Ansichten eines Informatikers

eBay, der Brexit und die Steuer

Hadmut
25.2.2021 20:26

Seltsames.

Warum passiert sowas eigentlich immer mir?

(Oder ist es so, wie ich früher schon vermutete, dass es jedem passiert, nur mir eher auffällt?)

Ich habe etwas Erstaunliches getan.

Ich habe etwas über eBay gekauft.

Also etwas, was ich beruflich brauchte, aber erst mal nur zum Testen, weshalb ich es nicht neu kaufte, sondern gebraucht, ein älteres Modell. Auf eBay gefunden, ein bisschen mit dem Preisvorschlag hin- und hergehandelt, einig geworden.

Aber, ach.

Die Verkäuferin sitzt in England.

Das ist jetzt kein grundsätzliches Problem, die Briten wären mir jetzt nicht unsympathisch, jedenfalls nicht überdurchschnittlich. Aber: eBay hat auf den Auktionspreis automatisch nicht nur Versand, sondern auch noch Einfuhrumsatzsteuer und Zoll draufgeschlagen. Wir reden hier von einer Größenordnung von etwa 20 Euro, die mich das zusätzlich gekostet hat.

Das ist erst mal eklig, weil man damit nicht rechnet (und das eigentlich auch fraglich ist, ob das mit den Preisauszeichnungspflichten in Deutschland vereinbar ist), aber weil’s was berufliches war und ich da vorsteuerabzugsberechtigt bin, war’s mir egal, weil ich das dann mit der Steuererklärung ja wieder bekomme.

Dachte ich.

Eben kam das Paket.

Mit der Sache an sich ist alles in Ordnung, dem Verkäufer da erst mal nichts anzulasten.

Aber ich hatte eigentlich erwartet, dass auf dem Paket die Zollabfertigung draufgepappt ist, wenn ich das vorher zahle. Ich kenne die Zollabwicklung bei Paketen aus dem Ausland eigentlich auf fünf Arten:

Die chinesische Methode:
Der Absender scheißt auf Zoll und Steuern und schreibt falsche Angaben auf den Aufkleber. Geschenk im Wert von 10 Cent oder sowas. Ganz klar Steuerbetrung, und wenn man daran irgendwie mitwirkt, ist man fällig. Solange man aber nur der Empfänger ist, der an der Falschangabe nicht beteiligt ist, passiert nichts.
Die amerikanische Methode:
Der Verkäufer schlägt Zoll und Einfuhrumsatzsteuer mit auf den Rechnungsbetrag und zahlt ihn beim Versenden des Pakets irgendwie dort mit ein, und das Paket wird als versteuert und verzollt erkannt und nach Hause geliefert, und die rechnen das intern irgendwie mit den Paketdienstleistern ab.
Die deutsche Methode:
Man bekommt eine Mitteilung, dass das Ding auf dem Zollamt Schöneberg ist (günstigstenfalls), und verbringt dort dann 1-3 Stunden damit zu warten, dass man dran ist, und die Abgaben dort zu zahlen.

Ich habe es allerdings auch schon erlebt, dass ich vom Paketdienst keine derartige Meldung bekommen habe, sondern nur eine Mitteilung, dass mein Paket mir nicht direkt zugestellt wurde, sondern an Herrn X übergeben, als ob es in der Nachbarschaft deponiert wurde, und ich dann hier unter Einschaltung von Nachbarn und Hausmeistern die Umgebung im Radius von 200 Metern abgesucht habe, ob hier irgendwo ein Herr X wohnt (nein, hier wohnt er nicht), um dann nach mehreren Tagen herauszufinden, dass Herr X der Zollbeamte ist, dem man das übergeben hat.

Man führt die Leute da auch leicht in Probleme. Ich hatte bei der Rückreise von Neuseeland zu schweres Gepäck und deshalb einen Teil der Sachen, darunter die Drohne, die ich dort gekauft hatte, per Paket zurückgeschickt, nicht aber die Akkus, weil man die nicht per Paket verschicken darf, sondern die im Bordgepäck mit zurückgebracht. Also habe ich denen dort die Rechnung aus Neuseeland präsentiert und erklärt und gezeigt: Drohe, aber ohne die drei Akkus. Jetzt teil das mal auf.

Die Abzocker-Methode:
Der Absender schickt das im Ausland mit einem dortigen Paketdienst ab, der dann hier mit einem Paketdienst zusammenarbeitet, den ich nie beauftragen würde, und der mir dann schreibt, dass er das Paket für mich bei Zoll hat und jetzt gerne eine 7-seitige Vollmacht und Kostenübernahmeerklärung verlangt und ich nicht nur den Zoll, sondern auch noch 20-30 Euro „Bereitstellungsgebühr” zahlen muss, was mir so vorkommt wie Wegelagerei, als würden sie die Pakete hijacken und nur gegen Schutzgeld wieder herausgeben. Denn das sind Kosten, die man auch über die Vorsteuer nicht wieder herausbekommt, die man aber auch in die Preiskalkulation nicht einbeziehen kann, weil man die vorher nicht weiß und die zu den angegebenen Versandkosten noch dazu bekommen.
Die internationale Methode:
Kurioserweise habe ich schon einige Male auf meinen Reisen Bestellungs-Stunts abgezogen, wenn nämlich etwas nicht mehr rechtzeitig hier oder es für das Fluggepäck zu schwer gewesen wäre, habe ich auch schon Dinge von Deutschland aus in China bestellt und an das Hotel in Neuseeland oder in den USA bestellt und an das Hotel in Afrika liefern lassen, wo ich für ein Zeitfenster von 2 Tagen zu logieren gedachte. Glaubt Ihr nicht: Es hat bisher immer und ausnahmslos auf den Tag exakt gepasst, zweimal wurde mir das Paket beim Einchecken an der Rezeption gleich übergeben und einmal am nächsten Morgen. Allerdings hatte ich den Hotels vorher immer Bescheid gesagt, die haben dann die dortigen Zollausgaben ausgelegt und mir mit auf die Rechnung geschrieben.

