Ansichten eines Informatikers

Corona-Pleite ganzer Länder?

Hadmut
26.3.2020 19:43

Schade eigentlich.

Eigentlich hatte ich für dieses Jahr Reisepläne. Ich wollte so gegen Herbst/Jahresende entweder nochmal nach Australien, mal gucken, wie es da nach den Waldbränden so aussieht Oder mal nach Tokyo, ich war noch nie in Japan. Ich habe aber gute Erfahrungen damit gemacht, dahin zu reisen, wo gerade olympische Spiele waren, da ist dann nämlich alles schön renoviert und frisch gebaut und sauber und durch Überkapazitäten alles billiger, wenn der Olympia-Rummel wieder abgereist ist.

Und auf dem Hin- und Rückweg in Dubai auf die World Expo.

Weil ich ohnehin mit hoher Wahrscheinlichkeit über Dubai geflogen wäre, ich schon ein paarmal in Dubai war und mich da etwas auskenne, und ich auch noch nie auf einer World Expo war, der Gigantismus und das Protztum von Dubai aber für sowas geradezu perfekt wären. Dubai ist so eine komische perverse Mischung aus obszönem Reichtum. (Ich habe mal dort vor der Uni eine Studentin rumstehen sehen, die gerade aus der Uni gekommen war. Kurz drauf kam der Chauffeur im schwarzen Rolls-Royce, um sie abzuholen. Stellt Euch mal vor, jemand würde das an einer deutschen Uni wie Berlin, Hamburg, Dresden oder sowas machen.)

Andererseits aber kann man in Dubai auch ganz ordentliche „normale” Hotels zu sehr passablen Preisen finden. Länger als ein paar wenige Tage will man sich da aber auch nicht aufhalten, es ist zwar sehenswert, aber doch eher monoton. Wenn man’s mal gesehen hat, kennt man’s dann auch. Aber, auch wegen des riesigen Flughafens, ein prima Ort für eine Zwischenstation bei Langstreckenflügen und als Zeitzonenschleuse. Die Einkaufszentren sind Perversitäten von eigener Sehenswürdigkeitskategorie.

Nun hatte ich von früheren Reisen ja schon berichtet, dass das mit den Finanzen dort nicht immer so ganz hinhaut, wie die sich das vorstellten. Damals beim Burj Khalifa, der eigentlich Burj Dubai (Turm von Dubai) heißen sollte, hatten sie sich verrechnet und brauchten – Demütigung und Gesichtsverlust – Finanzhilfe vom reicheren Nachbarn Abu Dhabi, die da alles etwas konservativer, zwar weniger spritzig, aber einfach etwas robuster angehen. Deshalb mussten sie das Ding zur Einweihung in Burj Khalifa umbenennen, nämlich nach dem Präsidenten von Abu Dhabi, Chalifa bin Zayid Al Nahyan. Eine tiefe Demütigung, und man erklärte mir mal unter der Hand, dass das unter arabischen Gesichtspunkten eine ziemliche Strafe und peinliche Züchtigung als Quittung für Misswirtschaft und Gigantomanie war. Denn so richtig eine Wahl hatte man Abu Dhabi da auch nicht gelassen, die können sich das auch nicht leisten, den Nachbarstaat pleite gehen zu lassen. Damals so um die Zeit wurde verkündet, der Scheich von Dhubai halte gerade seine Phase der Melancholie ab, als hätte er gerade einen anderen Stil, Gedichte zu schreiben, aber aus anderen Quellen hieß es, der sei einfach depressiv, weil der Laden nicht mehr lief.

Nun hatte man den Eindruck, das läge einige Zeit zurück, man habe sich wieder etwas erholt.

Der Eindruck täuschte allerdings etwas. Die Emirate waren noch vor kaum mehr als 50 Jahren (und das zeigen sie auch in Museen) im wesentlichen eine Beduinensiedlung, in der man etwas mit Gold handelte und von der reisetechnisch günstig gelegenen Position profitierte. Schaut man von der Besucherplattform des Burj Khalifa runter, kann man dort digitale Fernrohre verwenden, die man umschalten kann, und die dann Archivbilder davon zeigen, wo man gerade hinschaut, wo man sehen kann, dass da noch vor Jahren (weiß nicht mehr, ich glaube, die Bilder waren aus den fünfziger und siebziger Jahren) außer den Hauptstraßen noch gar nichts außer Sand war.

