Ansichten eines Informatikers

42-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich

Hadmut
19.6.2022 20:13

Das ist schön. Viel Spaß!

Gab es neulich schon mal, geht aber gerade wieder herum:

wobei ich nicht weiß, wie ich die Formulierung

„Ich habe persönlich große Sympathie für eine optionale Erhöhung der Wochenarbeitszeit – natürlich bei vollem Lohnausgleich“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) der Funke-Mediengruppe.

verstehen soll. Denn als man noch die Reduktion der Arbeitszeit von 40 auf 35 Stunden mit vollem Lohnausgleich verlangte, sollte das ja bedeuten, dass der Lohn gleich bleibt, also wie bei 40 Stunden. Müsste dann eine Erhöhung auf 42 Stunden „bei vollem Lohnausgleich“ nicht auch bedeuten, dass man die 2 Stunden für Umme arbeitet? Oder wollte er sagen, dass es entsprechend mehr Lohn gibt, und hat nur blöd formuliert?

Da man ja allerdings inzwischen sowieso leistungsunabhängige Pauschallöhne zahlt und viele Quoteninhaber:innen ohnehin keine 10 Stunden pro Woche arbeiten, wäre das eigentlich egal, ob sie 40 oder 42 Stunden rumsitzen. Und die 2 Stunden extra würden die Leute dann eh an der Kaffeemaschine oder in der Zigarettenpause abfeiern.

Wenn die Babyboomer in Rente gehen, werde Deutschland viele Arbeitskräfte verlieren – und schon heute gebe es an vielen Stellen einen Mangel. „Eine 42-Stunden-Woche wäre sicherlich leichter umzusetzen als eine allgemeine Einführung der Rente mit 70“, sagte Russwurm.

Zumal man bei vielen Leuten ja gar nicht weiß, wie alt sie tatsächlich sind, und folglich, wann sie 70 werden.

Von mir aus – gerne. Ich fände es toll, wenn die Generation Z mal nachsitzen muss. Wenn wir Negativ-Zinsen hatten, warum sollen die dann nicht Negativ-Hitzefrei haben?

Ich muss da immer an ein Erlebnis in der Rechtsabteilung denken, in der ich mal gearbeitet habe, und die ich zwar fürchterlich fand, mir aber gerade deshalb dieses Erlebnis besondere Wonnen der Freude verschafft hat.

Ein Kollege der Kategorie „Lieber Kollege“ hatte mich mal bei den Vorgesetzten angeschwärzt. Oder anschwärzen wollen. Zwei oder drei Monate lang habe er penibel aufgeschrieben, wann ich morgens kam und abends ging, Excel-Sheet, und er könne deshalb nachweisen, dass ich jeden Tag immer exakt eine halbe Stunde weniger arbeitete als er. Ich käme nach ihm und ginge vor ihm. Er und ein Vorgesetzter, bei dem er mich angeschwärzt hatte, hatten mich damit konfrontiert und zur Rede gestellt.

Das aufzuklären fiel mir leicht. Denn während er einen 40-Stunden-Vertrag hatte, hatte ich bei der Anstellung einen 37,5-Stunden-Vertrag ausgehandelt, was sie geflissentlich übersehen hatten und auch nicht wussten, weil sie nicht auf die Idee gekommen waren, das zu klären. Ich hatte ihnen also geantwortet, dass sie sich wohl oder übel mit dem Gedanken anfreunden müssten, dass ich auch künftig jeden Tag eine halbe Stunde weniger arbeiten werde als der liebe Kollege, und das so völlig korrekt und in Ordnung sei. Und ich für die präzisen Aufzeichnungen danke, die belegen, dass ich meine Arbeitszeit voll erfülle.

  1. Die beiden blöden Gesichter hättet Ihr sehen sollen. Diese semantische Tiefe der sukzessive abstürzenden Mimik parallel zum Begreifen in Zeitlupe. Davon zehre ich noch heute.
  2. Ich habe es mir dann natürlich künftig nicht mehr nehmen lassen, dem lieben Kollegen jeden Abend, wenn ich ging und der noch arbeitete, süffisant grinsend einen schönen Feierabend zu wünschen. Auch das Gesicht – unbezahlbar. Jeden Tag.

Und eine wesensverwandte Freude kommt in mir hoch, wenn ich daran denke, dass man künftig 42 Stunden arbeiten soll.