Ansichten eines Informatikers

Unternehmensanmeldung hat geklappt

Hadmut
1.4.2024 0:22

Zur Abwechslung mal gute Nachrichten.

Am Samstag kam der Brief von der Kanzlei mit der Zulassung von der Behörde, ich habe fast den ganzen Sonntag noch mit Telefonaten verbracht, mir noch ein paar Sachen übersetzen lassen müssen und Dinge organisieren müssen, jetzt ist es spruchreif: Wir haben eine Bank gegründet. Eine Dissidenten-Bank. Ursprünglich war das nur der Arbeitsname, aber weil uns kein besserer mehr einfiel, ist es dabei geblieben: Dissident Bank.

Aus einem Zufall erwachsen. Ich hatte vor genau einem Jahr Kontakt mit einer Firmengründungskanzlei auf Zypern aufgenommen, um mich zu informieren, und in den verschiedenen Terminen über die Zustände in Deutschland und die Kontenkündigungen geklagt. Sie sagten, das erzählen ihnen gerade jeder, nicht nur aus Deutschland. Sie hätten eine ganze Reihe von Mandanten mit ähnlichen Problemen, und die ersten stellte er mir dort gleich vor. Die waren am selben Tag da, weil die Kanzlei nur an einem Tag in der Woche für Besuch geöffnet hat. Und die kannten andere und so weiter, und so kamen wir bei einem Abendessen in der Taverne gleich neben der Kanzlei, zuerst nur aus Spaß, als Schnapsidee, auf die Idee, eine eigene Bank zu gründen, aus der uns keiner rauskündigen kann. Ähnlich wie Provisorien, die am längsten halten, sind es manchmal die Schnapsideen, die zünden.

Aus der Schnapsidee wurde der Gedanke, dass man ja eigentlich nur einen Rechner, eine Bankleitzahl und eine Lizenz braucht, damit man IBANs vergeben und Zahlungen entgegennehmen kann, etwa so, wie man seinen Webserver selbst betreibt, um nicht zensiert zu werden. Wir wollten deshalb mal prüfen, ob man eine Geisterbank gründen kann, die allein dazu dient, dass man im Zahlungsverkehr Überweisungen empfangen kann, ohne dass einem andere das Konto kündigen können. Weil wir zuwenig wussten, sagte einer, ein Russe, der sich, wie so viele, in Limassol niedergelassen hat, dass er da welche kennt, die sich damit auskennen und das schon mal gemacht haben, die könnte er mal mitbringen. Also haben wir uns regelmäßig in der Taverne getroffen, und die zwei waren ehemalige Mitarbeiter von Banken, zuletzt von Wirecard, die das gesamte Banksystem kannten und auch noch Teile der Software und Nutzungsrechte hatten. Und die sagten, sie sind sofort dabei. Das machen wir. Etwas mehr als Cloud-Computing brauche man nicht, und mit Cloud Computing kenne ich mich aus. Das ist schnell aufgesetzt. Es waren zwar letztlich doch ein paar Wochen Arbeit, fast rund um die Uhr, aber am Schluss stand ein funktionierendes Softwaresystem für eine laufende Bank, fehlte nur noch die Lizenz. Der Anwalt sagte, das wäre kein Problem, so teuer wäre das auch nicht, also dachten wir, das machen wir. Das ist uns der Spaß wert. Und haben das Unternehmen mit Gesellschaftern gegründet und über den Anwalt den Antrag auf Zulassung als Bank gestellt. Die kam jetzt am Samstag bei mir an.

Und dann überschlugen sich die Ereignisse. Die Russen haben nämlich noch ein paar Leute mitgebracht, die alle Konten suchten, auf die sie Gelder überweisen können. Und die sogar bereit wären, dafür zu zahlen, statt Zinsen zu verlangen. Mein Top-Erlebnis war, als dann auch noch zwei Ukrainer kamen und ich dachte, das gibt jetzt Ärger, die holen jetzt die Messer oder die Knarren raus, die sich aber wunderbar miteinander verstanden, gar keine Probleme hatten, und meinten, dass sie aus der Ukraine auch noch Gelder bringen würden, die man parken müsse. Und mit jedem Abendessen wurde das Ding immer größer und gewaltiger. Hat man eine Bank, wird einem das Geld nur so zugeworfen. Es ist unglaublich, wieviel bewegliches Geld da herumfliegt und eine Garage sucht, und wie die Beträge immer mehr Nullen bekommen. Aus dem deutschsprachigen Raum kamen auch noch welche dazu, aus England und Portugal noch je einer, und einer sagte, er kenne noch welche aus dem arabischen Raum.

