Ansichten eines Informatikers

Klassenwochenarbeit in Sport und Geographie

Hadmut
11.6.2022 12:36

Weil mir gerade so viele Leute zu der Bergnot der 8 Lehrer und 99 Schüler schreiben,

auch Geographielehrer, ging mir eigentlich was durch den Kopf.

Ich habe als Schüler weder den Geographie-, noch den Sportunterricht gemocht, weil beides viel zu borniert und altmodisch. In Geographie (wie in Geschichte) haben wir meistens nur endlos irgendwelche Fakten auswendig gelernt, wie hoch die Niederschläge im März in Timbuktu sind und wie die Weizenerträge in der Sahara ausfallen. Und Sport immer nur so’n Scheiß wie 100-Meter-Lauf, Kugelstoßen, Hochsprung. Ich hatte in Sport immer schlechtestmögliche Noten, obwohl ich privat eigentlich recht sportlich war (Judo, Fechten, mit dem Rad 10km zur Schule). Ein Sportlehrer sagte mal, er habe mir nur deshalb eine 5 und keine 6 gegeben, weil er Hemmungen habe, jemandem eine 6 zu geben, den er noch nie beim Sport gesehen hat. Ein anderer war sehr irritiert, als wir beim Basketball auf Note Körbe werfen mussten, ich das dann auch völlig falsch machte, nämlich nicht gegen das Brett zum Abprallen in den Korb, sondern aus dem Stand direkt in den Korb warf, aber die meisten Treffer hatte. Kann man einem 5er-Schüler eine Eins dafür geben, dass er falsch wirft, aber die meisten Treffer hat? Ein dritter Sportlehrer war ratlos. Bei den Bundesjugendspielen meinte er, ich bräuchte erst gar nicht mitzumachen, weil ich zu schlecht sei und sowieso nie die Urkunde geschafft hatte, und mich deshalb als Helfer eingeteilt hatte, der beim Ball-Weitwerfen die Bälle zurückwerfen sollte, und dann feststellen musste, dass ich alle Bälle immer viel weiter zurückwarf, als die anderen sie hingeworfen hatten. Eigentlich war es ein Anschiss, weil ich die Bälle, die man hinwarf, immer vom Platz über die Teilnehmer in der Schlange hinweg in das Gebüsch dahinter gepfeffert hatte. Ich solle aufhören, so weit zu werfen. „Denken Sie mal drüber nach!“ hatte ich geantwortet. Das warf ihn dann aus der Bahn.

Der Punkt war nämlich, dass man als Helfer die Bälle zurückwerfen kann, wie man will. Und ich hatte in England „Rounders“ gelernt, sowas ähnliches wie Baseball, und deshalb die Bälle anders geworfen als vom Sportlehrer gelehrt.

Ich fand diesen klassischen Leichtathletik-Sportunterricht einfach katastrophal schlecht. Ich habe eh zu kurze Beine und damit einfach schlechte Karten beim Hürdenlauf. Und einige der Mädels kotzte einfach an, dass sie auf den Schwebebalken mussten. Ich war baff, als ich dann mal las, dass es auch Schulen gibt, die Judo oder Skifahren oder sowas als Sportunterricht machen.

Obwohl ich weder Geographie-, noch Sportunterricht leiden konnte, fand ich die Kombination aus beidem schon immer spannend, weil Sport eben auch mit Natur zu tun haben kann. Stichwort Schnitzeljagd. Pfadfinderei.

Ich fände das durchaus mal eine interessante und sinnvolle Aufgabe, Schülern einen solchen Foren- ober Webeintrag wie „klasse Feierabendroute“ hinzuwerfen und zu sagen, sie hätten jetzt in Gruppen eine Woche Zeit,

  • das als Tour vorzubereiten,
  • passende Karten aufzutreiben, in Karten zu suchen, die Strecke einzuzeichnen,
  • Wanderwegsymbole und -markierungen zu klären,
  • markante Orientierungspunkte und Kompasspeilungen zu bestimmen,
  • die Route in ein GPS-Gerät einzugeben,
  • Höhenprofile, Anforderungen zu bestimmen,
  • zu klären, was man an Zeit, Proviant und Ausrüstung braucht,
  • welche Notfallstrategien man hat,
  • die eigene Leistungsfähigkeit und die eigenen Fähigkeiten einzustufen,
  • und zu entscheiden, ob die Gruppe diese Strecke gehen könnte und würde oder nicht.

Und im Sportunterricht dann statt 1000-Meterlauf, Kugelstoßen und Schwebebalken eben mal einen Orientierungslauf. Einzeln oder in Gruppen, jeder bekommt Karte, Kompass, etwas Proviant, vielleicht ein GPS, nur für den Notfall ein Handy oder Funkgerät, und dann geht’s los. Finde den Schatz. Löse die Aufgabe. Punkt zu Punkt. Toller Tag im Landschulheim.

Man könnte das mit etwas mehr Aufwand noch etwas aufblasen, indem man irgendwelche Gaststätten, Kiosks oder sowas als Notfallpunkte einbaut, wenn die mitspielen, so nach dem Schema „Wenn Ihr nicht weiter wisst, fragt am Kiosk, kostet 10 Minuspunkte“, oder „Lehrer X sitzt am Windrad“.

Wenn man besonders vorsichtig sein will, gibt man jeder Gruppe einen Peilsender oder Notfallsender mit, falls (eingetütete, versiegelte) Handys nicht reichen.

Und wenn man den Kunstlehrer noch einspannen will, bekommt jede Gruppe noch den Auftrag, dabei noch ein Video im Youtube-Stil darüber zu drehen.

Und wer Sadist ist, der setzt noch den Biolehrer irgendwohin und macht es zur Aufgabe, irgendwelche Pflanzen zu bestimmen. Oder gibt die Anweisungen für die nächste Aufgabe auf lateinisch.

Wenn man es derbe treibt, macht man irgendwo noch ein Mittagessenpicknick oder lässt die Leute dann auch mal im Schlafsack im Wald übernachten und sich morgens am Bach waschen. Hier ist das Zelt, baut es zusammen auf.

Und dann kann man sie nachts um drei wecken und mit einer Sonderaufgabe rumscheuchen. Waren Nachtwanderungen bei uns damals nicht immer das Allergeilste? Hatten wir mal ein einem Ferienlager. Nachtwanderung. Ein Betreuer hatte sich damals krank gemeldet, Magen verdorben, ihm gehe es sooo schlecht, muss dringend zum Arzt. In Wirklichkeit hat er sich ganz schwarz angezogen und für die Spukeffekte für angemessenes Gruseln gesorgt. Hast Du den Schrei eben gehört? Ganz schrecklich! – Schrei? Was für ein Schrei? Ich habe nichts gehört. / MICH HAT EINER ANGEFASST! – Kann gar nicht sein, Du warst doch die letzte in der Schlange, hinter Dir ist niemand mehr. / Eben habe ich meine Tasche dahin gestellt, jetzt ist sie weg… Ja, ich habe im Dorf gehört, hier wurde vor 100 Jahren ein Dieb hingerichtet.

Hätten wir damals solche Möglichkeiten gehabt, wären wir mehr als begeistert gewesen.

Gibt es eigentlich noch Gitarre und Lagerfeuer? Oder wurden die durch LED-Lampen und eine Handy-App ersetzt?

Oder käme man heute für so eine Aktion an den Gender- und Klimapranger?