Ansichten eines Informatikers

Als es ihn ankotzte, wie gewünscht und zum richtigen Augenblick

Hadmut
7.9.2021 17:40

Mmmmh. Seltsames zu Baerbock in der ARD Wahlarena.

Ich hatte die Sendung der ARD, Wahlarena, mit Annelena Baerbock nur teilweise gesehen und dazu schon was geschrieben (dass sie davon ausgeht, dass wenn bei uns der Strom knapp ist, die Nachbarländer immer gerade Stromüberschuss haben und uns helfen).

Nun hatte mir jemand noch einen Hinweis auf einen Tweet geschickt, in dem ein Videoausschnitt kommt, den ich nicht gesehen hatte. Eigentlich wollte ich was darüber schreiben und den Tweet zitieren. Ich könnte natürlich auch selbst den Ausschnitt aus dem Video raussuchen, dazu fehlt mir aber gerade die Zeit.

Nur: Der Tweet ist weg. Lässt sich nicht mehr finden, als habe man ihn entfernen lassen. Es gibt viele Tweets zu dem Vorgang, aber alle nur mit Standbild und zu Text niedergeschriebenen Aussagen, aber nicht mehr Originalton und -bild. Man findet es in der Mediathek, die fragliche Szene ab 0:23:30.

Es ging darum, dass sich in der Sendung ein junger Mann mit weißem Hemd und Krawatte meldete, stellt sich nach einem Kompliment an Baerbock für ihre Schuhe als Berkant Kurtuglu oder so änhlich vor, gebürtiger Braunschweiger, als Schöffe bei Gericht ehrenamtlich tätig, und da sind wir schon beim Problem.

Ich habe den Namen nämlich nicht so exakt verstanden, dass ich ihn fehlerfrei niederschreiben könnte, zumal ich kein Türkisch kann. Ich habe die Schreibweise jetzt mal aus den Presseberichten darüber, etwa FOCUS entnommen. Forscht man da etwas nach, scheint die richtige Schreibweise aber Berkan Kurtoglu zu sein (was auch irgendwie besser in die typische Lautsprache türkischer Vor- und Nachnamen passt, denn Vornamen auf -an gibt es sehr oft und Nachnamen auf -oglu habe ich auch schon öfters gesehen, das wirkt authentischer).

Er sagt, er schreibe jeden Tag unzählige Bewerbungen, aber sie würden alle im Keim erstickt, es hagele nur Absagen.

Normalerweise würde ich da empfehlen, die Dinger nicht in solchen Mengen zu schreiben, dass man sie schon nicht mehr Zählen kann, sondern lieber weniger, und dafür passende. Aber egal.

Er meint, es liege an seinem türkischen Namen.

Wieder mal eine Koinzidenz oder Korrelation mit einer Kausalität verwechselt. Post hoc ergo propter hoc.

Ob es überhaupt eine Korrelation ist, wäre fraglich. Dazu müsste man erst einmal darlegen, dass es ihm mit deutschem Namen besser erginge. Das tut er schon mal nicht. Und dass er zu Unrecht abgewiesen wird, hat er auch nicht dargelegt. Kann sein, kann auch nicht sein. Weiß man so nicht. Jedenfalls meint er, ganz schrecklich viele Leute, auch Behinderte und Fraune mit Kindern, würden ganz schrecklich diskriminiert. Was Baerbock dagegen tun wolle, will er wissen.

Das ist schon wie eine Steilvorlage zum Thema Quote, als hätte man ihn dahinbe- und gestellt, um die Stimmen von Deutschtürken (ich halte den Begriff für falsch, man müsste sie Türkdeutsche nennen, aber das ertragen sie dann auch nicht, weil sie ganz fürchterlich deutsch sein, aber trotzdem „Türken“ heißen wollen), einzufangen. Ob mit oder ohne Baerbocks Wissen, sei dahingestellt.

Was er jetzt machen solle, will er wissen.

Er fragt also effektiv, wie Baerbock dafür sorgen will, dass Türken (Deutschtürken/Türkdeutsche/wie auch immer) ihre Einstellungen im öffentlichen Dienst effektiv erzwingen können. Denn ob seine Bewerbungen überhaupt was taugen, wissen wir nicht. Man müsste sie mal gesehen haben. Vielleicht denkt man sich beim Lesen „Da kommt’s auf den Namen dann auch nicht mehr an…“.

