Ansichten eines Informatikers

Leserwiderspruch

Hadmut
23.8.2020 15:41

Manchmal wundere ich mich.

Ich hatte neulich über den Lehrer in Ghana geschrieben, der seinen Schülern Textverarbeitung am Rechner per Tafelanschrieb beibringt. Und ihn dafür gelobt, weil sie es im Rahmen der Möglichkeiten dort wenigstens versuchen (und nicht wie unsere Knalltüten ständig nur jammern und ablehnen, weil’s nicht unterhaltsam und schön und leicht ist).

Ein Leser, dem das nicht in den Kram passt, dass ich diesen Lehrer dafür, oder überhaupt Afrikaner für irgendwas lobe, schreibt mir:

Einer Veröffentlichung des nachfolgenden Textes im Internet auch auszugsweise widerspreche ich hiermit.

https://www.danisch.de/blog/2020/08/19/features-of-a-word-processing-window/

[…]

Ich bin keine Behörde, bei der man Widerspruch einlegen kann, und meine Blogartikel sind keine Verwaltungsakte. Und der Leser ist von dem Text weder betroffen, noch hat er irgendwelche Urheber- oder andere Rechte, so dass er darüber bestimmten könnte, wo der Text veröffentlicht wird.

Und einfach nur anderer Meinung oder mit einer Meinung nicht einverstanden zu sein, verschafft einem auch kein Recht, einer Veröffentlichung zu widersprechen.

Man kann jemandem vielleicht inhaltlich widersprechen und sagen oder irgenwo schreiben „Da liegt der Danisch aber ganz falsch…”. Das kann man tun.

Aber man kann nicht bei mir Widerspruch einlegen, weil einem ein Text nicht in das Weltbild passt.

Erstaunlich, wie manche Leute drauf sind und wofür sie sich halten.

Und ja, ich war in Gegenden von Afrika, wo der Staat versucht, den Kindern Bildung zu verschaffen und ihnen den Schulunterricht kostenlos anbietet, und viele Eltern es sich nicht leisten können, das Kind zur Schule zu schicken, weil die einzigen Kosten, die sie hätten, sind, dass sie die Schuluniform selbst bezahlen müssen, sie aber die ca. 10 Euro nicht aufbringen können. Die haben nicht das Geld, um sich Rechner und Monitore zu kaufen. Es gibt da, selbst wenn man das Geld hätte, auch nicht einfach so Geschäfte, in die man gehen und Computer kaufen könnte.

Und nebenbei bemerkt: Die haben da auch keinen Strom. Das ist Afrika. In manchen Gegenden haben da manche Leute inzwischen kleine LED-Solar-Funzeln, damit sie abends in der Hütte überhaupt noch was sehen können. IKEA hatte ja vor Jahren hier mal so kleine Funzeln im Angebot, bei denen es hieß, dass man mit jedem Kauf eine zweite für Afrika finanziert. In Lesotho sagten sie, dass sie den Plan, das Land außerhalb der Hauptstadt zu elektrifizieren, aufgegeben haben, zu teuer, nicht durchführbar. Wird außerdem als Umweltproblem aufgefasst. Sie halten Solartechnik für die bessere, billigere und unkompliziertere Technik, weil sie da nicht meilenweite Kabel legen müssen. So eine Solarfunzel müsse da reichen. Die Lodge, auf der wir waren, hatte ihren Strom ausschließlich über Solarzellen erzeugt, aber nur die Rezeption hatte durchgehend Strom. Die Gastunterkünfte nur bis 21 oder 22 Uhr, danach war Taschenlampe oder Kerze angesagt.

Weil die meisten Armen-Hütten nicht mal Fenster haben, hat ja neulich jemand eine Spezialbeleuchtung erfunden: Loch ins Dach und eine der vielen leeren Plastikflaschen, gefüllt, mit Wasser, eingesetzt. Damit wenigstens tagsüber bei vollem Sonnenschein Licht in die Hütte kommt.

Ich finde das sehr erstaunlich, wenn Leute hier in unserer Luxuswüste mit „warum kauft der sich nicht einen billigen Computer..” daherkommen, meinen, alles besser zu wissen, und in Wirklichkeit von gar nichts eine Ahnung haben.

Schaut Euch mal die Fotos im Artikel an. Sieht man da irgendwo Steckdosen? Künstliches Licht? Man sieht sehr deutlich, dass die da mit Tageslicht auskommen müssen.

Beachtlich viele Leute haben keine Vorstellung davon, was Afrika ist, aber wollen der Veröffentlichung anderer Meinung „widersprechen”.