Und dieser rasante Aufstieg funktioniert nicht mehr (so). Ich hatte das ja schon auf dem Hin- und Rückweg nach und von Neuseeland 2018 beschrieben, dass in Dubai die Grundstückspreise auf die Hälfte gefallen sind, während sie anderswo explodieren, und man mir dort in Einkaufszentren schon versuchte, Apartements und Hausboote anzudrehen. Sie kriegen dort einige ihrer vielen Häuser und Wohnungen, die sie gebaut haben, nicht los. Und es hieß auch mal, dass im Burj Khalifa die Mieter auch nicht gerade so zahlsam wären. Man hatte da irgendwann mal gedroht, die Fahrstühle abzuschalten – was im 120. Stockwerk eine wirksame Drohung ist.

Alles schon mal hier im Blog beschrieben.

Jetzt ist Dubai aber von der Welt abgeschnitten. Die Fluglinie Emirates hat den Passagierflugverkehr eingestellt, der Flughafen ist auch fast dicht, und anders kommt man eigentlich nicht in die Emirate.

Die haben da jetzt ein richtiges Problem. Melancholie und ein verärgerter Nachbar werden da nicht mehr reichen.

Man hört zwar noch nichts zu World Expo und Corona, aber das wird nicht anders laufen als bei den Olympischen Spielen, nämlich in diesem Jahr gar nicht. Selbst wenn die Corona-Krise bis zur geplanten Eröffnung im Oktober beendet wäre,hinkt ja der ganze Zeitplan hinterher. Und es wird ja auch nicht so sein, dass die Leute ab Oktober wieder alle in Urlaub stürzen, als wäre nichts passiert.

Das Handelsblatt hat nun einen Artikel darüber, dass Dubai gerade richtig Probleme hat. Die Kombination aus Wirtschaftsflaute, Immobilienkrise, Corona, Tourismusstop, Reiseeinbruch, und Kosten für die World Expo könnte sich als finanziell tödlich erweisen.

Insgesamt hatte Dubai ohnehin mit 20 Millionen Reisenden ins Emirat 2020 gerechnet. Auch Dubais weit über das Emirat dominierende Immobilien- und Developmentkonzerne geraten in eine tiefe Krise. Die Immobilienpreise fallen seit Monaten.

20 Millionen Reisende hätte dort Umsatz in zig Milliarden-Höhe bedeutet. Viele Leute geben in Dubai richtig viel Geld für Hotelzimmer aus, da kann man für eine Nacht so viel zahlen wie mancherorts für eine Eigentumswohnung. Und wenn man wie ich reist, also gute, aber „normale” Hotels nimmt, zahlt man so ab 50 Euro pro Nacht, während der World Expo natürlich (erwartet) mehr, plus die ganzen Eintritte, Essen, was Einkaufen gehen und so, also kann man da auch mal mindestens 500 Euro pro Besucher ansetzen. Also nicht übertrieben zu sagen, dass denen gerade mindestens 50 Milliarden durch die Lappen gegangen sind, vermutlich weitaus mehr.

Dazu der Absturz des Ölpreises.

Wir müssen mal davon ausgehen, dass am Corona-Virus nicht nur Privatpersonen, Freiberufler, Firmen pleite gehen. Wir müssen auch damit rechnen, dass ganze Staaten pleite gehen.

Ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, dass Dubai zu einer Ruinenstadt werden kann, wenn all die monströsen Hochhäuser und Einkaufszentren irgendwann plötzlich leerstehen und nicht mehr genutzt und gepflegt werden. Wenn die sich sich selbst nicht mehr leisten können.

Eine interessante Frage, wie lange eigentlich solche Extrem-Hochhäuser stehen bleiben, wenn sie nicht mehr repariert und gepflegt werden. Ob die irgendwann einstürzen, herabbröckeln oder einfach einknicken und umkippen.

Kennt Ihr den Film Planet der Affen? In dem der Held am Ende Teile der umgekippten Freiheitsstatue findet und merkt, dass er auf der Erde ist?

Ob dann irgendwann mal die Hochhausspitzen so aus dem Sand gucken?