Ansichten eines Informatikers

97 Cent: Die dunkle Seite bei Nacht

Hadmut
19.7.2020 12:40

Wenn’s nicht mal For a Fistful of Dollars reicht.

Gestern war wieder mal so ein Abend, an dem ich ein paar Sachen am Rechner gemacht habe, dabei gerne so nebenbei den Fernseher laufen haben, damit es nicht ganz so still ist (ich hatte das mal erläutert), und es kam mal wieder nichts als Schrott und Kindergeburtstag im Fernsehen.

Auf Amazon Prime gab es bei den kostenlosen auch gerade nichts interessantes. Zwar viel, die Auswahl ist groß, aber der Hollywood-Massen-Mist ist auch so inflationär und immergleich, dass man da auch keine Lust mehr verspürt. Auch wenn es nichts kostet, ist mir da die Zeit dann sogar kostenlos zu schade, selbst wenn ich nicht mal hinsehe und das nur als Hintergrundberieselung nehme. Auch nur noch Krach-Bumm-Kreisch.

Da fiel mir ein Sonderangebot ins Auge. Eher Ramschangebot. Krieg der Sterne, der letzte Teil IX, Aufstieg Skywalkers. Leihweise (48 Stunden) für 97 Cent.

Gute Güte. Das ist ja schon Penny-Stock. Den Film hatte ich auch im Kino schon gesehen und negativ bewertet, aber eigentlich war ich ja mal, vor langer Zeit in einer weit entfernten Galaxie, Star-Wars-Fan. Also gut. 97 Cent kann man für einen Samstag Abend noch unproblematisch vergeuden. Zumal das dann den Vorteil hat, dass man auch mal die Pause-Taste drücken oder nochmal zurückspulen kann. Oder alles auch mal auf Englisch anhören kann.

*Seufz*

Wenn man das zum zweiten Mal sieht, aber nicht durch eine große Kinoleinwand und die große Soundanlage und den Kinosessel und den abgedunkelten Raum, sondern so nüchtern neben der Arbeit sieht und die Story schon kennt, wirkt der Film noch abgedroschener, zumal sich auf der politischen Bühne ja inzwischen was getan hat.

Irgendwie fällt es einem wieder, aber noch stärker auf, dass dieser ganze Film in seinem Drehbuch und in seiner Story völliger Mist ist. Unlogisch, unmotiviert, eigentlich eine 5-Minuten-Story. Rey und Kylo Ren wissen nicht so recht, ob sie sich mögen oder nicht. Dann ist der seit drei Episoden tote böse Palpatine plötzlich wieder da, stinkt und sieht hässlich aus, stellt sich außerdem als ihre Großvater heraus, also gehen sie gemeinsam hin, bringen ihn um, reiten zwischendurch mit Pferden auf der Außenhülle eines Raumschiffs herum, und Kylo Ren geht auch drauf, damit sie dann zum Abschluss alleine in den Doppelsonnenuntergang auf Tatooine schauen kann. Fertig.

Der Rest ist überflüssiges Füllmaterial, absurd in die Länge gezogen.

Wenn dann solche Schnapsideen kommen wie dass C3PO auf einem Dolch der Sith den Standort des gesuchten Planeten abliest, ihn aber nicht übersetzen kann, weil irgendwer ihm eine Softwaresperre eingebaut hat, die selbst R2D2 nicht entfernen kann, und sie deshalb extra irgendwohin durch den Weltfraum fliegen müssen, damit ein kleines Hutzelmännchen C3PO die Speicherriegel schrubbt, ist das absurd und nur dazu da, das alles in die Länge zu ziehen und wieder irgendeine überflüssige Figur humhampeln zu lassen, aber im Teaser eine C3PO-Einstellung zu haben.

Was aber am penetrantesten auffällt, ist, dass das ganze Ding von vorne bis hinten nur dazu da ist, um künstlich und ohne jeglichen Story-Zusammenhang jede Menge Frauen und Schwarze drin rumlaufen zu lassen. Auf der Seite der Guten natürlich. Bei den Bösen bleibt’s fast bei alten weißen Männern, aber irgendwo durfte zur Planetenvernichtung auch mal eine Frau finster „Feuer!” befehlen. Und Rey ist natürlich die ausdrücklich so bezeichnete stärkste Kriegerin, damit’s jeder kapiert. Und für die, die es immer noch nicht kapieren, wirft sie noch mit Bäumen um sich. Und versteht sich auf jegliche Art von Zauber, was ja auch passend ist, weil das Lichtschwert da längst die Rolle des Zauberstabs wie bei Harry Potter eingenommen hat. Palpatine ist ein Voldemort-Abklatsch, und sein Benehmen ist stellenweise ein Plagiat der Dementoren.

