Ansichten eines Informatikers

Teures Berlin

Hadmut
8.3.2023 10:37

Uuuuh, das würzt.

Kam gerade im Radio: Die Mieten sind in Berlin so rapide gestiegen, dass Berlin jetzt die zweitteuerste deutsche Stadt nach München sei. Findet man aber auch leicht im Netz, etwa hier. (Böse Zungen meinen, das würde sich bald ändern, weil Berlin ja keine deutsche Stadt mehr sei,

ich bin mir aber noch nicht sicher, in welchem Mietranking Berlin dann auftauchen sollte und gegen welche Städte es dann verglichen werden sollte. Hätte immerhin den völkerrechtlichen Vorteil, dass wenn die Russen Berlin bombardieren sie damit ja auch der Türkei den Krieg erklärt haben.

Würzig daran ist aber die Ironie, die darin liegt.

Denn noch vor etwa 15 Jahren war Berlin spottbillig. Ich kann mich noch erinnern, weil ich damals schon überlegt habe, von Dresden nach Berlin zu ziehen, es gab damals dort aber noch keine Jobs. Deshalb habe ich die Ehrenrunde über Karlsruhe, Ulm und München eingelegt. Damals war das nämlich noch so, dass man in den Immobilienangebotsdatenbanken auf der Suche nach einer Wohnung um die Tausend Angebote oder mehr bekam, weil man riesigen Leerstand hatte, und man Mietwohnungen damit angeboten bekam, dass die ersten 3 Monate mietfrei sind und man einen Großbildfernseher (damals der letzte Schrei) dazu bekam. Während München schon damals sauteuer war, war das Wohnen und Leben in Berlin quasi geschenkt. Während der Dönerkriege kostete ein Döner mal runter bis zu 1 Euro, und man berichtet sich, dass früher, ich weiß aber nicht mehr genau, ob sich das auf Euro oder DM bezog, in Stadtteilen wie Kreuzberg und Neuköln einem Gastwirt schon mal der Gastraum mit Jauche geflutet wurde, wenn der Speisen über 5 – weiß nicht mehr, DM oder Euro – auf der Karte hatte. Also nicht mal alle, sondern es reichte schon, wenn nur eine.

Als ich 2012 nach Berlin zog und 2013 nach Wohnungen suchte, zog sich das schon zu. Ich habe zwar damals noch etwa 70 bis 80 Wohnungen besichtigt, meistens sogar alleine oder mit höchstens zwei anderen Interessenten, aber da war das meiste schon ein Müll-Angebot, alter DDR-Schrott, der eben seit der DDR nicht mehr renoviert worden war, vieles gammelig, feuchte Keller oder zugekackte Treppenhäuser, oder ich habe es schlicht nicht bekommen, weil schon die Schmiergeldnummern losgingen oder man mir sagte, dass ein kinderloser Mann nicht in ein Haus mit viel Kinderlärm passe (ein Kollege meines Alters mit Kindern bekam keine Wohnung, eben weil er Kinder hatte). Oder ich verständnislose Anrufe bekam, wieso ich mich als Einzelperson denn auf eine 3-Zimmer-Wohnung bewerbe, was ich mit so viel Platz wolle (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Arbeitszimmer konnten sich viele nicht vorstellen, weil sie „Arbeiten“ nicht kennen). Und dann kam dann der Tag, an dem ich dann drei gute Wohnungsangebote auf einmal hatte, und zwei davon genommen habe. Weil die beste der drei Wohnungen noch gar nicht gebaut war und ich auf die noch über ein Jahr warten musste, sie aber schon mal gemietet habe.

Inzwischen ist Berlin die Miethölle.

Und das Schöne daran ist, dass die Katastrophe von eben jenen Linken gebaut wurde, die von jenen linken Berlinern gewählt werden, die es gerne billig haben und ihre Kiezromantik so schätzten.

Die Berliner haben sich quasi den Ast abgewählt, auf dem sie sitzen.

Es gibt zwar eine alte Volksweisheit, wonach man aus Schaden klug werde, die gilt aber nicht für Berlin. Ich habe das ja früher schon mal beschrieben, dass eines meiner Steckenpferde die selbstverstärkenden Fehler sind, die darauf beruhen, dass man eine Krisensituation hat, sie auch erkennt, aber in einer – vermeintlich richtigen und notwendigen – Weise reagiert, die die Sache noch verschlimmert, und sich beide, die zunehmende Krisensituation und die vermeintliche, tatsächlich aber verstärkende eskalierende Gegenmaßnahme sich iterativ zu einem instabilen System hochschaukeln.

Und genau das hatte man in Berlin:

Je teuerer das Wohnen wurde, desto linker wurde Berlin, ohne aber zu bemerken, dass das die Ursache für den Preisanstieg war, sogar in doppelter Hinsicht. Über die Europapolitik (die allerdings von den EU-Linken und nicht den Berlin-Linken betrieben wurde, aber da gibt es Zusammenhänge) wurde immer mehr Geld in die südeuropäischen Ländern gepumpt, dass dann in privaten Taschen landeten, die wiederum in Berliner Betongold investierten, damit die Kaufpreise hochtrieben und mit den Kaufpreisen natürlich auch die Mieten, weil die den Kauf ja erwirtschaften müssen. Gleichzeitig aber auch durch die immer heftigere Zuwanderung nach Berlin, die von linken Gruppen systematisch betrieben wurde. Der Berliner Mieter hat sich effektiv seine eigene Hinrichtungsart gewählt, weil der Berliner, je linker er ist und je mehr er auf den Kapitalismus schimpft, den zu beurteilen er sich am besten in der Lage sieht, umso weniger begreift, dass es das alte Spiel von Angebot und Nachfrage ist.

Und dann natürlich noch der Eskalationsbeschleuniger dazu kommt, dass wir über die Asyl- und Unterbringungsnummer als Steuerzahler immer höhere Mieten zahlen, als wir sie uns selbst leisten können, damit also ganz zwangsläufig die Mieten immer stärker steigen müssen, weil wir sie selbst immer höher zahlen. Die Aufwärtsspirale.

Es entbehrt also nicht der ironischen Würze, dass die Berliner sich ihren eigenen Lebensraum kaputtgelinkst haben. Und es nie begreifen und deshalb nie bereuen werden.