Ansichten eines Informatikers

„Wir brauchen Sie!“

Hadmut
5.5.2023 19:01

Leserzuschrift.

Kennt Ihr noch von Uncle Sam „We want you!“?

Hi Hadmut,

die von der Pro Arbeit Kreis Offenbach müssen verzweifelt sein, schau Dir doch mal die “Einladung zu den Berufskraftfahrenden-Tage 2023” im Anhang an. “Wir brauchen Sie!” Früher hieß das mal sinngemäß “Such dir’n Job, sonst weniger Geld”. Beachte auch die Ansprache und den Anreiz, mit dem Berufskraftfahrer gewonnen werden sollen. Es wird nicht damit geworben, dass die Person z. B. genug Geld verdient, um sich und seine Familie zu ernähren, sondern zum einen, dass “Wir” Kraftfahrer brauchen, als wenn dieses “Wir” nicht völlig unpersönlich wäre, und zum anderen damit, dass man “die Chance einen LKW selbst zu fahren!” hat. Als wenn die angesprochenen Leistungsbezieher Kinder wären, denen man den Kindergartenbesuch schmackhaft machen möchte, indem man ihnen erzählt, dass sie dann den ganzen Vormittag mit anderen Kindern spielen können. Früher war das alles ganz nüchtern. Man lädt Gegenstände in den Hänger und fährt dann an ein Ziel, wo man den Hänger auslädt.

Was für eine bescheuerte, hilflose Welt Deutschland geworden ist. Hoffentlich packe ich es noch, hier raus zu kommen.

Mal abgesehen davon, dass das Sensationelle daran, einen LKW zu fahren, maßlos überschätzt wird (ich habe einen LKW-Führerschein), stellt sich tatsächlich die Frage, was man mit diesem Gehampel zu erreichen können glaubt.

Ich will es mal so sagen:

Ich habe den LKW-Führerschein damals bei der Bundeswehr gemacht. Das dauerte 6 Wochen, und wir waren in zwei Gruppen eingeteilt worden, die jeweils im Wechsel einen halben Tag theoretischen Unterricht und einen halben Tag Fahrpraxis hatten. Und danach sagte man uns, dass uns die Bundeswehr damit in nur 6 Wochen einen eigenständigen Beruf verpasst habe, mit dem wir uns immer über Wasser halten könnten, denn LKW-Fahrer würden immer gebraucht. (Da waren eben nicht nur Abiturienten, sondern alles bis zum Hauptschüler mit dabei.)

Das würde heute wohl etwas länger dauern, weil da inzwischen noch Berufskraftfahrerqualifikationen dazu kommen, weiß nicht genau, das ist dann wohl noch mal eine Woche Extra-Unterricht zu Gefahrgut, Ladungssicherung, Frachtbriefen und sowas, was wir damals bei der Bundeswehr nicht hatten.

Lass es halt 9 oder 12 Wochen sein oder wie lange auch immer es dauert, wenn noch Umgang mit Fracht, vielleicht noch Gabelstapler oder was auch immer dazu kommt. Es ist jedenfalls vergleichsweise wenig Aufwand verglichen mit anderen Berufen, und für jemanden, der ordentlich Auto fahren kann, durchaus machbar, weil da kein ernster qualitativer Unterschied besteht. Wer einen PKW zuverlässig durch den Verkehr steuern und rückwärts einparken kann, der kann auch lernen, einen LKW zu fahren, weil das im Prinzip die gleiche Aufgabe ist, nur breiter, höher, länger. Am schwierigsten habe ich damals empfunden, mich in der ersten Fahrstunde daran zu gewöhnen, dass man vor und nicht hinter der vorderen, gelenkten Achse sitzt, weshalb sich das ganze Raumgefühl anders anfühlt. Der Fahrlehrer hat damals mit jedem von uns gemacht, dass er, wenn wir das erste mal im LKW am Steuer saßen, mit uns schnurgerade auf die Wand zu gefahren ist und gesagt hat, dass wir schnurgerade fahren, bis er sagt, scharf abzubiegen. Jeder war überzeugt, dass wir gegen die Wand knallen, weil sich jeder erst einmal dran gewöhnen musste, dass man beim Lenken nicht wie im PKW seiner Motorhaube folgt, sondern seitlich schwenkt. Das war es. Alles andere war nur Übungssache.

Es ist weder übermäßig schwer, noch dauert es lange, den LKW-Führerschein zu machen. Es ist nur teuer. Aber auch da fänden sich welche, die einem das auslegen und mit dem Gehalt verrechnen.

Und wer noch einen alten Klasse 3 Führerschein bis 7,5 Tonnen kann damit auch schon mittelprächtige LKW mit leichter Fracht fahren, und selbst ein B bis 3,5 Tonnen reicht für einen Lieferwagen wie Mercedes Sprinter. Und da Soziologen, Politologen und Kulturwissenschaftler ja bekanntlich oft Taxi-Fahrer sind, könnten sie auch sowas fahren.

Trotzdem haben wir fast 3 Millionen Arbeitslos gemeldete, und noch Millionen Flüchtlinge und Migranten, die nichts machen. Obwohl die Möglichkeit bestünde, dass die Leute ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften.

Was wir hier erleben, ist genau der Grund, warum der marxistische Unfug vom „Bedingungslosen Grundeinkommen“ nicht funktioniert. Ich weiß aus der Speditionsbranche, dass viele einfach keinen Bock haben zu arbeiten, weil sie nicht einsehen, 40 Stunden die Woche zu buckeln (und in der Zeit das Handy nicht benutzen zu können), um dann kaum mehr oder sogar weniger Geld haben als ein Hartzling.

Dazu nämlich kommt noch, dass wenn man seine Miete, seine Heizung, seinen Strom und sowas alles selbst zahlen muss, sparen und das eine gegen das andere abwägen muss. Zusätzlich zur Arbeit.

Oder mit anderen Worten gesagt:

Wir erleben gerade Symptome im Anfangs- und auch schon Fortgeschrittenenstadium einer Gesellschaft, die sich gerade selbst zugrunderichtet. Ausfall der Logistik ist schon eine ernstere Ausfallerscheinung.

Die Schulen funktionieren ja auch schon nicht mehr voll.