Ansichten eines Informatikers

Zug zusammengeschoben?

Hadmut
4.6.2022 11:21

Weil mir gerade viele Leute schreiben,

dass der Zug, der in Bayern entgleist ist, im Schubbetrieb war, weil ich ja Vermutungen angestellt hatte, dass irgendwas am Gleis nicht in Ordnung war, die schwere Lok das noch vertragen habe, und der Zug dann in der Mitte aus dem Gleis gefallen war.

Das aber sei nicht zutreffend, weil dieser Zug eingleisig im Pendelbetrieb fahre ohne zu wenden, und immer nur hin- und herfahre, und deshalb die Lok mal vorne ist und zieht, und mal hinten und schiebt. Am anderen Ende des Zuges sei nur ein Fahrstand für den Lokführer, der zwar aussieht, wie in einer Lok, aber nur eine Fernsteuerung ist und deshalb das Gewicht nicht beeinflusst. Der erste Wagen dürfte demnach nicht schwerer als die nachfolgenden gewesen sein. Womit der Gedanke, dass die vorausfahrende schwere Lok da noch irgendwas gehalten hat, und die anderen dann nicht mehr, nicht haltbar ist.

Der Zug fuhr wohl gerade von Garmisch Richtung München, also nach Norden.

Schaut man sich die Luftbilder an, etwa hier oder hier, dann sieht das so aus, als seien die (schiebende, also am Zugende befindliche) Lok und der vorletzte Wagen, also der vor der Lok, noch im Gleis, alles andere aber rausgefallen.

Mir fällt dabei nun auf, dass man im Zusammenhang Fotos vom Unfallort in den Medien sehen konnte, wonach ein Wagon, anscheinend der erste mit dem Fahrstand, zwar noch nahe am Gleis, aber neben dem Gleis steht, also entgleist ist, und dazu sehr viel von dem Kies im Gleis stark aufgehäuft (wo man jetzt auch nicht weiß, wann und wodurch das entstanden ist).

Weil die Lok aber hinten ist und wohl geschoben hat, muss ich meine Vermutung – ich hatte ja schon geschrieben, dass man die Ursachen erst kennt, wenn man sie weiß – schon etwas revidieren.

Meine Vermutung wäre nun, dass der erste Wagen mit dem Fahrstand zuerst entgleist ist, aber nicht schlimm, sondern neben dem Gleis auf dem Kies und den Schwellen lief, und damit natürlich brachial abgebremst, regelrecht blockiert wurde. Wenn dann die Lok von hinten schiebt, wird der Zug zusammengeschoben. Und wenn das dann genau in einer Kurve passiert, was ja hier der Fall war, wird der Zug von der eigenen Lok regelrecht aus dem Gleis gedrückt, und zwar aus der Kurve raus.

Es könnte also eine Verkettung folgender Umstände sein:

  • Lok im Schubbetrieb von hinten
  • Doppelstockwagen mit hohem Schwerpunkt
  • in der Kurve
  • vorderster Wagen entgleist, fährt neben dem Gleis auf Kies und Schwellen, an sich noch relativ harmlos, bremst dadurch aber sehr stark ab, blockiert, und die Lok von hinten schiebt den Zug zusammen, der dadurch aus der Kurve kippt, weil ein Zug der nicht auf gerader Strecke, sondern in der Kurve und gebogen ist, die Kraft nicht gerade durchleiten kann. Wenn man etwas Gebogenes zusammendrückt, weicht es immer in Richtung der Biegung aus, weil das Kräfteparallelogramm eine Gesamtkraft in diese Richtung bildet. Zusätzlich die Massenträgheit des ganzen Zugs bei plötzlicher Blockade in der Kurve.

Es könnte sich also als Folgereaktion einer Entgleisung des vordersten Wagens darstellen.

Fragt sich, warum der erste Wagen entgleist ist.

Könnte natürlich Sabotage sein, irgendwas am Gleis manipuliert. Oder einfach Unglück. Leser meinten, das sei in Karstgebirge, und da könnte es schon zu geologischen Veränderungen kommen und sich das Gleis heben oder senken.

Das müsste sich aber in der Wahrnehmung von Zeugen niederschlagen, vielleicht so „erst Rattern und dann ein Schlag“.