Wie schon früher gesagt: Optisch, was Regie, Kameraführung, Tricks angeht, ist das Ding schon gut, allerdings befremdlich, wenn im Abspann die Liste der Computerkünstler so lang ist wie die sämtlicher anderer Mitwirkender zusammen.

97 Cent ist gerade so angemessen.

Was ich daran und an dem anderen aufgetürmten Hollywood-Mist nicht verstehe: Warum gibt es die überhaupt noch?

Noch nie hatte man so gute Chancen, Hollywood abzuhängen.

Die Drehbücher sind schon lange fast immer der letzte Mist, nur noch Krach-Bumm-Einheitsscheiße für dummes Publikum. Dann die schreckliche political correctness. Jetzt noch der Druck, weiße Männer aus allem, sogar aus den Handwerkerjobs, die man nicht mal im Film sieht, zu drängen, und alles mit Frauen und Schwarzen zu besetzten. Bloß kein falsches Wort sagen, nur nicht gegen irgendwelche politischen Regeln verstoßen. Zudem haben sich die Zuschauer an dem pompösen Gedonner auch satt gesehen.

Der ganze Youtube-Boom zeigt doch, dass die Leute auch Inhalte annehmen oder bevorzugen, die jetzt von der Film- und Kameratechnik nicht so aufgebrezelt sind. Noch nie hatten Low- und Zero-Budget-Filme so gute Chancen wie heute. Und brauchen nicht mal Kinos. Warum ist das nicht deren Gelegenheit, die Chance der Chancen, Hollywood einfach abzusägen?

Kommt aber nichts.

Deutschland? Alles so auf Till-Schweiger- und Rosemunde-Pilcher-Niveau angekommen, auch in political correctness abgesoffen, die Filmbranche schaut hier auch nur noch auf Frauenquoten. Die letzten guten Filme kamen von Otto und Bully Herbig, und das sagt schon sehr viel, wenn die besten Filme inzwischen uralt sind und aus dem Klamauk-Bereich kommen. Ansonsten kommt nur noch Dünnschiss, der gerade noch so auf der Berlinale läuft. Wenn ich das richtig verstanden habe, kommt man als Film auf die Berlinale, indem man den Film auf einer Webseite hochlädt, Geld einwirft und dann den political-correctness-Anforderungen einer Jury genügt.

Frankreich? Oh, die haben lange Zeit ganz tolle Filme gemacht. Richtig gute, gut erzählte Filme mit Witz und Story. So zwischen 1960 und 2000. Jede Menge französischer Filme wurden in den USA per Remake abgekupfert. Die Amerikaner synchronisieren nicht, die drehen neu. Mit amerikanischen Schauspielern. Inzwischen kommt aus Frankreich auch nichts mehr.

Italien? Italo-Western, Bud Spencer und Terence Hill. Auch nix mehr.

Bollywood? Ja, die waren mal groß. Viel hört man auch nicht mehr.

Japan und China? Die haben lange Zeit auch viele interessante Filme gemacht. Alles irgendwie ganz anders, gerne auch mit Kämpfern, die auf Schwertklingen tanzen, an der Zimmerdecke entlanglaufen, durch die Luft fliegen, aber warum nicht. Da waren viele Klassiker und Kultfilme dabei, unterhaltsam allemal.

Afrika? Da fällt mir nicht viel ein. Die Götter müssen verrückt sein, genial. Aber ansonsten fällt mir gerade nicht viel ein.

Australien und Neuseeland? Geheimtipps. Da gibt und gab es richtig gute Filme (Herr der Ringe als bekannteste), darunter sehr viele Filme, die hier nicht so oder kaum bekannt, aber richtig gut sind. Die haben auch viel mit der Vergangenheit der Länder zu tun, kommen hier deshalb nicht so an. Aber die können das richtig gut. Im Moment haben sie aber gerade andere Probleme.

Geht mir nicht in den Kopf. Die Amerikaner haben gerade einen intellektuellen, künstlerischen, kulturellen Tiefpunkt erreicht. Führend sind sie eigentlich nur noch in der Filmtechnik, auf die das Publikum aber nicht mehr so großen Wert legt. Disney ist so produktiv wie eine Dose Sprühsahne aus dem Supermarkt. Die Woke- und Cancel-Kultur vernichtet dort gerade alles. Einfach alles.

Nahezu alles, was ich als Klassiker, als richtig gute Filme gesammelt habe, ist älter als 10, meistens 20 Jahre. Vieles älter als 30. Es kommt fast nur noch Mist.

Und es ist keiner da, der in die Bresche springt und die Rolle als führende Filmnation übernimmt.

Europa? Totalausfall.