Und so gehe es ihm seit Jahren. Der türkische Name spiele eine ganz große Rolle. (Selbst wenn: Er spielt nicht die einzige Rolle, und selbst wenn er eine ausschlaggebende Rolle spielt, heißt das noch lange nicht, dass die Schuld immer auf der anderen Seite ist – man könnte auch mal überlegen, ob das vielleicht irgendeinen Grund hat. Zumal mich da mal wieder die unterschiedlichen Maßstäbe stören. Denn Türken stellen, wenn sie mal in der Entscheiderposition sind, fast immer stark bevorzugt oder ausschließlich Türken ein, finden das dann aber positiv und halten es für patriotische Pflicht.)

Das kotze ihn an. Über Jahre hinweg. Sagt er.

Als ich das so sah, dachte ich mir: Na, und? Wofür hält er sich?

Mich kotzen hier auch seit Jahren viele Dinge so an. Interessiert nur keinen. Schon gar nicht Grüne. Wie kommt der darauf, dass was ihn ankotzt so viel wichtiger sei als beispielsweise, was mich ankotzt, und es damit irgendeine Relevanz habe, was ihn ankotzt? Warum sollten dessen Befindlichkeiten wichtiger und relevanter sein als meine?

Baerbock lügt dann natürlich wieder, dass der Bildschirm wackelt. Sie sagt, die Grünen stünden dafür, dass gerade auch im öffentlichen Dienst eine diskriminierungsfreie, vielfältige Gesellschaft stattfinde. Und das ist zum Beispiel etwas, was mich jetzt seit 23 Jahren so ankotzt: Nämlich dass es nur noch nach political correctness und passender Gesinnung geht, wer in den öffentlichen Dienst kommt. Siehe meine eigene Geschichte, mich hat man ja auch schuld- und chancenlos nicht reingelassen. Aber bei mir führt das dazu, dass ich da vollig ignoriert werde. Sind wir also an dem Punkt, an dem Grüne und ARD so rassistisch sind, dass die Befindlichkeiten von Türken ganz wichtig und die von Deutschen irrelevant sind?

Baerbock erklärt dann, wie man darauf reagiert habe, nämlich bei Männern und Frauen, dass man bei gleichwertiger Qualifikation Frauen einstelle, bis Parität erreicht ist. Was sie nicht sagt, ist, dass man die Gleichwertigkeit stets fingiert, weil man die Kriterien (so man sie überhaupt hat) künstlich hinbiegt oder von vornherein Master mit Master gleichsetzt, also eine Politologin ohne Berufserfahrung einem Ingenieur mit 20 Jahren Erfahrung gleichstellt, weil sie doch beide Master/Diplom haben.

Das sind so Momente, in denen man im Bürostuhl schier vibriert und brummt, wenn einem klar wird, was für eine verlogene Schmierenkommödie Baerbock da aufführt.

Und dann wird es richtig schräg. Weil Baerbock die Frauen anspricht, erklärt er, dass er sich irgendwo in Hannover auf eine Stelle beworben habe, die von vornherein für eine Frau gedacht war, und sie hätten ihn abgewimmelt und die Frau ausgewählt, die sich beworben hatte. Die aber habe selbst abgesagt, und statt ihn dann zu nehmen sei die Stelle unbesetzt geblieben.

Wie kommt der dann darauf, dass es an seinem Namen und nicht an seinem Geschlecht liege?

Wieso glaubt er, dass ein Mann mit deutschem Namen besser behandelt würde?

Jedenfalls ist das politisch kritisch, denn wenn er sich beschwert, als Türke diskriminiert zu werden, redet der damit zugunsten der Grünen. Beschwert er sich aber über die Diskriminierung von Männern, redet er gegen die Grünen. Denn die Grünen sind schon stark für Diskrimierung, aber nur von Männern, Weißen, Deutschen und Heterosexuellen.

Baerbock übergeht die Diskriminierung von Männern völlig und redet davon, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft seien (wann hätten wir das denn beschlossen?), biegt das also auf die Diskriminierung von Türken zurück.

