Ansichten eines Informatikers

Das Schweigen der Philosophen

Hadmut
9.3.2020 20:50

Die haben auch nur dann eine große Klappe, wenn es irrelevant ist.

Wie oft, wie endlos und unzählige Male oft hat sich die Geisteswissenschaftlerfront in der Frage gesuhlt, ob ein vom Computer gesteuertes Auto, das außer Kontrolle gerät, lieber die alte Frau oder den Kinderwagen mit Baby überfahren soll. Wie oft wurde das von Möchte-gern-Wichtigen in Talkshows und Zeitungsartikeln als Drama heraufbeschworen.

Dabei ist die Frage völlig dusselig.

Wenn das Auto außer Kontrolle ist, wie soll der Rechner dann noch steuern können, wen er überfährt? Der Rechner würde eine Vollbremsung machen, wenn er noch was steuern kann. Aber wenn er es nicht mehr steuern kann…

Auch die Vorstellung ist dusselig, dass der Rechner da beim Überschlag noch schnell die Umgebung scannt, alle Betroffenen untersucht und sich dann überlegt, wer am wenigsten wert ist. Das hat sich ja dann noch reingesteigert in solche Fragen, ob man eine Frau töten und den Mann leben lassen kann, wie nach Hautfarben und Herkunft auszuwählen ist, oder wie man verhindert, dass der weiße Kinderschänder zu den Überlebenden gehören könnte, weil man sich dann die Gelegenheit, den Unfall noch zur politisch korrekten Gelegenheitshinrichtung zu nutzen, dann auch nicht entgehen lassen wollte. Als ob der Bordrechner in dem Fall, in dem das Auto außer Kontrolle gerät, noch schnell alle Personen im Umkreis befindlichen Personen lokalisieren, identifizieren und deren Vorstrafenregister abfragen könnte, um dann auszuwählen, welche Person er im unkontrollierten Zustand gezielt und messerscharf noch erledigt.

Man sollte Philosophen schlicht verbieten, Filme wie Terminator II, Robocop und sowas zu gucken. Die können das nicht von Realität unterscheiden.

Mal von der Absurdität der Vorstellung abgesehen: Warum eigentlich sollte das nur beim Computer ein Problem sein? Warum lernen wir nicht in der Fahrschule, wen wir zu opfern hätten, falls wir uns mit dem Auto überschlagen?

Ich persönlich fahre seit 35 Jahren Auto, und kann mich nicht erinnern, auch nur entfernt oder andeutungsweise in so einer Situation gewesen zu sein, dass mir das Auto außer Kontrolle gerät und ich dann überlege, wen ich umlege. Eigentlich ist mir das Auto noch nie wesentlich außer Kontrolle geraten. Aquaplaning, Glatteis und Abrutschen im Sand schon erlebt, aber nie so, dass ich das Auto dabei richtig aus der Kontrolle verloren hätte, der Aktionsradius wird nur etwas größer. Wenn man Schaltwagen ohne Servolenkung fährt, fühlt sich das nämlich alles viel direkter an. Mir sind schon ein paarmal Leute direkt vor das Auto gelaufen, auch Kinder. Ich habe das jedesmal dadurch noch rechtzeitig gerettet, dass ich mit allem gebremst habe, was die Körpermuskulatur hergibt, und das Lenkrad nicht mehr zum Lenken, sondern zum Festhalten genutzt habe, um maximale Kraft auf die Bremse auszuüben. Ich habe das Auto nicht auf den Geringstwertigen gelenkt, ich habe das Auto zum Stehen gebracht. Die Technik, per ABS (oder früher der selbstgemachten Stotterbremse) herumzulenken, ist auch nicht schlecht, aber eher dann etwas, wenn man keine Bodenhaftung hat und so stark gar nicht bremsen kann.

Ich frage mich manchmal, ob Philosophen und ähnliche Leute überhaupt einen Führerschein haben und schon mal Auto gefahren sind, so absurd ist deren Vorstellung von einem fahrenden Auto.

So absurd die Fragestellung, so gern wird das Thema genommen, um sich wichtig zu machen und so zu tun, als wären Philosophen wichtig, um eine weltbewegende Frage zu erörtern, die die Techniker übersehen hätten. Schon das entsetzlich naiv.

Nun haben wir aber genau eine solche Fragestellung. Corona-Virus. Der Chef-Virologe der Charité, Drosten, in der BZ zur Knappheit der Intensivbetten:

„Wen wollen wir dann retten, einen schwer kranken 80-Jährigen oder einen 35-Jährigen mit einer rasenden Viruspneumonie, der binnen Stunden sterben würde und bei künstlicher Beatmung binnen vier Tagen über den Berg wäre?“, fragte Drosten. „Vieles spricht dafür, dass es solche Fälle geben wird, in denen auch in Hubschrauberreichweite kein Gerät bereit wäre“, erklärte der Experte und betonte: „Das ist kein Alarmismus, der mir manchmal vorgeworfen wird. Das sind keine Horrorszenarien, sondern wird Realität werden, wenn es zu einer schnellen Ausbreitung kommt.“

Schweigen im Walde. Sobald es konkret wird und die Gefahr besteht, dass es zu der Situation tatsächlich kommen könnte, hört man von den Windbeuteln und risikolos-Schwätzern nichts mehr.

Denn von der Gefahr einer Corona-Virus-Erkrankung will man nicht reden. Das ist dann Panikmache, Hysterie. Da redet man lieber von computergesteuerten Autos, die tagein tagaus fälschlich Mütter mit Kinderwagen statt alter Männer plattfahren. Weil man da billig und risikolos auf wichtig schwätzen kann.

Übrigens hätte man sich das mitnotieren sollen, wer alles sagt, das mit dem Virus sei harmlos, wie ein Schnupfen höchstens.

Mit Blick auf Aussagen, Deutschland sei bestens ausgerüstet, sagte der Charité-Virologe: „Es ist nicht mehr angebracht, die Lage zu verharmlosen. Wir stehen vor einer bislang nicht gekannten Bedrohungslage und können nicht absehen, was das bedeutet. Wir haben jetzt noch etwas Zeit für Planungen und Investitionen, die wir nicht vertrödeln dürfen. Wir müssen verdammt aufpassen.“

Immer wenn’s konkret wird, negiert man das, will man das nicht sehen. Die große Klappe hat man nur im Fiktiven. Etwas zu verharmlosen und zum Schnupfen herunterzuspielen ist auch nichts anderes, als sich vor Realität und Entscheidung zu drücken.

Poststrukturalismus: Die Probleme, die es nicht gibt, aber die man erörtern will, schwätzt man herbei. Und reale Probleme, mit denen man sich nicht befassen will oder kann, die schweigt man weg.

Man sollte sie Virus-Leugner nennen und dazu aufrufen, der Wissenschat zu folgen. Denn das war doch neulich noch der letzte Schrei.

Aber während man einerseits den Klimaweltuntergang heraufbeschwor, will man jetzt die, die vor dem Virus warnen, als Panikmacher in die Ecke stellen. Eben hat man noch Greta und Luisa und die Fridays in den Olymp gelobt, obwohl da wenig greifbares ist, und nun hat man eine reale Katastrophe, und plötzlich ist wieder alles ganz anders.

Mir gehen diese Leute, die immer dann ein großes Maul haben, wenn keine Gefahr besteht, dass man ihre Aussagen durch konkrete Realität auf Richtigkeit prüfen könnte, so auf den Wecker.