Ansichten eines Informatikers

Das Manifest – es regt sich was beim öffentlich-schlechtlichen Rundfunk

Hadmut
4.4.2024 19:22

Da wird es wohl manchen doch zu arg.

Einige – allerdings überwiegend unbekannte, außerdem 33 namentlich nicht genannte – Leute von Rundfunk (ARD, ZDF, Deutschlandfunk), Universitäten, Kunst, Bühne, Medien haben ein Manifest verfasst und veröffentlicht, in dem sie den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk kritisieren und einen neuen Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk fordern.

Vieles daraus entspricht dem, was ich vor vier Jahren als Sachkundiger für den Landtag von Sachsen geschrieben hatte.

Ob die das aber ernsthaft als Kritik meinen, oder lieber den Rundfunk verbessern und retten, ob sie also vom jetzigen Zustand weg oder nur den vermeiden wollen, der ihnen droht, bevor er ganz dicht gemacht wird, sei mal offen gelassen.

Wir, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio, sowie alle weiteren Unterzeichnenden, schätzen einen starken unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland als wesentliche Säule unserer Demokratie, der gesellschaftlichen Kommunikation und Kultur. Wir sind von seinen im Medienstaatsvertrag festgelegten Grundsätzen und dem Programmauftrag überzeugt. Beides aber sehen wir in Gefahr. Das Vertrauen der Menschen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nimmt immer stärker ab. Zweifel an der Ausgewogenheit des Programms wachsen. Die zunehmende Diskrepanz zwischen Programmauftrag und Umsetzung nehmen wir seit vielen Jahren wahr. Wir haben dieses Manifest verfasst, damit unsere Stimme und Expertise zur Zukunft des öffentlich- rechtlichen Rundfunks im gesellschaftlichen Diskurs gehört werden.

Das war ja das Ding, was ich vor vier Jahren schon gerügt hatte, nämlich dass man zwar die Gebühren erhöhen wollte, aber die Programmerfüllung nicht geprüft hätte, obwohl die zwingende Voraussetzung der Erhöhung war – die grüne Sitzungspräsidentin hatte mir damals das Wort abgewürgt, bevor ich das sagen konnte. Die Grünen wollen nicht, dass irgendwer prüft, ob der Rundfunk seine Aufgaben erfüllt.

Formuliert ist das Manifest aber schon gut (obwohl es eher eine Kritik, als ein Manifest ist):

Seit geraumer Zeit verzeichnen wir eine Eingrenzung des Debattenraums anstelle einer Erweiterung der Perspektive. Wir vermissen den Fokus auf unsere Kernaufgabe: Bürgern multiperspektivische Informationen anzubieten. Stattdessen verschwimmen Meinungsmache und Berichterstattung zusehends auf eine Art und Weise, die den Prinzipien eines seriösen Journalismus widerspricht. Nur sehr selten finden relevante inhaltliche Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen statt. Stimmen, die einen – medial behaupteten – gesellschaftlichen Konsens hinterfragen, werden wahlweise ignoriert, lächerlich gemacht oder gar ausgegrenzt. Inflationär bedient man sich zu diesem Zwecke verschiedener „Kampfbegriffe“ wie „Querdenker“, „Schwurbler“, „Klima-Leugner“, „Putin-Versteher“, „Gesinnungspazifist“ und anderen, mit denen versucht wird, Minderheiten mit abweichender Meinung zu diffamieren und mundtot zu machen.

Das sorgfältige Überprüfen zweifelhafter Meldungen ist wichtig. Allerdings suggerieren sogenannte Faktenchecks oft durch ihre Machart, Überschrift und Formulierungen eine vermeintlich absolute Wahrheit, die selten existiert. Der freie gesellschaftliche Diskurs wird dadurch schmerzhaft beschnitten.

Da haben sie recht. (Sind ja auch Punkte, die ich vor vier Jahren selbst schon kritisiert hatte, ich kann ja kaum etwas anderes als zustimmen.)

Innere und äußere Bedingungen führen dazu, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ihren journalistisch-ethischen Standards nicht mehr genügen können. Dazu zählen innerbetriebliche Praktiken wie die schon vor Dreh- bzw. Reportage-Beginn feststehende Kernaussage von Beiträgen, die Zentralisierung der Berichterstattung über sogenannte Newsrooms oder Newsdesks, zu großer Zeitdruck bei der Recherche, eine überwiegend an Einschaltquoten orientierte Programmgestaltung, Sparmaßnahmen der Sender am Programm und nicht zuletzt die Tatsache, dass zwei Drittel des redaktionellen Personals nur Zeitverträge haben oder gar komplett ohne Angestelltenverhältnis als sogenannte Freie arbeiten müssen. Letzteres führt zu Existenzängsten, die wiederum entsprechend „angepassten“ Journalismus begünstigen. Aufgrund der hohen personellen Fluktuation bleibt zudem oft keine Zeit für fachlichen Wissenstransfer.

Auch das hatte ich damals ausführlich und anhand des WDR beschrieben.

Innere Pressefreiheit existiert derzeit nicht in den Redaktionen.

Autsch. Rundfunk ist Rundfunk und nicht Presse, hat deshalb keine Pressefreiheit. Aber wir wissen, was sie meinen.

Die Redakteure in den öffentlich-rechtlichen Medien sind zwar formal unabhängig, meist gibt es auch Redaktionsausschüsse, die über die journalistische Unabhängigkeit wachen sollten. In der Praxis aber orientieren sich die öffentlich-rechtlichen Medien am Meinungsspektrum der politisch-parlamentarischen Mehrheit. Anderslautende Stimmen aus der Zivilgesellschaft schaffen es nur selten in den Debattenraum.

Mit anderen Worten: Sie sind korrupt.

Dazu erschwert äußere Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und Lobbygruppen einen unabhängigen Qualitätsjournalismus. Interessensverflechtungen von Politik und Wirtschaft werden zu selten in tagesaktuellen Beiträgen aufgezeigt und erörtert. Alltägliche Recherchen bleiben im Kern oft oberflächlich.

Mit anderen Worten: Sie sind erpressbar.

Und dann kommt eine lange Liste von Eigenschaften und Vorstellunge, die ein Rundfunk nach ihrer Meinung haben sollte. Überwiegend würde ich da zustimmen, aber einigen Punkten ist das zu vage und ich bin auch nicht mit allen Punkten einverstanden.

Aber es ist erstens schon mal eine gute Diskussionsgrundlage.

Und zweitens ist es erfreulich, dass mal überhaupt noch ein paar Leute anfangen, diesen Zustand, den Rundfunk zu nennen wir die Bildungslücke in Demokratie haben, qualitativ zu kritisieren.

Bringen wird es aber nicht viel, denn die, denen die Propagandasender nutzen, sitzen in der Regierung und den Parlamentsmehrheiten, und die werden Kritik oder gar Änderungen nicht zulassen, denn sie leben ja davon, dass wir keinen korrupten und erpressbaren Propagandafunk und keinen Rundfunk haben. So, wie mir damals die grüne Vorsitzende das Wort abgewürgt hat.

Oder wie ich das mal im Blog: Hätten wir eine ordentliche Regierung, hätten wir diesen Rundfunk nicht. Und hätten wir einen ordentlichen Rundfunk, hätten wir diese Regierung nicht. Beide haben deshalb ein elementares Existenzinteresse daran, den jeweils anderen schlecht und korrupt zu halten.