Ansichten eines Informatikers

Über das Morden mit Nowitschok

Hadmut
13.9.2020 2:16

Liebe Leser.

Ich werde gerade – gab es schon bei Klima und Corona – zugeschüttet mit Mails, die mir in unterschiedlich höflichen Tonarten und auf unterschiedlichem intellektuellem Niveau erklären, was für ein Idiot ich sei, auf die anti-russische Propaganda reinzufallen.

Ich hätte doch geschrieben, dass es logisch sei, so zu morden. Wie man nur auf so eine blöde Idee kommen kann.

Sorry, Leute, aber da muss ich Euch mal so im Ganzen widersprechen.

Ich bin jedenfalls nicht der Einzige, der die Methode mit Gift für logisch hielt. Der Mörder offenbar auch, wir sind mindestens zwei.

Auch das Argument, was mir einer in ziemlich ausfälligem Ton vor die Füße warf, dass es unmöglich Nowitschok gewesen sein könne, weil das doch so giftig und tödlich sei und nicht erst nach Stunden töte, halte ich nicht für überzeugend, denn immerhin haben sie es ja gefunden und Kampfstoffe werden selten pur appliziert, sondern immer mit irgendeinem Trägermaterial, die die Aufnahme steuert, beispielsweise verzögert. Zumal ja zwischen einer Berührung am Flughafen und der Wirkung keine Stunden gelegen haben müssen.

Ich meine aber etwas anderes. Nämlich dass meine Überlegungen, dass der Mörder wegkommen muss, bevor man merkt, dass ein Mord stattfand, ja nicht nur für Putin, sondern für alle auch gelten. Aus meinen Aussagen folgt nicht, dass Putin es war, sondern sie sagen, dass eben nicht folgt, dass Putin es nicht war, weil – auch – aus seiner Sicht ein Gewaltmord problematisch sein kann.

Mein Artikel von vorhin sagte überhaupt nicht, dass Putin es war.

Er sagte nur, dass die Giftmethode nicht gegen Putin spricht, ihn nicht ausschließt.

Trotzdem lesen eine ganze Reihe von Lesern daraus heraus, ich wäre überzeugt, dass Putin es war.

Weil sie offenbar so fest von einer Verschwörung, einer False-Flag-Attacke überzeugt sind, dass sie etwas herauslesen, was nicht drin steht.

Ich bin, nebenbei bemerkt, durchaus nicht überzeugt, dass Putin dahintersteckt, sondern halte es für am wahrscheinlichsten, dass da irgendwelche russischen Interessengruppen auf eigene Faust irgendwas treiben und Putin keineswegs die vermutete totale Kontrolle dort hat.

Wo ist die Logik?

Viele Leute fragen, wo die Logik aus Sicht Putins wäre.

Aber bisher hat niemand auch nur den geringsten Anhaltspunkt benannt, dass es irgendwer anderes war. Es ist bisher reines Wunschdenken. Niemand, schon gar nicht die, die mir Beschimpfungen schicken, hatte bisher auch nur einen greifbaren Anhaltspunkt oder irgendeine logische Darstellung beschrieben. Nur weil es für Putin nicht logisch sei, wären alle Alternativen von Logik befreit?

Man fragt „cui bono?”.

Das setzt aber geplantes Verhalten voraus, ein zufälliges Profitieren reicht nicht. Lotto wird ja auch nicht von dem veranstaltet, der dann den Sechser gewinnt.

Es heißt, man wollte Nordstream 2 verhindern. Und würde das auch schaffen.

Wie aber hätte der Plan aussehen sollen? Das Geschehen in diesem Flugzeug und bis zur Behandlung in Berlin enthält so viele Unvorhersehbarkeite und Unwägbarkeiten, dass es wohl kaum ein geplantes Vorgehen bezüglich Nordstream hätte sein können.

Was wäre gewesen, wenn das geringfügig anders gelaufen und der gestorben wäre? Wer glaubt, dass irgendwer dann Nowitschok gefunden hätte? Der überhaupt nach Berlin gekommen wäre? Totenschein, Herzanfall, Fertig?

Wer hätte das voraussehen und so planen können?

Vor allem: Ich sehe bisher keine Verbindung zwischen Nawalny und Nordstream. Die Verbindung entsteht erst durch die politische Reaktion in Berlin. Und dazu müsste man vorhergesehen haben und das können, wie der ganze Plot verläuft. Ich glaube aber nicht, dass das so vorhersehbar war.

Vor allem: Kein einziger von denen, die da jetzt rumblöken, hätte plausibel erklärt, wie jemand, der Nawalny vergiftet hat, damit hätte vorhersehen können, dass er

  • es überlebt,
  • nach Deutschland gebracht wird,
  • die Deutschen Nowitschok finden (von dem es hieß, dass es nach 2 Tagen nicht mehr nachweisbar ist)
  • die Deutschen dazu in der Lage sind (was geheim ist)
  • es zu dieser politischen Reaktion kommt.

Wo ist da die Logik?

Ich bitte daher, diese blödsinnigen Vorwurfs- und Beschimpfungsmails zu unterlassen.

Ich bin überhaupt nicht an irgendwelchen Phantasiestories interessiert.

Wer mir zu dem Thema schreiben will, muss dazu gefälligst

  • neue Sachverhalte,
  • irgendwelche greifbaren Anhaltspunkte
  • oder einen halbwegs plausiblen Plan

benennen können.

Aber mir vorzuwerfen, ich würde auf „anti-russische Propaganda” hereinfallen (welche denn überhaupt?), und dann selbst mit einer total substanzlosen Luftstory daherzukommen, die wirklich gar nichts enthält außer „cui bono!”, der verschwendet meine Denk- und Arbeitszeit.

Davon ganz abgesehen ist die Frage „cui bono?” ziemlich dämlich, eigentlich strunzedumm, solange man überhaupt gar nichts über Nawalny weiß. Woher wollt Ihr denn wissen, was der da alles getrieben hat und wer von seinem Tod profitieren könnte?

Ihr wisst doch gar nicht, welchen sonstigen Nutzen das für irgendwen dort haben könnt. Wer für „cui bono” alles in Frage kommt.

Hat Nawalny etwas mit Nordstream 2 zu tun? Wenn ja, was? Wenn nein, wie sollte dann die Kausalitätskette aussehen?

Wie kann man sich nur so in eine so wackelige Story als die einzig wahre verrennen?

Könnte ja sein, dass es so war, aber das wisst Ihr doch noch gar nicht, schon gar nicht mit der Gewissheit, alles andere auszuschließen.

Kann aber noch viel mehr sein, dass der Mord mit Nordstream 2 einfach gar nichts zu tun hat, und hier nur die Klima-Heinis wieder eine Show abziehen und die Gelegenheit nutzen.

Also bitte jetzt mit diesen völlig inhaltslosen Schwachsinnsmails aufhören.