teufel das Weihwasser (und, wie es einer neulich im Bundestag formulierte, wie die Grünen den Studienabschluss).
Man erkennt eigentlich aus dem Absatz schon, in welche Richtung das laufen soll, und die Richtung ist fachlich nicht richtig: „Vielmehr verändern Ideologien unser Gehirn.“
Das alte Problem von Korrelation und Kausalität.
Es gibt nämlich schon Untersuchungen, wonach die politische Ausrichtung genetisch bedingt ist, und vor allem die Hirnstruktur die politische Präferenz vorgibt, wozu ich ja schon Artikel hatte. Konservative haben ein deutlich stärkeres Ekelgefühl als Linke, und Ekel gilt als Schutzmechanismus gegen Ansteckung mit Krankheiten und Vergiftungen. Konservative haben ein anderes Rudelverhalten als Linke.
Und: Sie haben enorme Unterschiede in der Amygdala, und die Amygdala steuert Angst, Sex, Ekel, das Rudelverhalten über schnelle Mustererkennung.
Es spricht sehr viel dafür, dass die politischen Einstellungen und auch die Haltung gegenüber Fremden, aber auch die Sauberkeit und Hygiene, die Lebensumstände, allesamt stark genetisch bedingt sind und evolutionär entwickelte Verhaltensweisen in unterschiedlichen Umgebungen sind. Es sind einfach unterschiedliche Anpassungen an unterschiedliche Lebensverhältnisse.
Ich hatte beschrieben, dass es einiges gibt, beispielsweise die Beobachtung an Goldstumpfnasenaffen, dass Kooperation eine Anpassung an kalte Gegenden mit ausgeprägten Wintern ist, und diese vermutlich die Intelligenz und das Planen, das Vorausdenken, das Aufbewahren („konservieren“) von Nahrungsmitteln hervorbringt (wie auch bei Krähen und Eichhörnchen), und das Leben in Dorfgemeinschaften, die eng zusammenhalten und sich gegen Fremde verteidigen müssen, während Linke genetisch eher aus warmen Gegenden stammen, in denen es eine zeitlich gleichbleibende, konstante Nahrungsversorgung gibt, weil keine ausgeprägten Jahreszeiten, die aber örtlich schwankt, weshalb sie nicht sesshaft werden müssen, in den Tag hineinleben, und sich nehmen, was sie gerade finden, aber nicht konservativ sind und kein kooperatives Rudelverhalten ausbilden.
Um wieder auf die Affen zu kommen: Auch die Menschenaffen sind dafür bekannt, dass sie nie sauber werden, dass sie immer ins eigene Nest kacken, weil sie nie am selben Platz bleiben, sondern umherziehen und sich jeden Abend einen neuen Schlafplatz suchen. Man kann an Affen wunderbar studieren, woher das linke Verhalten kommt, und welche Affen über kalte Gegenden das für „Rechte“ charakteristische Verhalten herausbilden mussten wie stabile, beständige Nester, Kooperation, Verteidigung der Vorräte, Planung für den Winter.
Obwohl mir die Akündigung – wie wohl auch dem Leser – irgendwie dubios vorkommt, ist das Thema an sich hochinteressant und wichtig. Die Begründerin des Wissenschaftsfelds kann sie aber nicht sein, da waren ja schon andere unterwegs. Das klingt dann wieder nach feministischer Überhöhung.
Das heißt aber nicht unbedingt, dass das an ihr liegt, das könnte auch einfach nur das Geschwätz des Tagesspiegels sein. Oder, wenn man googelt, des Suhrkamp Verlages, der wohl ein Buch von ihr vertreibt. So Klappentextlametta.
Aber leider bin ich am Freitag abend nicht in Berlin.