Ansichten eines Informatikers

Aiden Fucci zu lebenslanger Haft verurteilt

Hadmut
25.3.2023 18:15

Weil wir hier doch gerade eine Diskussion um ähnliche Fälle haben.

Wegen des Mordes an Luise durch eine 12- und eine 13-Jährige, bei dem inzwischen herauskam, dass die 12-Jährige 75 mal zugestochen hat, gibt es gerade eine Diskussion darum, das Alter für die Strafmündigkeit – etwa auf 12 – zu senken, weil Kinder heute sehr viel reifer, mündiger, erwachsener seien, als sie es zu der Zeit waren, als man diese Altersgrenze eingeführt habe (weiß es nicht mehr genau, so ungefähr ein Jahrhundert alt).

Dass Kinder heute sehr viel mehr über die Gesellschaft und das Leben wissen als damals, liegt auf der Hand, weil wir ja nun in einer Medienwelt leben, während man damals in irgendeinem Dorf lebte, nicht rauskam, und vielleicht gerade lesen und schreiben lernte und drei Bücher kannte. Zudem ist ja bekannt, dass auch die Pubertät immer früher einsetzt, und vielleicht hat es auch etwas mit der Ernährung zu tun.

Ich bin mir da nicht sicher, welchen Standpunkt ich da haben sollte, und vielleicht kann ich das auch einfach gar nicht beurteilen, weil ich viel zu wenig mit Kindern dieses Alters zu tun habe (aktuell nämlich so gut wie gar nichts), um das vertretbar beurteilen zu können. Jeder, der Kinder hat, ist mir da voraus.

Dass wir aber mit unsererem derzeitigen Zustand ein Problem haben, weil wir damit regelrecht signalisieren „Du darfst noch straffrei morden“, hatte ich schon geschrieben.

Heute ging rum, dass in den USA, Florida, St. Johns County, der zur Tatzeit 14-Jährige (heute 16) Aiden Fucci zu lebenslanger Haft nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde, weil er die 13-jährige Tristyn Bailey, Klassenkameradin, Cheerleader, mit 114 Messerstichen (und 49 Abwehrwunden, ich weiß aber nicht, ob die extra zählen oder da schon drin sind) umgebracht hat.

Warum er das getan hat, habe ich zumindest auf die Schnelle nicht herausgefunden, allerdings sagt auch der Richter in der Urteilsverkündigung (anders als in Deutschland begründen sie es erst und verkünden dann die Strafe), dass es keinen Grund oder Anlass, keine Erregung oder Rache gegeben habe, sondern die Tat aus blanker Mordlust geschehen sein müsse. In den USA heißt „lebenslänglich“ normalerweise wirklich für den Rest des Lebens. In diesem Fall sagte der Richter aber, dass man das jugendliche Alter berücksichtige und im deshalb einräume, frühestens nach 25 Jahren (!), also wohl mit 39, weil meines Wissens auch in den USA die Untersuchungshaft angerechnet wird, eine erste Bewährungsverhandlung zu bekommen. Normalerweise ist das in den USA aber so, dass man da nicht bei der ersten rauskommt, sondern sich über Jahre abmühen muss. Also wird der wohl sitzen, bis er Mitte 40, 50 oder älter ist. Meines Wissens gibt es in Florida auch noch die Todesstrafe, aber nur, wenn man bei der Tat mindestens 18 war.

Ich tue mir da ein bisschen schwer mit der amerikanischen Rechtsprechung, weil die gerne darauf abheben, auch hier, dass das Opfer eine schöne junge Frau war, dyamisch, das ganze Leben noch vor sich und so weiter, also ob man billiger davon käme, wenn man eine fette, hässliche oder behinderte Frau umbringe. Mir passt dieses moralgeladene Gerede nicht so. Er sagt aber eben auch, dass es da keinen strafmildernden oder nachvollziehbaren Grund, und sei es Rache, gegeben habe, und dass er als jemand beschrieben werde, der Einsicht in seine Taten habe, was dort also wohl schon reicht, um nach Erwachsenenstrafrecht verdonnert zu werden.

Was für mich jetzt darauf hinausläuft, dass unser Strafrecht zu lasch und es schlicht nicht vertretbar ist, dass sich 12- und 13-Jährige vorher im Internet vergewissern können, dass sie jetzt straflos morden können und dann geplant und kaltblütig losschlagen, in einen Hinterhalt locken, perforieren und dann einfach den Abhang runtewerfen zum Verbluten (Mordmerkmale der Heimtücke, der Grausamkeit und wohl auch der Mordlust), dann noch die Eltern anrufen und Sorge heucheln, letztlich also den perfekten Mord begehen – jeder weiß, was passiert ist, aber ihnen kann nichts passieren. Das kann nicht angehen. Aber eben auch darauf, dass das US-Recht womöglich zu hart ist, denn völlige Reife wird man einem 14-Jährigen auch nicht ohne weiteres unterstellen können. Andererseits sagen sie sich, dass wer mordet wie ein Erwachsener, auch bestraft wird wie ein Erwachsener. Dort geht es ja auch immer um eine Genugtuung für die Opfer oder deren Hinterbliebene, und darum, dass Richter und Staatsanwälte wieder gewählt werden. Und er sagte ja auch, dass das die „community“ schwer getroffen habe.

Irgendwo zwischen den beiden Extremen muss wohl die Lösung liegen.

Allerdings frage ich mich, wie sich Deutschland verändern wird. Katrin Göring-Eckardt freut sich zwar bekanntlich darüber, ich aber nicht. Es könnte durchaus zu einer Zunahme solcher Fälle führen, und wir an dem Punkt ankommen, an dem das deutschen Strafsystem das Land nicht mehr in seinen Fugen halten kann.