Woraus ich aber gelernt habe: Das geht in Neuseeland, Australien und Südafrika viel leichter als in Deutschland. Nicht der ganze Papierkram und Abholung auf dem Zollamt. Der Postbote kassiert’s bei der Zustellung vom Empfänger und fertig.

Ich hatte also, weil ich das vorher mit der Auktion bezahlen musste, mit der amerikanischen Methode gerechnet.

Vorhin kam das Paket.

Mit der Sache an sich alles in Ordnung, aber: Kein Beleg über Zoll oder Einfuhrumsatzsteuer.

Das heißt, ich habe die gezahlt, obwohl der Absender sie nicht gezahlt hat? Hat der die in die Tasche gesteckt?

Ich brauche entweder einen Beleg, mit dem ich mir das mit der Steuererklärung erstatten lassen kann, oder will das Geld zurück. Also bei eBay eine Erstattung beantragt, aber eBay macht daraus gleich eine Warenrückgabe. Nicht ganz einfach, eBay überhaupt zu erreichen, erst im Impressum findet man deren Hotline.

Die erste Dame, nur so mittelbrauchbares Deutsch, Problem erklärt. Das hatte sie noch nicht, da muss sie erst mal Rücksprache halten.

Es dauert.

Es dauert.

Es dauert.

Sie meldet sich wieder. Sie müsse mich mit jemandem verbinden.

Am Telefon ein Mann, Muttersprachler-Deutsch, vermutlich hier in Kleinmachnow.

Er will mir erklären, dass wegen Brexit alles aus England zu verzollen sei, und es da kein vorbei gäbe.

Ich erkläre ihm, dass ich das weiß und nachgelesen habe (hat damit zu tun, dass es keinen Brexit-Vertrag gab und die EU da gegenüber England irgendwie harte Flanke zeigen will), und auch nichts dagegen habe (weil ich es ja erstattet bekomme), wenn ich einen Beleg bekomme. Ich wolle entweder den Beleg oder das Geld zurück. Denn weder eBay noch dem Absender müsste ich Steuern und Zoll erstatten, den die nicht eingezahlt haben.

Er fragt, welche Steuernummer auf dem Versandaufkleber steht.

Das weiß ich nicht, denn über den Aufkleber der Royal Mail hat der deutsche Versender Hermes seinen Aufkleber einfach drübergepappt. Kann man nicht mehr lesen. Das sei aber blöd, sagt er. Ich stimme ihm zu.

Er müsse Rücksprache nehmen.

Es dauert.

Es dauert.

Es dauert.

Und weil es so lange dauert, schaffe ich es in der Zwischenzeit, den Hermes-Aufkleber so ganz langsam und vorsichtig abzupopeln, fast, nur fast ohne den Royal-Mail-Aufkleber darunter kaputt zu machen. Keine Steuernummer, kein Steuerbeleg, nichts.

Aber etwas anderes fällt mir auf.

Auf dem Originalaufkleber stand zwar mein Name, aber nicht meine Adresse. Stattdessen GSP in Staffordshire.

Und auf dem Hermes-Aufkleber dann plötzlich meine Adresse, aber ein anderer Absender.

Hä!?

Wie ich mich gerade so vor mich hin wundere, meldet er sich wieder. Er erwähnt ein „Global Shipping Program”.

Ja, äh, also das müssen man jetzt erst mal klären, die müssten da jetzt einen Beleg ausstellen, aber das könne schon 2 oder 3 Tage dauern. Die seien für Zoll und Steuern zuständig.

Ach. GSP = Global Shipping Program. Gehört eBay.

So langsam lässt sich die Reise des Päckchens rekonstruieren:

  1. Irgendwie kam der Verkäufer an einen Aufkleber der Royal Mail, auf dem steht „prepaid and printed from ebay”. Adressiert an Hadmut Danisch, GSP, Staffordshire.
  2. Von dort kommt das Paket dann per Sammelspedition irgendwie nach Deutschland. Deshalb steht auf dem Hermes-Aufkleber als Absender nicht der Verkäufer, sondern Pitney Bowes. Die wohl betreiben dieses GSP.
  3. Und in Deutschland übergeben die das dann an Hermes für die Lieferung nach Hause.

Jetzt bin ich mal gespannt, was ich da an Steuer- und Zollbeleg bekomme. Und vor allem: Von wem.

Denn eigentlich bräuchte ich ja einen Beleg des Zolls und nicht von einer britischen Firma, die nur behauptet, das irgendwie abgeführt zu haben, und ja, ich sei da wohl der erste, der fragt.

Und wenn ich das bekommen habe, würde es mich dann mal totaaal interessieren, ob der Zoll das auch so sieht, dass er das Geld bekommen hat.

Ob das dann überhaupt geprüft wird, oder ob da jeden Tag 20 Container rübergehen und die halt einfach irgendeinen Betrag xy einwerfen, von dem keiner prüft, ob er stimmt.

Leute, das wäre doch mal ein Projekt für eine Digitalisierung: Dass solche Sammellieferungen nicht mehr nach Gesamtgewicht, Wetter oder Außenfarbe verzollt werden, sondern ich direkt vom Zoll die digitale Bestätigung bekomme, ja, hier wurden gerade 20 Euro für Steuer und Zoll für die Sendung an Hadmut Danisch eingeworfen, haben wir bekommen.

Aber wo kämen wir hin, wenn die Steuern digitalisiert würden? Sowas wie Cum-Ex damit hätte verhindert werden können?