Ansichten eines Informatikers

Cancel Culture gegen Body Positivity

Hadmut
22.8.2023 15:25

Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht.

Ein Leser fragt an:

Body-Positivity (dick-sein gut finden) ist jetzt unerwünscht!

Hallo Hadmut,

vor noch nicht all zu langer Zeit wurde gegen jene gehetzt, die Dicke einfach dick fanden.

Jetzt ist klar: Auch Dicke gut finden ist voll unwoke:

Cancel Culture: Queen-Song verschwindet von neuer Best-of-Platte

“Fat Bottomed Girls”, eines der bekanntesten Lieder der britischen Rockband Queen, wird nicht mehr in der neuesten Auflage der Sammlung ihrer größten Erfolge vertreten sein. Das meldete die Mail Online am Sonnabend. Demnach fiel der Song aus dem Jahr 1978, in dem die Vorliebe eines jungen Mannes für füllige Frauen besungen wird, dem woken Zeitgeist zum Opfer.

In allen Auflagen der “Greatest Hits” von Queen seit 1981 war das Stück vertreten. In ihm heißt es etwa:

“Mädels mit dickem Hintern, ihr bringt die rockige Welt in Schwung.”

Was jetzt? Dicke wieder hässlich und scheiße finden? Oder haben die Deppen nur nicht kapiert, dass das Lied positiv ist?

Was wird aus dem Höhner-Lied “Dicke Mädchen haben schöne Namen” von 2001? Muss das auch weg?

Weiß ich nicht.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich das Lied noch gar nicht kannte, obwohl ich eigentlich Queen-Fan bin, aber nicht so, dass ich da alles hauteng verfolgt habe. Ich habe es mir mal auf Youtube angehört und muss sagen, dass ich da musikalisch nichts verpasst habe, spricht mich überhaupt nicht an.

Ich glaube auch nicht, dass man jetzt plötzlich Dicke cancelt, denn es gibt ja gerade die gegenteilige Bewegung, nämlich jeden als Rassisten abzustempeln, der nicht auf Dicke steht, weil Schlanke schöner zu finden ja nur ein weißes kolonialistisches Konstrukt sei, um Schwarze zu benachteiligen.

Das liegt daran, dass das aus den USA kommt und die McDonalds-Schwarzen, die sich „Afro-Amerikaner“ nennen, sich dort nicht vorstellen können, dass sie meisten Schwarzen in Afrika nicht genug zu essen haben, um fett zu werden, und die Essensgewohnheiten wie McDonalds ja auch von Weißen stammen und kolonialistisch sind.

Der Punkt dürfte eher sein, dass man uns ja – wie schon oft beschrieben – eigenschaftsblind machen will, uns also bewusst mit allen möglichen Eingeschaften konfrontiert und bombardiert, uns aber gleichzeitig darauf abrichtet, sie nicht mehr wahrzunehmen, sich nicht mehr zu bezeichnen. Wie in Zimmer 101 von 1984.

Der Hintergrund dürfte sein, dass sie wieder mal mit ihrer Sprechakttheorie herumfuchteln, dass es darum geht, Dicke zwar gut finden zu müssen, den Leuten aber auszutreiben, sie überhaupt dick nennen zu können. Denn nach der Sprechakt- und Diskurstheorie der Geisteswissenschaftler (Michel Foucault und der zugehörige Idiotenzirkus) haben ja den Unsinn verbreitet, dass man Unterschiede erst dann erkenne und wahrnehme, wenn und indem man sie benennt. Man könnte also eine Kuh erst dann von einem Pferd – oder auch einer Kaffeemühle – unterscheiden, wenn man ihnen verschiedene Namen gibt. Auch Männer und Frauen seien ja erst dadurch entstanden, als satanische Hebammen anfingen, Neugeborene als Jungen und Mädchen zu bezeichnen und einzuteilen.

Meiner Einschätzung nach geht es da überhaupt nicht darum, Dicke zu canceln.

Es geht im Gegenteil darum, den Sprachgebrauch – Dicke, Fette usw. – zu tilgen, alle Bezeichnungen aus der Sprache zu entfernen, weil man der Überzeugung ist, dass man Dicke nicht mehr als Dicke wahrnehmen und dann auch nicht mehr ausgrenzen kann, wenn einem die Worte dazu fehlen.

Das Ziel ist eine Gesellschaft, die Dicke nicht mehr als Dicke erkennt, weil sie keinen Begriff mehr hat, um sie als solche zu bezeichnen.

Komischerweise kommen dieselben Leute aber nicht auf den Gedanken, die Klimaerwärmung zu bekämpfen, indem man verbietet, sie zu bezeichnen und davon zu reden. Nach derselben Logik nämlich müsste man einfach alle Begriffe für Temperaturen verbieten und die Klimaerwärmung wäre einfach erledigt, weil man sie nicht mehr wehrnehmen und erkennen könnte.