Eigentlich wollte ich das schon gar nicht mehr bebloggen, weil es eben so flaches tagesübliches Politgefasel ist, und man Baerbocks Geschwätz schon lange kennt.

Mich hat aber ein Leser auf etwas hingewiesen. Ich komme gleich drauf. Nur deshalb habe ich mir das Video in der Mediathek rausgesucht, weil ich den Tweet mit dem Ausschnitt nicht mehr gefunden habe. Da nämlich sagt er am Ende, dass er nicht nur ehrenamtlicher Schöffe sei, sondern auch im Bezirksrat in der Kommunalpolitik als Partei- und Fraktionsloser, aber nur bis Sonntag, weil dann neu gewählt werde. Er lasse sich aber nicht mehr aufstellen, denn damit habe er auch schlechte Erfahrungen gemacht, denn in Bewerbungen werde er danach gefragt, was sich ja schon doppelt widerspricht. Erst sagt er, es liege nur an seinem türkischen Namen, dass er nicht eingestellt werde. Dann sagt er, es liege nur am Geschlecht. Und nun, nur an seiner Tätigkeit in der Kommunalpolitik.

Ich würde in einem Bewerbungsgespräch auch keinen einstellen, der sich so eklatant selbst widerspricht.

Besagter Leser wies mich aber auf diesen Artikel hin, der das etwas kritischer betrachtet:

Dann kam Berkan zur Sache:

„Ich schreibe jeden Tag unzählige Bewerbungen und es hagelt nur Absagen“, beklagte er sich: Er vermutete seine türkische Abstammung sowie seinen Namen als Grund. […] „Die Herkunft spielt eine entscheidende Rolle bei den Bewerbungen über Jahre hinweg und das kotzt mich an. Das kotzt mich an.“ (Merkur.de)

Berkan ist jetzt 33. Er hat also mit 21 begonnen, „jeden Tag unzählige Bewerbungen“ zu schreiben. Sagen wir mal, es wären täglich nur zwei gewesen und er hätte Samstag und Sonntag pausiert mit seinen Bewerbungsschreiben. Da kommen wir in 12 Jahren auf gut 6000 Bewerbungen. Und wenn wir unserem deutschen Landsmann unterstellen, dass ihm jede orientalische Übertreibung fern liegt, so ist das schon eine ganze Menge. Eine der letzten Bewerbungen war die um eine Ausbildungsstelle zum Verwaltungsfachangestellten in Gehrden. Wie immer eine Absage, er demonstrierte anschließend erfolglos gegen die Entscheidung. Vielleicht ändert sich das jetzt.

Mmmh. Ja. 12 Jahre mal 52 Wochen mal 5 Tage mal „unzählige“ 2 Bewerbungen pro Tag ergibt etwa 6.240 Bewerbungen. Für einen, der noch seine Ausbildung sucht.

Das ist in der Tat etwas seltsam, wenn einer mit 33 beklagt, dass er keien Aussbildungsstelle bekommt. Also eigentlich keine Ausbildung hat. Auch nach hochgerechneten 6000 Bewerbungen.

Der scheint bei einer bestimmten davon ziemlich zu demonstrieren.

Denn Baerbock hatte Trost für ihren türkisch-stämmigen Landsmann mit der Vorliebe für Damenschuhe: Es wird ein Gesellschaftsministerium geben, versprach sie ihm, das sich um solche Benachteiligungen und Rassismus kümmern wird. Auf Anregung des ARD-Moderators tauschten beide auch ihre Telefonnummern nach der Sendung. Jede Wette – wenn Erkan sich um einen Platz im neu zu schaffenden „echten Gesellschaftsministerium“ bewirbt, als Mann mit 12-jähriger Rassismus- und Bewerbungsschreiben-Erfahrung, daneben charmant im Auftreten gegenüber grünen Damen, was soll da noch schiefgehen?

Aha. Wenn einer mit 33 noch immer keinen Ausbildungsplatz gefunden hat im Zeitalter des Fachkräftemangels und händeringender Suche der Firmen nach Azubis, dann hält Baerbock das für Diskriminierung und will ein „Gesellschaftsministerium“ bauen, das sowas verhindert.

Die Frage ist: War der überhaupt echt(er Zuschauer)?

Oder hat die ARD den da eingepflanzt?