Ansichten eines Informatikers

„Völkische Gesinnung“?

Hadmut
11.6.2024 17:39

Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht.

Ein Leser fragt an:

Hallo Herr Danisch,

aktuell ist es sehr schlimm, wenn man eine völkische Gesinnung hat.

Wissen Sie was das ist?
Gruß

Weiß ich nicht.

Keine Ahnung, was die damit meinen. Außer dass es sprachlicher Unfug ist.

Das fängt damit an, dass man den Begriff „völkisch“ den Nazis zuschreibt. Das ist an sich auch nicht ganz falsch, weil die den Begriff ausgiebig verwendeten. Aber nicht erfanden. Laut Wikipedia kam der schon Ende des 19. Jahrhunderts auf. Heißt soviel wie „Das Volk betreffend“, eine Adjektivierung von „Volk“.

Der Knackpunkt daran ist aber, dass das Nazi-hafte daran nicht der Inhalt, sondern die Wortwahl ist. Es geht nicht um die Bedeutung des Begriffs, sondern um den Begriff als solchen. Denn dass es Völker gibt und die sich unterscheiden, war ja – bis zum jüngsten Aufkommen linker Ideologie – allgemeine Überzeugung. Ich erinnere nur an die berühmte Rede von Ernst Reuter 1948:

„Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!“

Reuter war in der SPD, wurde von den Nazis des Amtes enthoben und saß zweimal in Konzentrationslager-Haft. Es darf wohl als gesichert gelten, dass sich Reuter ganz sicher nicht eines Nazi-Jargons oder der Nazi-Ideologie bedient hätte, um 1948 einen Hilferuf an die Welt in die Kamera zu sprechen.

Man kann aber nicht „völkischer Gesinnung“ sein, weil es bei „völkisch“ um die Wortwahl und nicht den Inhalt geht, während sich die Gesinnung auf den Inhalt bezieht. Die Bezeichnung an sich ist also schon Unsinn weil die Begriffe nicht zusammengehen. Man kann nicht „völkischer Gesinnung“ sein, weil sich das widerspricht. Davon abgesehen: Welche Gesinnung sollte das auch sein? Jede mir bekannte Weltsicht außer der woke-linken geht selbstverständlich davon aus, dass es Völker gibt, und die sich auch kulturell und genetisch unterscheiden. Also meint der Begriff soviel wie „irgendwas, nur nicht links“. Es könnte auch „chinesisch“ meinen – oder vom Stamme der Shoshonen. Denn die sind ja auch der Ansicht, dass es verschiedene Völker gibt.

Letztlich geht es darum, dass man damit jemanden bezeichnet, der sich nicht der Ideologie anschließt, dass es überhaupt keine Unterschiede zwischen Menschen gebe, die man wahrnehmen oder gar äußern darf. Es ist also ein Schimpfwort für jemanden, der nicht vorbehaltlos dem linken Diktat tagesaktueller Diskurse folgt.

Ich hatte neulich mal einen Blogartikel dazu, dass – jetzt so ungefähr aus der Erinnerung – nach Ansicht von Juristen „rechtsextrem“ sei, wer sich dem Umbau der Gesellschaft nicht anschließe. Es bezeichnet also jemanden, der nicht einfach alles Bestehende aufgibt, um sich jeder tagesaktuellen Schnapsidee anzuschließen.

Im Ergebnis bedeutet der Begriff, dass der, der ihn benutzt, dumm daherschwätzt. Es ist eine inhaltslose Worthülse, ein Kampfbegriff. Es dient dazu, jemanden als Feind zu markieren.

Übrigens: Wer Leuten so etwas wie Kolonialismus oder „cultural appropriation“ (Kulturelle Aneignung), Diskriminierung von Minderheiten unterstellt, geht selbst von Völkern aus, ist also selbst „völkischer Gesinnung“. Denn wären alle Menschen gleich und gleichberechtigt, könnte man ja gar nicht kolonialisieren oder diskriminieren.