Und dann wurde das bei jedem Abendessen mehr, immer größer. Man lässt ein paar Rechner in der Cloud laufen, und kann gar nicht so schnell gucken, wie einem das Geld zugeworfen wird. Jede Wette, dass da auch Öl- und Rüstungsmilliarden aus Westeuropa mit dabei sein, so genau sagen sie einem das natürlich nicht, woher sie das Geld haben. Aber alle suchen sie eine Bank, wo sie es unterbringen können. Und wenn Ihr wüsstet, welche Parteien, welche Politiker, welche Rundfunkanstalten da Geld einlagern wollen. Und statt Zinsen zu verlangen Provision zahlen.

Und jetzt ist es amtlich, was als Schnapsidee auf den Tag genau heute vor einem Jahr begann: Die Dissident Bank existiert und ist zugelassen, ab morgen geht es dann richtig los, können die Gelder überwiesen werden. Und damit bin ich auf einen Schlag Teilhaber, Vorstandsmitglied, CTO und stellvertretender Vorsitzender der dann voraussichtlich viertgrößten Bank in Europa (wenn alle angefragten Gelder reinkommen, aber ich vermute, dass da eher noch mehr kommen).

Und der Brüller: Alles rein virtuell, wir haben nicht mal ein eigenes Büro oder Gebäude, nur eine gemietete Briefkastenadresse und machen alles aus dem Homeoffice. Räumlich ist überhaupt nichts da, wir haben sonst gar nichts kaufen oder mieten müssen, außer dass wir unsere Homeoffice-Räume an die Bank vermieten. Das einzige Asset, das wir dann haben, sind zwei topmoderne Firmenjets mit Luxussofalandschaft und vollvergoldetem Klo (braucht man für manche Kunden), die wir bestellt haben, und selbst die nur geleast. Und eine (allerdings leicht gebrauchte und nicht sehr große, aber sehr schnelle und angenehme) Edel-Yacht ist uns noch zugesagt, die einem Verwandten eines Oligarchen gehört hat und über Flug- und Uboot-Abwehrsysteme verfügt, leider ohne die Munition dafür. Offiziell als mobile Filialen zur Einzahlung. Damit können wir dann da rumfliegen, und ich freue mich schon auf die Cockpit-Videos, die wir dann machen. Nur Cockpit, natürlich. Den Russen musste ich versprechen, hinten nicht zu filmen. Dafür wollten sie mir dann zeigen, wie sie so feiern. Sie wüssten da ein paar kleine Flugplätze, an denen man alles bekommt. Auch „fliegendes Personal“. Cabin Crew, sozusagen. Der Flieger werde so wackeln, dass man das nachher auf den Tracking-Landkarten sehen werde. So kann es gehen im Leben: Früher habe ich die Dinger als „fliegende Bumsmuschel“ verspottet, ab übernächster Woche habe ich selbst welche. Aber man muss den Leuten eben auch was für ihr Geld bieten, um im Wettbewerb mit etablierten Banken zu bestehen, und bei vielen ist das Standard. Russisches Marketing, dachte ich erst, aber ab einem gewissen Geldbestand ist das wohl eben so. So komme ich dann doch noch zu meinem Pilotenschein. Man muss nur die richtigen Leute treffen.

Leute, wenn Ihr wüsstet, wer da alles große Geldhaufen parken will und woher das ganze Geld kommt …

Früher hatte ich ein Bankkonto. Jetzt habe ich eine Bank. Zumindest einen Anteil davon.

Früher hatte ich eine Kontonummer. Jetzt habe ich eine Bankleitzahl.

„Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank“

Bertolt Brecht